Commissaire-Llob 2 - Doppelweiß
größer ist.«
»Und wo haben Sie Ihren Hocker versteckt?«
Er errötet bis ins Weiße vom Auge hinein.
»Spielen Sie keine Spielchen mit mir, Kommissar. Ich kenne meine Rechte und Ihre Grenzen. Wenn Sie keinen Durchsuchungsbefehl haben, können Sie gleich wieder gehen.«
»Wer einen Schaufelbagger hat, braucht keinen Durchsuchungsbefehl.«
Er bläst die Backen auf und weicht zurück.
»In welch einem beschissenen Land leben wir eigentlich, verdammt noch mal?« mault er und geht uns voraus.
»Die Lästerzungen haben sich von Ihrer gestrigen Vorstellung nicht überzeugen lassen, Monsieur Kaak. Ich auch nicht. Ich werde Ihnen meine Version der Fakten geben und Sie korrigieren mich, wo ich mich irre: Ben Ouda hat nicht geblufft. Ich habe ihn ein paar Tage vor seinem Tod getroffen. Er machte nicht den Eindruck, ungereimtes Zeug zu reden. Er hatte den Finger in der Tat auf ein tolles Ding gelegt. Eine Diskette. Sein Problem war, daß er nichts für sich behalten konnte. Er suchte seinen großen Intimus auf, und das war der Anfang vom Ende.«
Abderrahmane Kaak beginnt zu zittern und zu beben. Seine Kinnmuskeln verkrampfen sich und seine Fäuste dazu. Er starrt erst Ewegh und dann Lino an, macht einen Schritt vor und drückt mir seinen Finger in den Bauch.
»Hinaus mit Ihnen, Kommissar. Ich habe genug von Ihnen.«
»Monsieur Kaak, wer lügt, lügt doch nicht ohne Grund. Ich habe das überprüft. Sie waren gar nicht in Paris, weder um einen Tumor behandeln zu lassen, noch um sich Stöckelschuhe anzuschaffen. Sie waren nicht auf der Beerdigung Ihres Busenfreundes, weil er Ihnen das nicht wert war … Sie ganz allein haben ihn verraten.«
»Sie reden Unsinn, Kommissar. Ben war mein bester Freund.«
»Was wissen Sie schon von Freundschaft, Monsieur Kaak? Eine glückselig gurrende Komplizenschaft in den Abgründen eines rosa Schlafzimmers? Ein paar nette Scharaden, solange alles in Butter ist …? Ben Ouda war von dem Moment an nicht mehr Ihr Busenfreund, als er begann, in Ihren Jagdgründen zu schnüffeln. Vielleicht ahnte er nicht, daß Sie genauso korrupt wie alle anderen waren und man, wenn man den Hai bedroht, auch den Schwarm der kleinen Fische um ihn herum gefährdet.«
»Ich ersuche Sie noch einmal zu gehen!«
»Was ist denn hier los?« überrascht uns eine energische Stimme. »Man kann euch ja auf der Straße hören!«
Dahmane Faid steht im Vorraum, nebst Rotschopf und noch zwei Gorillas, die so häßlich sind, daß man meinen könnte, sie seien eben erst von ihren Bäumen geplumpst. Eisige Stille erfüllt den Salon. Bevor ich mich ganz dem Milliardär zuwende, füsiliere ich mit bösen Blicken meine Männer, die sich derart haben überrumpeln lassen.
»Sieh an, Derrick. Was machen Sie denn so weit von Ihrem Ghetto entfernt?«
»Meine Kreise ziehen.«
»Sie sollten lieber Leine ziehen. Sie sind hier in einer Nobelgegend. Eheszenen und Kräche sind hier tabu. Wer hier lebt, hat für Marktschreierei und Volksaufläufe schon lange nichts mehr übrig.«
Abderrahmane fällt ein Stein vom Herzen. Er schubst mich beiseite und eilt seinem Erlöser entgegen. Der Milliardär bremst ihn mit einem Blick und schnippt kurz mit dem Finger, damit er die Klappe hält.
»Eine unschöne Sache, unbescholtene Bürger zu drangsalieren, Kommissar. Die Polizei hat doch wirklich Besseres zu tun. Sie wird dafür bezahlt, daß sie uns den Fundamentalismus vom Hals schafft. Statt hier ihre Muskeln spielen zu lassen, sollten Sie lieber die Widerstandsnester der Terroristen ausheben … Und jetzt entschuldigen Sie uns, Monsieur Abderrahmane und ich haben zu arbeiten.«
Ich weiß nicht, wieso, doch plötzlich finde ich keine Worte mehr.
Dahmane läßt seine Gebetskette in einem fort durch seine Finger gleiten, mit gierigem Lächeln und glasigem Blick. Hinter ihm scharren seine Schergen schon mit den Hufen, lauern nur auf ein Zeichen von ihm, um uns zu verschlingen.
Ich sage: »Wen wollen Sie mit Ihrer Gebetskette eigentlich zügeln, Monsieur Faid?«
»Die Lust, auf Sie loszugehen!«
»Das ist doch Schnee von gestern. Sehen Sie mal aus dem Fenster. Die Welt ändert sich rasend schnell. Das Gesetz steht wie Phönix aus der Asche auf. Noch ein falsches Wort, und ich loche Sie ein wie einen gewöhnlichen Strolch.«
Rotschopf setzt zum Ausfall an. Darauf hat Ewegh nur gewartet. Seine Fäuste tänzeln leidenschaftlich los. Ich habe das Gefühl, wenn es ums Zuschlagen geht, könnten sämtliche Stricke der Welt sie nicht halten.
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