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Commissaire-Llob 2 - Doppelweiß

Commissaire-Llob 2 - Doppelweiß

Titel: Commissaire-Llob 2 - Doppelweiß Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yasmina Khadra
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verlieren.“
    „Ich bin solide geworden. Ich sehe nicht, wie ich
    euch helfen könnte. Ich bin sehr viel mehr damit
    beschäftigt, meine Haut zu retten, als sie zu ernähren. Das hier ist mein dreizehntes Versteck in den
    acht Monaten, seit ich untergetaucht bin. Ich gehe
    noch nicht mal mehr ins Freie, um Luft zu schöp-
    fen. Gaïd ist mir auf den Fersen. Er hat meinen
    Cousin getötet, mein Haus in die Luft gejagt und
    den Rest meiner Familie gezwungen, ins Exil zu
    gehen. Ich war noch nicht mal auf der Beerdigung
    meiner Großmutter.“
    „Bitte beruhige dich.“
    „Ihr denkt wohl, das geht so leicht. Ihr kommt
    mit eurem ganzen Geschütz angefahren, scheucht
    alles auf und wollt dann auch noch, daß ich Beifall klatsche. Wo soll ich mich als nächstes vergraben?
    Ich habe drei epileptische Kinder, eine nerven-
    kranke Frau und kein Loch, um sie unterzubrin-
    gen.“
    „Wir besorgen dir einen Unterschlupf.“
    Er zieht sich die Decke über den Kopf und murrt
    weiter, wobei seine knochigen Schultern krampfar-
    tig zucken.
    „Ich kann nicht mehr. Ich bin fix und fertig. Ich
    bring meine Frau und die Kinder um und schneid
    mir zum Schluß selber die Kehle durch.“
    Er drückt den Nacken durch, richtet den Kopf
    auf, wischt sich resigniert die Tränen vom Gesicht.
    „Ja …! Das wäre vermutlich das Beste für uns!“

    Tahar Brik sollte uns eine Auflistung aller mögli-
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    chen Verstecke von Gaïd, dem Friseur, übergeben.
    Ich ließ um jeden Unterschlupf einen Beobach-
    tungsring ziehen, baute ein Alarmsystem auf, das
    es dem Einsatzteam ermöglichen würde, binnen
    zwanzig Minuten an Ort und Stelle zu sein, und
    wartete im Vertrauen auf meine Strategie eine Wo-
    che lang, bis das erste Lämpchen auf meiner
    Schalttafel zu blinken begann.
    Am Freitag um neunzehn Uhr meldet Alarmglo-
    cke Nummer 8, daß auf Höhe von Versteck „H“ in
    Haï El Moustaqbal ein verdächtiger Wagen aufge-
    kreuzt ist. Ich verfrachte Lino ans Steuer, verstaue Ewegh auf dem Rücksitz, und ab geht die Post.
    Es gibt würdige Namen und andere, die sind so
    was von stupide, daß sie nicht einmal ein Zähne-
    knirschen provozieren. Eine lose Ansammlung
    trostlos vor sich hin modernder Baracken, querbeet
    über eine von fauligen Rinnsalen und Elend über-
    quellende Pampa verstreut, hochtrabend auf den
    Namen Haï el Moustaqbal, „Stadt der Zukunft“, zu
    taufen, ist der blanke Hohn. Haï el Moustaqbal
    erkühnt sich gar nicht mehr zu hoffen. Auf seinen
    Horizonten lastet ein Fluch. Seine Zukunft geht vor Angst in die Knie. Das Viertel wirkt, als habe es
    gerade einen Nervenzusammenbruch hinter sich.
    Keine einzige Straßenlaterne, kein Gully. Ein ver-
    sehrtes Niemandsland, von den einen verleumdet,
    von den anderen verleugnet, ein Stück Erde, dem
    Untergang geweiht, wo der Mensch weder Indivi-
    duum noch Staatsbürger ist und in einem Klima
    völliger Apathie geboren wird und stirbt.
    Unsere Alarmglocke empfängt uns auf einer zum
    Beobachtungsposten umfunktionierten Dachterras-

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    se. Es ist ein hinfälliger Greis, der beschlossen hat, lieber dem Tod zu trotzen, als dieses Leben zu ertragen – einer jener anonymen Patrioten, die in-
    kognito die vom Fundamentalismus verseuchten
    Viertel durchstreifen und uns regelmäßig den Puls-
    schlag der Masse durchgeben.
    „Der Lieferwagen steht seit einer Stunde da“,
    empfängt er uns und weist mit knochigem Finger
    auf die Räuberhöhle.
    Ich taste mit dem Fernglas den Innenhof ab.
    „Und wer wohnt da?“
    „Der Besitzer ist letzten September ausgezogen.
    Einer seiner Söhne ist zur Zeit bei der Armee. Heu-
    te ist zum ersten Mal jemand da.“
    „Vielleicht der Besitzer“, mutmaßt Lino.
    „Der Wagen wurde um 16 Uhr von einem be-
    waffneten Mann auf der Küstenstraße gestohlen“,
    entgegnet der Patriot. „Ich habe das im Radio ge-
    hört.“
    Die Nacht legt sich immer dichter auf das Bruch-
    budenviertel. In Versteck „H“ sind keine Lichter
    angegangen. Die Geräusche werden seltener, die
    Gassen immer leerer. Ein Fuhrmann quält sein
    Maultier die Wagenspur entlang. Seine Flüche ge-
    hen unter im Ruf des Muezzins. Wir überwachen
    zwei Stunden lang die Umgebung. Kein Lebens-
    zeichen im Innenhof. Wir beschließen nachzuse-
    hen, was da los ist.
    Ewegh läuft zur Rückseite der Baracken. Lino
    und ich klettern über eine Leichtbetonmauer, um
    nicht durch den Innenhof zu müssen. Im Haus
    herrscht Grabesstille.
    Ich versuche mich an der Türklinke. Ihr

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