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Commissaire-Llob 1 - Morituri

Commissaire-Llob 1 - Morituri

Titel: Commissaire-Llob 1 - Morituri
Autoren: Yasmina Khadra
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interessiert.“
    „Das ist aber nett! Du hast mir da vorhin ganz
    schön Angst eingejagt, also wirklich.“
    „Der Albino, ist das ein Kunde von dir?“
    „Ist das ein Codename?“
    „Das ist der Kerl, der den Mercedes gefahren hat.
    Wir haben gesehen, wie er dich bei der Freundin
    von Didi abgesetzt hat.“
    „Du meinst den Verrückten ohne Pigmente? Die
    nennt man Albino? Das wußte ich nicht. Meiner
    Meinung nach ist der Typ von der Geheimpolizei.
    Er kannte mich besser als meine eigene Mutter. Er
    hat mich gezwungen, ihn zu Yasmina zu führen.
    Yasmina wußte aber nicht viel. Da ist er sauer ge-
    worden, der Albi…dings, und hat ziemlich fest
    zugeschlagen. Er wollte sich zu Abou Kalybse
    durchfragen.“
    „Und dich hat er verschont.“
    „Das ist nicht dasselbe. Wir haben einen Deal
    gemacht. Der Albidings hat mir Kohle verspro-
    chen, wenn ich ihm eine Spur beschaffen könnte.
    Ich war bei Lakja, um zu verhandeln. Lakja war
    auch nicht viel weiter gekommen. Von Abou Ka-
    lybse kannten wir nur das Knirschen des Faxgerä-
    tes … Ich wollte mich ein für allemal zur Ruhe
    setzen, das schwöre ich. Mit meiner Provision
    wollte ich einen kleinen Laden aufmachen, Kinder
    in die Welt setzen und ein Kapitel meines Lebens
    beenden. Zweihundert Scheinchen hat er mir ver-
    sprochen, der Albidings. Und ihr habt mir nun die
    Tour vermasselt.“
    „Tschuldigung“, äfft ihn Lino nach, „haben wir
    nicht gewußt.“
    Slimane betrachtet seine Fingernägel und über-
    legt.
    „Stimmt es, daß ihr die Terroristen hinrichtet?“
    „Na, was glaubst du?“
    „Ich möchte Reue zeigen. Ist das möglich?“
    „Sonst noch was?“ schnarrt Lino.
    „Beim Leben meiner Mutter, ich habe Abou Ka-
    lybse nie getroffen. Er kontaktiert mich immer per
    Fax. Hinterher nehme ich von Didi meine Gage in
    Empfang.“
    „Wo ist Didi jetzt?“
    „Nicht die leiseste Ahnung.“
    „Im Untergrund?“
    „Didi im Untergrund? Der kann doch ohne seine
    Badewanne und sein weiches Bett nicht leben.“
    „Was ist er eigentlich genau? Euer Schatzmeis-
    ter?“
    „Eine Art Briefkasten.“
    „Und wer ist der Briefträger?“
    An dieser Stelle wird Slimane vollständig wach.
    Seine Augen schleudern Blitze aus dem Jenseits.
    „Hat deine Frage einen Preis, Bulle?“
    „Können wir verhandeln?“
    Er entspannt sich, verschränkt die Hände im Na-
    cken, kreuzt die Beine unter dem Laken, fixiert
    träumerisch die Decke. Ich habe nicht wenig Lust,
    ihm die Eingeweide herauszureißen.
    „Ich verlange die Freilassung“, kläfft er nach ei-
    ner Weile.
    „Sonst nichts?“
    „He!“
    Er bricht wieder in sein hämisches Lachen aus.
    Selbst eine Hyäne wäre unfähig, ihn nachzuahmen.
    „Die Freilassung oder gar nichts.“
    Lino reißt sich brüsk vom Fenster los, ist mit ei-
    nem Satz über ihm und trommelt wie wild auf sei-
    ne Wunde ein. Die Schreie und Flüche hallen
    durch den ganzen Block. Im Nu sind der Arzt und
    eine Traube Schwestern im Raum und versuchen,
    den Leutnant mit Händen und Füßen von seinem
    grausamen Treiben abzubringen.
    Slimane fleht zu Tode erschrocken: „Bringt die-
    sen Irren weg und ich werde alles sagen.“

    16

    In Algier gibt es Tage, an denen Himmel und Meer
    sich zusammentun, um ein Gefühl unglaublicher
    Fülle zu erzeugen. Alles ist blau bis in Neptuns
    Bett hinein, und die Sonne, dieser Schalk, bringt es
    fertig, im tiefsten Winter den Sommer wachzuküs-
    sen. Von allen Sonnen der Welt ist unsere die ein-
    zige, der dieses Kunststück gelingt.
    Alles wirkt unglaublich heiter. Man hört die Vö-
    gel zwitschern und die Blätter rauschen. Die Luft
    ist eine Hochzeitsgesellschaft aus lauen Winden
    und süßen Düften. Man möchte am liebsten ein-
    schlummern und niemals wieder aufwachen.
    Es gibt keinen Zweifel: Das Paradies ist Gottes
    Schöpfung, die Hölle dagegen von Menschenhand.
    Sie ist schön, unsere weiße Stadt, wenn die Luft
    so klar ist, daß man im Umkreis mehrerer Meilen
    eine Eiche von einem Johannisbrotbaum unter-
    scheiden kann. Gäbe es da nicht diese greulichen
    Attentate und die Scharen der Erleuchteten, die wie
    Motten die Straßen und die Gehirne zerfressen,
    man würde Algier nicht gegen tausend Märchen-
    städte eintauschen.
    Ich sitze entspannt auf dem Balkon und betrachte
    die Kasbah, die sich an ihrem Riff festklammert,
    um der Plünderung durch die abziehenden Wogen
    zu entkommen, Bab-el-Oued, das an eine Kaserne
    am Ausgangstag erinnert, und weiter unten den
    Hafen, der dem
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