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Commissaire-Llob 1 - Morituri

Commissaire-Llob 1 - Morituri

Titel: Commissaire-Llob 1 - Morituri Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yasmina Khadra
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Hügellandschaft einer Mülldeponie.
    Mourad Atti liegt mitten in einem Abfallhaufen.
    Flach auf dem Bauch. Den Hinterkopf von einem
    großkalibrigen Geschoß weggepustet. Um sein
    Hirn schwirrt eine Wolke von Fleischfliegen.
    „Ein Stadtstreicher hat ihn gemeldet“, fügt der
    Gendarm hinzu und preßt sich ein Taschentuch
    vors Gesicht.
    Ich beuge mich über den Kadaver. Er hat Hand-
    schellen an den Gelenken, die Füße sind mit Ei-
    sendraht gefesselt. Seine großen Augen, in denen
    sich noch die Qualen der Folter spiegeln, scheinen
    mich verstohlen zu mustern.
    Der Gendarm warnt mich: „Fassen Sie ihn nicht
    an. Er ist vermint.“

    * * *

    Zwei Tage später, als ich gerade versuche heraus-
    zufinden, was die Bucht von Algier so mürrisch
    aussehen läßt, und mir die Nase am Fenster meines
    Büros plattdrücke, bekomme ich einen Anruf von
    Anissa, der Gummipuppe vom Cinq Étoiles.
    „Ich habe gehört, daß Sie bei Madame Fa Lanka-
    bout eingeladen sind, Kommissar.“
    „Richtig. Aber ich denke, daß ich wegen meines
    Magengeschwürs nicht hingehen werde. Wenn du
    keinen Begleiter hast, kann ich das arrangieren. Ich
    habe einen Leutnant, der gerne aufsteigen würde.“
    Der Atem der Kleinen beschleunigt sich. „Ich
    muß auflegen“, japst sie mit sich überschlagender
    Stimme. „Wir treffen uns bei Madame Lankabout,
    Kommissar. Ich habe Ihnen etwas mitzuteilen.“
    „Kannst du mir nicht den Weg ersparen und es
    mir jetzt schon sagen?“
    „Kann ich nicht. Bis heute abend.“
    Sie legt auf.
    Lino macht eine fragende Handbewegung.
    „Eine Dame gibt einen Empfang.“
    „Wann?“
    „Heute abend.“
    „Hast du ein Schwein, Kommy!“
    „Wenn du willst, nehme ich dich mit.“
    Der Bleistift, an dem er gerade kaut, entgleitet
    ihm. „Du brauchst mich nicht zum Narren halten.
    Das ist nicht nett.“
    „Mein Wort gilt.“
    „Wirklich, ganz im Ernst? Du lädst mich zu ei-
    nem Empfang ein, mit Mädels und allem Drum
    und Dran?“
    „An deiner Stelle würde ich gleich loslaufen und
    mir ein Päckchen Kondome besorgen.“
    Mein Leutnant kann es gar nicht glauben. Er ist
    so zufrieden, daß er fast an die Decke springt.

    10

    Wenn es um ein Rendezvous geht, zögert Lino
    nicht, sein Sparschwein zu schlachten. Dieses Mal
    bin ich sicher, daß er auch an die Ersparnisse seiner
    alten Dame gegangen ist. Er ist aufgeputzt wie ein
    Pfau: kirschfarbenes Jackett, italienische Schuhe,
    britische Krawatte, Pomade. Eine Revolution. Mit
    äußerster Sorgfalt säubert er den Sitz, bevor er in
    meine alte Karre steigt.
    „Womit hast du dich denn eingeräuchert?“ frage
    ich, als ich starte.
    „Oha, du hast etwas gegen deinen Schnupfen ge-
    tan, Chef! Das ist ein Parfüm aus Paris.“
    „Aus dem Versuchslabor?“
    „Von wegen!“ entrüstet er sich. „Mit Markenzei-
    chen und allem, was dazugehört.“
    Ich überhole einen Lastwagen und stelle fest:
    „Du hast dich in der Flasche geirrt, mein Lieber.
    Nach der Fliege zu schließen, die dort auf dem
    Armaturenbrett im Koma liegt, bist du sicher an
    ein Insektizid geraten.“
    Lino kichert mit Blick auf meinen Anzug, dem
    man die Unbestechlichkeit seines Trägers aus wei-
    ter Ferne ansieht: „Gib zu, daß du auf mein Outfit
    eifersüchtig bist, Chef!“
    Wir treffen kurz nach Einbruch der Dämmerung
    bei Madame Fa Lankabout ein. Lino kann es nicht
    fassen, daß in einem Land, in dem Krieg herrscht,
    ein solcher Prunk existiert. Offen gestanden habe
    ich ihn ja auch mitgenommen, um ihn wachzurüt-
    teln. Viel zu lange schon bekommt er den Schädel
    mit Schlagworten und dummen Sprüchen über
    Rechtschaffenheit und Transparenz vollgestopft.
    Madame Fa ist phänomenal. Ihre Maskenbildner
    haben sich selbst übertroffen. Eingehüllt in ein
    schmuckdurchwobenes Kleid, sieht sie aus wie
    Fleischwurst in Zellophan. Sie wird dermaßen
    umworben, daß sie für mich nur ein flüchtiges Lä-
    cheln übrig hat.
    Von den läufigen Weibchen in Bann geschlagen,
    benimmt Lino sich wie ein Schoßhündchen: er
    wedelt enthusiastisch mit dem Schwanz. Er wirft
    einen Blick auf das Dekolleté der einen und die
    Hüften der anderen und schluckt dabei, bis ihm fast
    der Adamsapfel steckenbleibt.
    „Was für ein Gestüt! Was meinst du, habe ich ei-
    ne Chance, eines von diesen Pferdchen zu satteln,
    Kommy? Ich kneife mir meinen Schniedel schon
    so lange zusammen, daß ich statt seiner bald eine
    verschrumpelte Essiggurke haben werde.“
    „Du mußt dich nur bedienen. Aber hüte dich

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