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Commissaire-Llob 1 - Morituri

Commissaire-Llob 1 - Morituri

Titel: Commissaire-Llob 1 - Morituri
Autoren: Yasmina Khadra
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dann zu Da Achour hinausgefahren, um
    Merguez zu grillen. Lino hat sich abgesondert. Von
    frühmorgens bis zum Einfall der Nacht ist er am
    Strand geblieben und hat Kieselsteine in die Wel-
    len geschleudert.
    Danach ging es besser. Das Meer hat ihn ein we-
    nig beruhigt.

    * * *

    Slimane Abbou hat wieder etwas Farbe im Gesicht.
    Sein Brustkorb ist bandagiert, seine Hand hängt an
    einer Art Wasserspülung, und er schneidet eine
    Grimasse nach der anderen, während er sich gegen
    sein Kissen lehnt.
    Der Arzt hat uns geraten, nicht zu übertreiben,
    um keine Verschlimmerung seines Zustands zu
    riskieren. Ich schwöre ihm, die Nerven zu bewah-
    ren, und warte, bis er aus dem Zimmer ist, um ei-
    nen Stuhl an das wacklige Bett zu rücken, auf dem
    unser Dealer seiner Genesung harrt.
    „Nun, was macht die Lunge?“
    „Sie haben sie zurechtgeflickt, aber manchmal
    werde ich noch künstlich beatmet.“
    Lino interessiert sich mehr für die Weißkittel im
    Hof. Er brummelt, ohne sich umzusehen: „Du hät-
    test ihm was zum Naschen mitbringen sollen,
    Kommy.“
    Slimane fährt auf. „Hat er was gegen mich, dein
    Wachtmeister?“
    „Kümmere dich nicht um den. Erzähl uns lieber
    deine Geschichte von Anfang an.“
    „Dafür reicht meine Spucke nicht aus. Und au-
    ßerdem, mit meinen Beatmungsschläuchen …“
    „Wir haben uns kurz in deiner Behausung umge-
    sehen.“
    „He, langsam! Das war nicht meine Hütte, das
    war die von Moh Lakja.“
    „Das Hinkebein, das du umgepustet hast?“
    „Das war ein Unfall. Ich wollte ihm aufhelfen, da
    hat sich der Schuß gelöst.“
    „Hast recht. War ein Unfall. Wir waren ja dabei,
    du kannst auf unsere Aussage zählen.“
    Er kichert. So zynisch, daß es einem das Zahn-
    fleisch aufreißt.
    „Ich wußte ja, daß du ein prima Typ bist. Sonst
    hätte ich dich nicht verfehlt.“
    „Was hattest du bei Moh Lakja zu suchen?“
    „Ich habe ihm seine Ration gebracht.“
    „Der ist so sauber wie sein Schnee“, meint Lino
    ironisch, die Nase noch immer an die Scheibe
    gepreßt.
    Slimane wird wütend. Er stützt sich mit dem El-
    lenbogen ab und jault: „Jawohl! Ich bin sauber,
    und du kannst mich mal! Ich hab nicht wie du das
    Glück gehabt, Polizeioffizier zu werden oder Be-
    amter.“
    „Vorsicht“, besänftige ich ihn, „sonst springt dir
    noch der Stöpsel aus dem Schlauch.“
    Es ist, als hätten meine Worte ihn aufgestachelt.
    Er richtet sich ein wenig höher auf und wettert in
    Richtung Lino los:
    „Dreh dich um, du Arschloch! Schau mir in die
    Augen, wenn du ein Mann bist! Du verachtest
    mich, weil ich keine Bildung habe, ja? Was meinst
    du, wie stellt man es an, was zwischen die Zähne
    zu bekommen, wenn man keinen Schulabschluß
    und keine Arbeit hat? Weißt du, was es heißt, seine
    Mutter zur Essenszeit weinen zu sehen, weil sie
    nichts hat, was sie den Kleinen auf den Teller legen
    kann? Weißt du, was es heißt, sich die ganze Nacht
    in der Rumpelkammer verstecken zu müssen, weil
    der Vater schon wieder besoffen nach Hause
    kommt? Weißt du, was es heißt, nichts als schlech-
    te Noten heimzubringen, weil zu Hause so ein
    Chaos herrscht, daß es schäbig wäre, sich hinter
    seinen Büchern zu verstecken …?“
    „Wir sind hier nicht bei Gericht“, bremse ich ihn.
    Slimane verstummt, völlig außer Atem. Plötzlich
    bricht er in Lachen aus. Es ist das Lachen eines
    Tobsüchtigen, bei dem einem das Blut in den A-
    dern gerinnt.
    „Jedenfalls“, kichert er, „hat’s beim Richter im-
    mer funktioniert.“
    Langsam kommt mir die Galle hoch. Ich zwinge
    mich, einen kühlen Kopf zu bewahren. Slimane ist
    störrisch wie ein Maultier! Es bringt nichts, ihn
    daran zu erinnern.
    „Du steckst bis zum Hals in der Scheiße“, infor-
    miere ich ihn. „Deine Waffe wurde identifiziert.
    Sie gehörte einem Magistratsbeamten, der in Ta-
    malous ermordet wurde. Wir wissen auch, daß du
    von einer Reihe von Boutiquebesitzern Schutzgeld
    erpreßt und zwei Schwestern entführt hast. Du ver-
    kaufst Stoff zugunsten der bewaffneten Gruppen.
    Wir haben Beweise. Wir wissen, daß Didi dein
    Kumpel und Abou Kalybse dein Guru ist.“
    Er hört zu, die Augenbrauen affektiert zusam-
    mengezogen, und blinzelt, wie wenn man jeman-
    dem spaßeshalber schöne Augen macht, nur um
    mir zu zeigen, daß ihn meine Fakten kaltlassen und
    er sich über meine Bestandsaufnahme königlich
    amüsiert.
    „Wieviel wird mir das denn einbringen, Bulle?“
    „An dir sind wir gar nicht
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