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Commissaire-Llob 2 - Doppelweiß

Commissaire-Llob 2 - Doppelweiß

Titel: Commissaire-Llob 2 - Doppelweiß Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yasmina Khadra
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Zeitungen und Bierdosen sind über den Boden verstreut. Rechts von einem rußverschmierten Ölofen führt eine Tür in eine eklige Küche: modernde Essensreste in den Tellern, widerliche Flecken auf den Gläsern.
    Die Frau liegt im Bad, die Wände sind mit ihrem Blut bespritzt. Sie ist enorm fett und nackt. Man hat ihr die Haut vom Rücken abgezogen und die Kehle von einem Ohr zum anderen aufgeschlitzt. Mein Mittagessen macht Anstalten hochzukommen.
    Bliss feuchtet mit spitzer Zunge einen Finger an und blättert feierlich in seinem Notizblock: »Im Hof das Brandopfer, das ist Ben Hamid. Er betrieb den Club des amis, ein kleines Cafe im Herzen der Kasbah. Und die Frau da war Prostituierte. Nannte sich Brigitte.«
    Der Brigadier kommt mit einem knochigen Greis daher, der in seiner zerschlissenen Gandura [*langer hemdartiger Überwurf] versinkt.
    »Das ist der Nachbar von gegenüber.«
    Der Alte schiebt seine Scheschia zurück und kratzt sich verlegen am Schädel. »Na ja, genaugenommen habe ich nicht alles gesehen«, sagt er zögerlich. »Bin ja kein Voyeur. War gerade am Fenster und hab auf den Ruf des Muezzins gewartet.«
    »Kein Mensch macht Ihnen einen Vorwurf.«
    Das beruhigt ihn. Er dreht sich zum Erhängten um, der von den Polizisten gerade abgenommen wird, und sagt: »Das war keiner von den Anständigen.«
    »Was ist passiert?«
    »Ein Krankenwagen hat vor dem Hof gehalten. Ich dachte, Ben Hamid ginge es nicht gut. Ich habe mich getäuscht.« Er macht eine kurze Pause, damit wir noch stärker die Ohren spitzen, und fährt fort: »Was sie dann aus dem Krankenwagen gezogen haben, das war keine Trage, sondern Ben Hamid und eine sehr korpulente Dame. Beide schon übel zugerichtet. Vier Kerle sind über sie hergefallen und haben sie fertiggemacht.«
    »Wie spät war es da?«
    »Kurz vor dem Ruf zum El-Icha-Gebet.«
    »20 Uhr«, präzisiert der Brigadier.
    »Der Krankenwagen ist dann wieder weggefahren. Als nächstes tauchte ein Mercedes auf. Mit zwei Typen, die gleich ausgestiegen sind. In Klamotten wie die Schaufensterpuppen auf den großen Boulevards.«
    »Wie sahen die zwei Typen aus?«
    »Normal.«
    »Was heißt das?«
    »Der eine war mager und hatte einen Schnurrbart.«
    »Und der andere?«
    »Normal.«
    »Mager und mit Schnurrbart?«
    »Oh nein, er war so groß wie ein Reklameschild, mit rasiertem Schädel und einem birnenförmigen Ohrring am linken Ohr. Der andere, der Kleine, hat irgendwas an seinen Schießkolben geschraubt und dann die Laterne kaputtgeschossen. Danach habe ich nichts mehr gesehen.«
    Ich lege ihm anerkennend die Hand auf die Schulter. Für ihn ist es, als hätte Algiers Schutzpatron ihn persönlich gesegnet. Ich habe das Gefühl, das federleichte Männlein als ganzes in der hohlen Hand fassen zu können.
    »Die Autonummer des Mercedes haben Sie sich nicht zufällig gemerkt?«
    »Ich kann nicht lesen.«
    »Vielen Dank, Hadsch [*arabisch: eigtl. Mekkapilger; generell respektvolle Anrede für ältere Männer], Sie haben uns sehr geholfen.«
    Der Brigadier faßt ihn am Ellenbogen und bugsiert ihn entschieden zur Tür hinaus.
     
    Ehe ich auch nur einen Fingerabdruck auf meiner Kaffeetasse anbringen kann, bittet mich der Boß schon in seinen Elfenbeinturm. Als ich eintrete, steht er am Fenster, die Hände auf dem Rücken verschränkt, und ist ganz in die Betrachtung der Bucht von Algier versunken. Auch der liebe Bliss ist zur Stelle. Da wird mir klar, daß ich nicht herbeizitiert wurde, um einen Orden in Empfang zu nehmen.
    Ich verharre eine Ewigkeit in Habtachtstellung. Da mein ausgeprägter Sinn für Disziplin niemanden zu interessieren scheint, hüstle ich diskret in die Faust, um die Aufmerksamkeit unseres Direktors zu erregen. Statt seiner reagiert sein dienstbarer Geist: »Psst! Er denkt gerade nach!«
    »Wie bitte?«
    Bliss erstarrt und wiederholt im Flüsterton: »Der Herr Direktor denkt gerade nach.«
    Ich beuge mich über seine Schulter und beginne ebenfalls zu wispern: »Wie unangenehm. Er wird noch sein letztes Gramm Hirnschmalz aufzehren, und dann wird er nichts mehr anstellen können.«
    Bliss grinst hämisch und bringt sein Nagetierface vor meinem Atem in Sicherheit.
    »Deine Zunge wird dich eines Tages um Leib und Leben bringen, Llob.«
    »Aber wenigstens nicht um Leib und Seele, Mephisto. Was hast du ihm alles über mich aufgetischt? Er wirkt ziemlich aufgebracht.«
    »Er trauert noch um Jo. Ziemlich mies, sie so im Stich gelassen zu haben.«
    Meine Hand fährt ihm an die

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