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Commissaire-Llob 2 - Doppelweiß

Commissaire-Llob 2 - Doppelweiß

Titel: Commissaire-Llob 2 - Doppelweiß Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yasmina Khadra
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Dichterlesungen, Ausstellungen, Begegnungen mit Intellektuellen zu organisieren, aber es war jedesmal dasselbe. Keiner interessierte sich für seine Bemühungen, alle machten sich über seinen Eifer lustig. Die wenigen Neugierigen, die zu ihm kamen, kamen nur, um zu sehen, ob es nicht irgend etwas abzustauben gab, und ließen sich dann nie mehr blicken. Um nicht als Narr verschrien zu werden, begann er mit der Zeit, es den anderen gleichzutun. Er versuchte sich als Geschäftsmann. Das machte ihn aber auch nicht glücklich. Einmal mehr ging die Welt für ihn unter: er entdeckte die Korruption. Für jemand wie ihn, der vom Schlaraffenland träumte, was das ein gefundenes Fressen … Ich glaube, seine Neigung zum Laster entsprang seiner großen Enttäuschung. Er quälte sich. Er mußte sich seiner Berufung unwürdig fühlen … Nach den Ereignissen vom Oktober 1988 hatte er geglaubt, die nahende Demokratie biete ihm eine zweite Chance. Er nahm an jedem Meeting teil, saß in allen Diskussionsforen. Die Polemik entfachte seine Kreativität. Er begann wie ein Besessener zu schreiben. Traum und Utopie war erst der Auftakt. Doch der Erfolg wurde ihm zum Verhängnis. Er fühlte sich, als ob ihm Flügel wüchsen. Er hatte sich geschworen weiterzumachen, immer weiter und weiter zu gehen … Bis er eines Abends dann bei mir aufkreuzte, zu einer unmöglichen Zeit, völlig aufgedreht, nicht wiederzuerkennen. ,Ich hab’s!’ Und er schwenkte eine Computer-Diskette. Das war sein Stein der Weisen, das Dokument des Jahrhunderts, die verfluchte Kopie der Vierten Hypothese …«
    »Der Vierten Hypothese?«
    »Ich wette, Sie haben die Initialen auf Ihrer Karteikarte neulich abends noch immer nicht entziffert … HIV … IV, das ist eine römische Vier. Es heißt also H 4 beziehungsweise 4. Hypothese. Ben hat mir erklärt, daß es sich um ein teuflisches Programm handelt, ausgeheckt von einer Gruppe geldschwerer Opportunisten, um das industrielle Erbe des Landes in ihre Hand zu bringen.«
    »Und wie soll das gehen?«
    »Mehr hat er mir nicht gesagt. Ich bin nicht gerade an die Decke gesprungen. Ich habe einen Horror vor Komplikationen. Ben balancierte auf des Messers Schneide. Er war ohnehin nicht sonderlich beliebt. Die Politiker hatten ihn ins Abseits verbannt. Die Geschäftsleute versuchten ihn zu ruinieren. Und die Intellektuellen hatten nur Verachtung für ihn. Ben stand allein da. Man verübelte es mir, daß ich ihn empfing.«
    »Wer?«
    »Alle. Meine Stammgäste machten aus Protest einen Bogen um meine Hotels. Meine Finanziers machten ihre Schleusen dicht. Ben verstand sich auf die Kunst, alle Welt gegen sich aufzubringen. Ich hatte ihn angefleht, nach Europa zu gehen. Er weigerte sich, auf mich zu hören.«
    Ich falte meine Hände, richte den Oberkörper leicht auf und frage: »Haben Sie irgendwem von dem Dokument erzählt?«
    »Das wäre unklug von mir gewesen.«
    »Wer, meinen Sie, hätte ihn verraten können?«
    »Vielleicht er selbst, ohne daß er es gemerkt hat. Diese Schriftsteller sind wirklich zu naiv.«
    Ich lege einen Finger auf meinen Schnurrbart und denke eine Sekunde lang nach.
    Kaak versinkt erneut in die Betrachtung seiner Fingernägel, mit derselben Tristesse wie zuvor.
    »Hat er, während er Ihnen die Vierte Hypothese erklärte, nicht den einen oder anderen Namen genannt oder Andeutungen fallenlassen, die auf bestimmte Personen hinweisen?«
    Kaak blickt auf und lehnt sich schlapp zurück. Er verzieht den Mund und schüttelt erst einmal nur den Kopf.
    »Ich habe kein Recht, irgendwelche Namen zu nennen, Kommissar. Ben hat mir bloß eine Diskette gezeigt, eine ordinäre Zweieinhalb-Zoll-Diskette. Vielleicht war sie ja leer. Ich kann mir nicht erlauben, Leute nur deshalb zu kompromittieren, weil Ben sie nicht riechen konnte. Falls dieses Dokument tatsächlich existiert … Sie sind doch Polizist. Stöbern Sie es auf und machen Sie damit, was Sie wollen.«
    »Dahmane Faid war nicht zufällig …«
    »Vergessen Sie’s, Kommissar. Ich bin vielleicht ein mieser Kerl, aber ich weiß, wie weit ich gehen darf. Wenn ich nichts Genaues weiß, dann gehe ich keinerlei Risiko ein.«
    »Okay«, mache ich und hebe die Hände hoch, »schon vergessen … Ben Ouda hat mir gegenüber noch einen Code-Namen erwähnt: N.O.S.«
    Er unterbricht mich sofort, um mir klarzumachen, daß er zum einen verstanden hat und sich zum anderen kooperativ zeigen möchte.
    »Es handelt sich um den Nouvel Ordre Social, die neue Gesellschaftsordnung, wie

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