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Commissaire-Llob 2 - Doppelweiß

Commissaire-Llob 2 - Doppelweiß

Titel: Commissaire-Llob 2 - Doppelweiß Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yasmina Khadra
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sich verlassen können. Ich habe vorher jede Karte einzeln gezinkt und die guten alle für mich behalten.«
    Er protestiert, beginnt zu gestikulieren und auf das heftigste Widerstand zu leisten. Ewegh greift ihn mit zwei Fingern und führt ihn in die Geständnisbox ab, einen Verschlag von zwei Quadratmetern mit niedriger Decke und beklemmenden Wänden, einem Metallstuhl, einem Projektor und einem Tisch als ganzem Mobiliar.
    Abderrahmane Kaak bleibt zwanzig Minuten lang still sitzen und wartet darauf, daß man kommt, um ihn fertigzumachen. Eine halbe Stunde später hat er noch immer die eine Hand an der Wange liegen, die Finger der anderen beginnen auf den Tisch zu trommeln, wobei er die Panzertür nicht aus den Augen läßt.
    Der Boß kommt zu mir ins Nebenzimmer, um den Verdächtigen durch den Spiegelspion zu beobachten. Er gesteht mir, daß das Telefon in seinem Büro pausenlos schrillt. Kaaks Freunde seien zutiefst beunruhigt. Ich empfehle ihm, ihnen zu sagen, daß ihr Schützling vermutlich von Terroristen entführt worden ist und man seine Leiche mit ein wenig Glück schon am folgenden Morgen in irgendeinem Treppenhaus entdecken wird. Der Boß hält meinen Zynismus für höchst morbide und erinnert mich daran, daß meine Methode in keiner Weise den Vorschriften entspricht. Ich entgegne ihm, daß ich weiter nichts tue, als mich den aktuellen Gepflogenheiten anzupassen. Er lächelt und verspricht mir, schützend die Hand über mich zu halten, falls es einem Ziegel gelingen sollte, vom Dach zu fallen. Ich beruhige ihn mit der Erklärung, daß eine kleine Gehirnerschütterung vielleicht nicht schaden könnte, um meine Gedanken in Schwung zu bringen.
    Gegen Mitternacht revoltiert der Knirps. Er hat Krawatte und Jackett abgelegt, die Hemdsärmel hochgekrempelt und fängt an, sich die Schuhsohlen an der Tür abzuwetzen.
    Um zwei Uhr früh gibt er auf, sinkt über dem Tisch zusammen und döst ein.
    »Keine Müdigkeit vorgeschützt da drinnen!« quäle ich ihn. »Der einstweilige Gewahrsam ist kein Kuraufenthalt.«
    Kaak mobilisiert seine letzten Kräfte, um nicht loszuplärren. Er ist am Ende, seine Züge sind völlig erschlafft, seine Haare wild zerwühlt. Seine Augäpfel sind halb nach oben verdreht und streifen mich mit mildem Medusenblick. Er fährt sich mit der Hand übers Gesicht, zerrauft sich weiter die Mähne und sieht mich lange stumm an.
    »Ich werde diese Angelegenheit auf höchster Ebene zur Sprache bringen!« keucht er schließlich erschöpft.
    »Ich stelle Ihnen gern meinen privaten Aufzug zur Verfügung. Doch vorher packen Sie erst mal aus. Wenn Sie meinen, Sie seien noch nicht reif dafür, komme ich gerne später wieder. Ich hab’s nicht eilig.«
    Er hält mich mit einer entkräfteten Handbewegung zurück. »Kommen wir zum Ende. Ich will nach Hause.«
    Ich lasse mich auf der Tischkante nieder, die geballten Fäuste auf die Knie gestützt.
    »Ben war mein Freund«, fängt er nach langem Nachdenken an. »Er war anders. Die übrigen, das waren alles Betrüger oder Betrogene … Bei Ben fühlte ich mich wohl. Das passierte mir nicht oft. Hinter der Fassade meines Erfolgs war ich der arme Teufel aus der Vorstadt geblieben: kläglich an Herkunft, Verstand und Körperbau … Gewiß, ich hab es durchaus zu etwas gebracht - aber erst Ben fügte meinem Reichtum eine gewisse - nun, sagen wir - Ethik hinzu. Es gefiel mir, einen geschätzten Literaten zum Freund zu haben, ich, der ich als Kinokassierer im Armeleuteviertel angefangen hatte … Mit Ben war das Geld weiter nichts als eben Geld. Es gab im Leben noch anderes, das zählte. Ben war ein anderes Kaliber. Er hatte Format. Er hatte Talent. Klar, manchmal machte er mir auch Kummer, aber das hatte mit Mitleid nichts zu tun. In einem Land, wo die Habgier alles beherrscht, macht das Genie eine kümmerliche Figur. Ich verstand ihn. Ich achtete ihn. Nie im Leben hätte ich ihn verraten. Er war alles, was ich zu meinen Gunsten vorweisen konnte.«
    Traurig betrachtet er seine Fingernägel. Sein Kinn stößt mehrfach vor ins Leere wie bei einem, der unerträgliche Erinnerungen ausgräbt.
    »Er langweilte sich zu Tode. Er war voller Ideen nach Algerien zurückgekehrt. Sein Diplomatendasein hatte jede Menge Illusionen in ihm genährt. Er begriff nicht, warum man bei uns der Raubrittermentalität mehr als dem Transzendentalen huldigte … Ben war ein Idealist. Er sagte stets, schlimmer als jeder Weltuntergang sei der Untergang der Kultur. Er brachte seine Zeit damit zu,

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