Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Commissaire-Llob 2 - Doppelweiß

Commissaire-Llob 2 - Doppelweiß

Titel: Commissaire-Llob 2 - Doppelweiß Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yasmina Khadra
Vom Netzwerk:
… Doch wovon läßt sich träumen, wenn
    einem der Hals von einem Ohr zum anderen
    durchgeschnitten ist?
    Ich klammere mich an einen Ast, um nicht um-
    zukippen. Der Teufel kann endlich daran denken,
    in Pension zu gehen. An Nachfolgern ist kein
    Mangel.

    7

    Alla Tej hat letztlich wohl doch begriffen, daß ein Bart, wenn er zu irgend etwas nützlich wäre, nicht
    in jedem Arschloch sprießen würde. Glattrasiert
    und mit Pomade im Haar, wirkt er zehn Jahre jün-
    ger. Ein Hauch von Khol betont seine Augen und
    verleiht seiner Transvestiten-Visage ungeahnte
    Frische. Keine Ahnung, wie er es angestellt hat,
    sich in eine Jeans zu zwängen, die selbst einer Vo-
    gelscheuche zu eng wäre und die Dellen und Wel-
    len seines Hinterteils besser nachzeichnet als jede 65
    topographische Vermessung. Keine Ahnung, ob
    seine eigene Mutter ihn hier noch erkennen würde,
    inmitten des Jungvolks, das auf der Tanzpiste vom
    Djinn Rouge verwegen die Hüften schwenkt.
    Ich meinerseits habe ihn im Fieber der hämmern-
    den Dezibel und der zuckenden Lichter gleich aus-
    gemacht, dank seines Schattens, der, den Schatten
    der verdammten Seelen gleich, mit dem Finger auf
    ihn wies.
    Ich lümmele an der Theke, ein Glas Orangensaft
    zwischen den Pfoten, und überwache das Völkchen
    in den Tiefen des Spiegels gegenüber. Eine ganze
    Weile leiste ich dem Ansturm der Ausgeflippten
    und der Junkies Widerstand. Plötzlich entdecke ich
    Alla Tej mitten unter ihnen. Sein Blick, der Blick
    einer unreinen Bestie, verfängt sich in meinem. Mit einem Satz ist er quer durch die Menge und schon
    aus dem Staub.
    Ich mache mir nicht die Mühe, ihm nachzulau-
    fen.
    Er nimmt je vier Treppenstufen auf einmal, ge-
    langt auf die Terrasse, reckt mir als Abschiedsgruß die geballte Faust entgegen und verschwindet in
    einem Gang. Ich zupfe gelassen meinen Mantel
    zurecht. Ich bin ganz cool.
    Eine Nutte, die aussieht wie ein ranziges Sand-
    wich vom letzten Jahr, schiebt mir ihre Titten vors Gesicht. „Ich bin vom anderen Ufer“, nehme ich
    ihr den Wind aus den Segeln.
    Mit meiner üblichen Höflichkeit entschuldige ich
    mich rechts und links und bahne mir den Weg zur
    Terrasse. Der bewußte Gang verrenkt sich schon
    nach der letzten Stufe den Hals und fällt in einer
    66
    Art Vorraum vollends auf die Schnauze. Eine Glas-
    tür führt in einen Garten voll niedlicher Laternen.
    Am Himmel prangen Millionen von Perlen und die
    Götter zählen trällernd die Wolken. Eine Nacht wie
    diese ist wunderbar geeignet, sich einen Mistkerl
    zum Dessert zu genehmigen.
    Man sieht gleich, daß Eweghs Linke wieder im
    Einsatz war: Alla Tej liegt am Boden und seine
    rechte Gesichtshälfte ist nur noch Brei. Er kriecht röchelnd vorwärts, krallt sich an einem Heizkörper
    fest, schafft es nicht, sich hochzuziehen …
    Drei Wochen bin ich jetzt hinter ihm her. Ich ha-
    be meine besten Spitzel und Späher auf ihn ange-
    setzt. Und da haben wir ihn, fix und fertig, alle
    viere von sich gestreckt, der leibhaftige Beweis
    dafür, daß Moulana* [* Moulana (arab.) = „unser Herr(gott)“] tatsächlich existiert!
    Ich nehme Anlauf und trete ihm kräftig ins
    Kreuz. Alla rotiert zweimal um sich selbst und
    landet an der Wand, den Mund aufgerissen zu ei-
    nem Schrei, der nicht herauskommen will. Ich pa-
    cke ihn so heftig bei den Haaren, daß es ihm schier das Genick bricht.
    „Danke, mein Süßer, daß du mich so schön ver-
    schaukelt hast. Wenn wir so weitermachen, habe
    ich mich bis zur Pensionierung an den Schaukel-
    stuhl gewöhnt!“
    Wir schleifen ihn in die Toiletten am Ende des
    Vorraums und schließen hinter uns die Tür. Alla
    rappelt sich etwas auf, hält sich das Kreuz und
    stöhnt. Seine Hand gleitet verstohlen hinunter zum
    Messer, das in seiner Socke versteckt ist. Meine
    43er setzt sich in Bewegung, der Schlag renkt ihm

    67
    die Schulter aus. Um ihn davon abzuhalten, das
    ganze Viertel zusammenzuschreien, hievt Ewegh
    ihn an Kragen und Gürtel hoch, taucht seine Birne
    ins Klo und betätigt die Wasserspülung.
    „So wird er wieder klar im Kopf.“
    Alla bricht auf dem Boden zusammen und kotzt,
    was das Zeug hält, auf seine Knie. Ich setzte ihm
    die Messerspitze an die Nase, ziehe sein Profil
    nach, tippe ihm ans Kinn, kitzle ihn am Adamsap-
    fel.
    „Mit diesem ungesunden Eisen hast du Jo die
    Gurgel durchgeschnitten.“
    „Fahr zum Teufel!“
    „Von dem komme ich gerade. Er läßt dich schön
    grüßen. Verbluten werde ich dich lassen,

Weitere Kostenlose Bücher