Commissaire-Llob 2 - Doppelweiß
Krieg, verdammt! Ein bißchen Respekt wäre angebracht.
Da biegt funkelnd eine Limousine um die Ecke. Gigantisch wie ein Weltreich. Und so blitzblank poliert, daß sie das Licht der Laternen spiegelt. Sie stoppt vor unserer Nase. Der Wagenschlag geht auf. Der Berg kreißt und gebiert eine Maus. Seinem Smoking und seiner zwanzig Zentimeter langen Zigarre zum Trotz ist der Krösus kaum größer als eine Kröte und hätte problemlos zwischen den Reifen durchhuschen können, doch als ein Mann, der seinen sozialen Rang hochhält, unterzieht er sich der Mühe, seinen Mercedes zu umrunden.
Ewegh und ich lehnen an unserem fahrbaren Untersatz, die Arme über der Brust verschränkt. Die Kröte mustert uns mit dem Gesichtsausdruck eines Tempelwächters, der soeben Spuren von Kot auf dem Opferaltar entdeckt, läßt den Blick über die Leibesfülle des Targi schweifen und verzieht schließlich die Lippen: »Gehört der Schaufelbagger da Ihnen?«
»Das ist kein Schaufelbagger.«
»Und das hier ist keine Baustelle.«
Ich öffne meine Arme-Schlucker-Jacke über meinem Bullenausweis.
»Sie sind Abderrahmane Kaak?«
»Monsieur Abderrahmane Kaak, Inhaber der Raha-Hotelkette, Generaldirektor von Afak-Import-Export, Direktor von DZ-Tours. Was wünschen Sie?«
Sein weingeschwängerter Atem verätzt mir die Netzhaut und sein Eifer meine Eingeweide. »Wir müssen Ihnen ein paar Fragen stellen.«
»Worüber?«
»Darüber ließe sich drinnen bestimmt besser sprechen.«
»So ein Pech aber auch. Ich habe meine Schlüssel verlegt.«
Ich zu Ewegh: »Monsieur hat seine Schlüssel verlegt.«
Ewegh nickt, erklimmt die Treppe, tritt einmal kurz zu und die Tür der Villa ein. Der Knirps erleidet einen Schock. Die Zigarre fällt ihm aus der Hand, und sein Teint färbt sich grau. Ich bin mir sicher, hätte man seinem Erzeuger höchstpersönlich einen Tritt in den Allerwertesten verpaßt, hätte ihn das nur halb so sehr tangiert.
»Heh, was soll das? Diese Tür ist ein Kunstobjekt. Wo kommen Sie denn bloß her! Diese Tür hat mich ein halbes Vermögen gekostet.«
Ich sage zu Ewegh: »Diese Tür hat ihn ein halbes Vermögen gekostet.«
»Begnügen wir uns halt mit dem, was übrigbleibt.«
Der Knirps blickt wutentbrannt in alle Richtungen. Seine Fliege bebt unter seinem Kinn: »Sie sind ja wahnsinnig!«
»Treten wir ein, Monsieur Kaak. Ist doch besser, wir haben es mit Wänden, die Ohren haben, zu tun, als mit Satelliten.«
Er mustert uns von Kopf bis Fuß und murmelt: »Für Leute von der Polizei sind Sie enttäuschend. Ihre Manieren stehen denen Ihrer Delinquenten in nichts nach.«
Wir schieben ihn vorwärts in einen Salon, der doppelt so groß ist wie meine Dreizimmerwohnung. Mit Todesverachtung weist er uns Sofas an, stellt sich auf die Zehenspitzen, um eine Hinterbacke auf die Armlehne eines Sessels zu stützen, und stemmt seine Puppenfinger in die Hüften.
»Beeilen Sie sich, mein Bad wartet.«
Ewegh bleibt im Türrahmen stehen und blickt so ausdruckslos drein wie ein Walfisch.
Ich lasse meinen Blick seelenruhig über das Sammelsurium aus Gemälden und Möbelstücken wandern, mit denen der Raum vollgestopft ist. Dieser Reichtum, der aus dem Nichts kommt, verführt zu allem und nichts.
»Gewisse Lästerzungen wissen zu berichten, daß Ben Ouda und Sie sehr enge Freunde waren.«
»Waren wir auch.«
»Und diese Leute begreifen nicht, warum Sie nicht auf seiner Beerdigung waren.«
»Ich war zur Behandlung eines Tumors in Paris.«
»Dieselben Lästerzungen behaupten außerdem, daß Sie gewissermaßen sein wichtigster Vertrauter waren.«
»So ist es.«
»Er hat Ihnen sicherlich von der Drohung erzählt, die über ihm schwebte.«
Er legt seinen Finger an die Wange, frei nach Rodins Denker, sinniert eine Weile und erhebt sich.
»Inspektor …«
»Kommissar. »
»Nun denn, Kommissar, die Lästerzungen zerreißen sich gerne das Maul, aber leider erklären sie dabei nicht viel. Doch das ist wohl auch nicht ihre Berufung. Ben Ouda war in letzter Zeit nicht mehr ganz für voll zu nehmen. Er hatte sich total darauf versteift, Geschäfte zu machen. Er hat seine sämtlichen Ressourcen, auch seine geistigen, aufs Spiel gesetzt. Und sein Bankrott riß alles mit sich fort. Er bekam tiefe Depressionen. Er war überzeugt, gelinkt worden zu sein. Ben war ein unvergleichlicher Diplomat, doch in Geschäftsdingen eine Niete. Er weigerte sich, sein finanzielles Debakel zur Kenntnis zu nehmen, und suchte seinen Teilhabern die Schuld
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