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Commissaire-Llob 2 - Doppelweiß

Commissaire-Llob 2 - Doppelweiß

Titel: Commissaire-Llob 2 - Doppelweiß Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yasmina Khadra
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du
    Scheißkerl.“
    Er mustert mich geringschätzig und spuckt mir
    seinen blutigen Schleim ins Gesicht.
    „Leck mich, du Hinterhofbulle. Du bist weiter
    nichts als ein übereifriger Idiot.“ Dann hält er mir seine Kehle hin: „Na los, schneid mir die Gurgel
    durch. Was ist? Traust du dich nicht? Versuchs
    doch! Oder hast du Angst, ohnmächtig zu wer-
    den?“
    Ich wische die Spucke mit dem Taschentuch ab.
    Meine Hand zittert nicht die Spur. Ich bin ganz
    cool.
    Ich sage zu Jak Stehauf: „Ich weiß was Besseres.
    Wir zwei spielen jetzt Tausendundeine Nacht, o-
    kay? Du bist die Scheherazade, ich der Sultan. Du
    wirst mir alles über deine kleinen Freunde erzäh-
    len, ihre Verstecke, ihre Pläne. Und Ewegh, der da
    drüben steht, wird den Damokles spielen. Wenn du
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    nicht weiterredest, klopft er dir so lange auf den
    Kopf, bis dir das Hirn zur Nase rausfließt. Wenn
    du durchhältst, bekommst du Aufschub bis zur
    nächsten Nacht. Na, wie gefällt dir das?“
    Er räuspert sich, um mir erneut seine Verachtung
    ins Gesicht zu spucken. Diesmal ist meine Hand
    schneller als er, ich drücke ihm den Hals zu und
    zwinge ihn, Gift und Galle wieder hinunterzu-
    schlucken.
    Wie alle indoktrinierten Brüllaffen – stark im
    Chor und schlapp im Solo – fällt Jak Stehauf schon
    nach den ersten Ohrfeigen um. Nicht daß meine
    Methoden besonders überzeugend wären, nein,
    aber die kleinen Giftkröten des lieben Gottes sind
    einfach Weltmeister im Seitenwechsel. Sie drehen
    ihr Mäntelchen so geschwind nach dem Wind, daß
    die Haut auf ihrem Rücken schon ganz abgeschürft
    ist.

    Das Versteck, zu dem Alla Tej uns führt, befindet
    sich im ersten Stock eines Stundenhotels in der
    Rue Safir Balach. Die Gegend ist hoffnungslos
    übervölkert. Riecht meilenweit im Umkreis nach
    Moder und Schweiß. Man steht Schulter an Schul-
    ter, so fällt man nicht um, doch mit Solidarität hat das nichts zu tun. Man könnte eine Stecknadel vom
    Balkon werfen, sie käme nie auf dem Boden an.
    Außerdem ist die Wäsche über der Straße so dicht
    gehängt, daß die alten Leute Mühe haben, einen
    Sonnenstrahl zu erhaschen, in dessen Schein sie
    ihren Schemel rücken könnten.
    Das Hotel gammelt in einer Sackgasse vor sich
    hin und ist vom vielen Warten schon ganz schwarz.

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    Hier und da betteln verschleierte Nutten herum, die sich als Wahrsagerinnen tarnen, um keinen Anstoß
    bei sensiblen Gemütern zu erregen. Zwei Zuhälter
    lungern auf dem Gehweg, ein Auge auf die Herde
    gerichtet, das andere im Nirwana. Einige Kunden
    schleichen mit schlechtem Gewissen um die Ware,
    bereit, sich zu verdrücken, sobald irgendwo ein
    bekanntes Gesicht auftaucht.
    Auf der Terrasse eines Cafés hält Lino seinen
    Daumen hoch. Sein Zöpfchen hat er unter eine
    Scheschia* [* Scheschia (auch Chechia geschrieben) =
    traditionelle Kopfbedeckung, Fez] gestopft, und er ist in einen Kaftan geschlüpft, um von der Umgebung
    nicht abzustechen; doch seinen Bullenschatten
    wird er nicht los …
    Ewegh geht vor, kontrolliert das Erdgeschoß und
    kommt zurück, um mir von der Tür aus Feuer-
    schutz zu geben. Ich stoße Jak Stehauf zur Rezep-
    tion. Der Typ an der Kasse ist so enorm wie die
    Sünde. Seine Pranken liegen auf der Theke, den
    Stuhl hat er gegen die Wand gerückt, und er lacht
    still vor sich hin, während er einen Comic von Slim überfliegt.
    „Im Untergeschoß ist noch ein Zimmer frei“,
    verkündet er ohne aufzusehen. „Fünf Scheine für
    zwanzig Minuten. Gehandelt wird nicht. Man hebt
    sich die Spucke für Wichtigeres auf.“
    Endlich geruht er den Blick zu heben, läßt die
    Augen von Alla zu mir springen, wie man von
    Stock zu Stein zu springt:
    „Und damit komme ich euch noch entgegen. Wir
    sind hier kein Hospiz. Alte Leute lassen wir sonst
    nicht rein.“
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    „Sieh an, und warum?“ frage ich ihn.
    „Raten Sie mal. Bei Ihrem Alter, da steht man
    doch mit einem Bein im Grab.“
    „Und wenn ich mit beiden Beinen im Grab stün-
    de, hätte ich noch immer ein drittes, um dir in den Arsch zu treten, du Trampeltier.“
    Ich fege mit einem wütenden Hieb seine Pranken
    vom Tresen und knalle ihm meinen Dienstausweis
    in die Fresse.
    „Den Schlüssel von Zimmer 13! Du gehst gefäl-
    ligst vor.“
    Ich habe ja schon so manchen Saustall gesehen,
    damals, als ich als Mädchen für alles bei den Ju-
    liens gejobbt habe, aber der in Zimmer 13 ist wirk-
    lich was fürs Guinness-Buch der Rekorde. Hier
    herrscht solch ein bestialischer Gestank, daß

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