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Commissaire-Llob 1 - Morituri

Commissaire-Llob 1 - Morituri

Titel: Commissaire-Llob 1 - Morituri Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yasmina Khadra
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vor
    den schweren Höschen.“
    „Vor was?“
    „Vor den Transvestiten, Idiot.“
    Er zwinkert und gibt ungeniert zu:
    „Ach weißt du, ich bin nicht so anspruchsvoll.“
    Ich versuche, Anissas niedliche Larve in diesem
    Puzzle der Reize zu sichten. Sie ist unauffindbar.
    Ein sanfter Zusammenstoß bringt uns mit zwei
    wunderbaren Kreaturen in Kontakt, die gerade so-
    viel auf dem Körper tragen, um nicht die Sittenpo-
    lizei auf den Plan zu rufen. Die Rothaarige windet
    sich wie eine Made und wirft uns feurige Blicke
    zu. Die andere ist brünett und schlank und zeigt
    ganz offen, wonach ihr die Sinne stehen.
    Zu seiner eigenen Überraschung beginnt Lino auf
    zwei Ebenen zu sabbern.
    „Sie sind sicher vom Film?“ maunzt die Brünette
    ihm ins Grübchen neben seiner Schulter.
    „Schon möglich“, lügt der Leutnant.
    „Sie sehen nämlich Woody Allen ähnlich!“
    gluckst die Rothaarige.
    „Ich finde, er ähnelt eher Idir*“, sage ich. [* Künst-lername; einer der bekanntesten zeitgenössischen Berbersänger]
    „Warum?“
    „Na, ist doch klar, der ist auch beschnitten.“
    Die zwei Häschen sind schockiert. Sie nehmen
    die Brillenschlange in ihre Mitte und drängen ihn
    in Richtung Buffet.
    „Wer ist denn diese Mumie? Ist er mit dir da?“
    „Sonst noch was?“ wehrt Lino ab, dieser Verrä-
    ter. „Das ist sicher irgendso ein Hungerleider, den
    Madame Fa eingeladen hat, um das Mitleid der
    anderen Gäste zu wecken und so die Kasse ihres
    Wohltätigkeitsvereins wieder aufzufüllen.“
    Jetzt, wo ich allein bin, kann ich mich ungestört
    dem Studium der mich umgebenden Fauna wid-
    men. Das Anwesen der Lankabouts ist ein echter
    Olymp, auf dem sich neureiche Götter und Huris**
    tummeln. [** Huri = Jungfrau, die nach islamischem Glauben im Paradies dem Gläubigen zur Frau gegeben wird.]
    Die Frau des Hauses hat ein ganzes Regiment von
    Dienern aufgeboten, um ihre Gäste zu verwöhnen.
    Mit einem Glas Orangensaft in der Hand mache
    ich mich daran, die Leute aus der Nähe zu betrach-
    ten. Es ist im Prinzip der gleiche Haufen wie beim
    Schwiegersohn von Ghoul Malek, eine Auswahl
    arrivierter Snobs, bei deren Anblick man sich an
    seinen Pantoffeln verschluckt … He! Entspann
    dich, Llob, nimm ein Zäpfchen, das bringt dich
    wieder in Form! Ich erkenne Rachid Lagoune, den
    Präsidenten von SOS-Ostrazismus, einer Volksbewegung gegen die Ausgrenzung im allgemeinen
    und die Diskriminierung der Elite im besonderen.
    Früher war er ein zäher Outsider. Hat keine Ver-
    sammlung ausgelassen, um die Schergen des Re-
    gimes, das Mikro zwischen den Zähnen, mit Hohn
    zu überschütten. Kannte sämtliche Staatsgefäng-
    nisse in- und auswendig und war auf dem besten
    Weg, ein Mythos zu werden.
    Ich bin überrascht, ihn hier anzutreffen. Er hat zu
    tief ins Glas geschaut und scheint sich königlich zu
    amüsieren. Er hat sich einen Ring ans Ohr gesteckt
    und einen Pferdeschwanz wachsen lassen, eine
    Fliege drückt ihm sein Kinn in die Höhe, ihm, dem
    Verteidiger der gebeugten Nacken.
    „Wie ich sehe, hast du dein Mäntelchen in eine
    andere Windrichtung gehängt“, flüstere ich ihm zu.
    „Besser noch“, erwidert er, „ich habe mir ein
    neues geleistet.“
    Durch meine Taktlosigkeit aus dem Takt ge-
    bracht, sinnt er nach, in welchem Hundezwinger
    ihm ein Floh wie ich über den Weg gelaufen sein
    kann.
    „Kämpfst du nicht mehr für die gute Sache?“
    „Jede Sache ist gut, vorausgesetzt, es gibt einen
    ordentlichen Rausch dabei … Kennen wir uns?“
    „Ich denke nicht. Ich kannte einmal einen Rachid
    Lagoune. Das war aber eine Schwuchtel!“
    Er mustert mich von oben bis unten und spuckt
    aus.
    „Guten Abend, mein Herr! Hoffentlich auf Nim-
    merwiedersehen!“
    Ein Stückchen weiter fängt Sid Lankabout mich
    ab, der Schreiberling des alten Regimes. Mein
    Gott, wie ich den hasse. Er hat so wenig Talent wie
    der Pantoffel einen Absatz. Doch zum Ausgleich
    dafür einen grenzenlosen Opportunismus. Am An-
    fang, als es Pflicht jedes Marxisten war, wie ein
    Besessener zu lesen, war er Kommunist, später, als
    jeder Trottel für kybernetische Literatur schwärm-
    te, Surrealist. Vor allem hat er sich zu allen Zeiten
    in der Sprache der Apparatschiks geübt und über
    die besten Kontakte zu den Dinosauriern des alge-
    rischen Sozialismus verfügt. Sogar am Gymnasium
    hat er einmal unterrichtet, um der Jugend das Le-
    sen zu verleiden. Die Frankophonenhetze und die
    meisten Studentenunruhen gehen auf das Konto
    seiner

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