Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Commissaire-Llob 2 - Doppelweiß

Commissaire-Llob 2 - Doppelweiß

Titel: Commissaire-Llob 2 - Doppelweiß Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yasmina Khadra
Vom Netzwerk:
der ‚ganz normal aussieht und
    so groß ist wie ein Reklameschild’. Heißt Hakim
    Karach alias der Bosco.“
    Da macht es Peng. Meine flache Hand knallt ge-
    gen meine Stirn. Ich bin wirklich ein Vollidiot. Ich packe den Capitaine am Arm und zerre ihn hinter
    mir her, direkten Weges zur Haftanstalt von Ser-
    kadji, wo sich Alla Tej auf Kosten der Republik
    den Bauch vollschlägt und sich einen Teufel um
    unsere permanenten Umschuldungen schert und
    112
    die Restriktionen, die der Internationale Währungs-
    fonds uns auferlegt.
    Zelle 48 ist ein verfallenes Loch am Ende vom
    Gang zwischen der vergitterten Deckenleuchte und
    den Latrinen. Alla Tej sitzt fakirgleich mitten im
    Raum, die Hände auf den Knien und den Kopf im
    Nirwana. Auf den ersten Blick könnte man meinen,
    man hätte ihn mitten in einer Yoga-Sitzung über-
    rascht.
    „Er schmollt mit uns“, erklärt uns der Wärter und
    kratzt sich den Rücken mit seinem Gummiknüppel.
    „Er sagt, er sei klaustrophob und brauche Gesell-
    schaft. Am Anfang war er in Zelle 16. Und alle
    wollten zu ihm in die Sechzehn. Mit ihm wurde es
    nie langweilig. Wir mußten ihn schließlich in eine
    Einzelzelle verlegen, damit keiner neidisch wur-
    de“, schloß er mit der Weisheit eines Patriarchen.
    „Jetzt sind wir ja da, um ihm Gesellschaft zu leis-
    ten. Vielen Dank, du kannst gehen.“
    Der Wärter ist ein braver schwabbeliger Fleisch-
    berg mit einem sanften Mondgesicht. Sein Schnau-
    zer hängt ihm bis aufs Kinn, seine Arme sind täto-
    wiert und sein Hosenschlitz reicht bis zum Nabel
    hoch. Seine Stimme ist weich, und wenn er redet,
    zittert sein Bauch wie Wackelpudding.
    „Wenn Sie wollen“, erbietet er sich, „kann ich
    auch bleiben. Bei dieser Art von bougnoule* [* französisches Schimpfwort für Araber] weiß man nie. Die verstehen nur die Sprache des Knüppels.“
    Ich lächele ihm zu. Er versteht, daß ich seine
    Dienste nicht brauche, und macht sich davon, wo-
    bei er mit dem Knüppel gegen sein Bein schlägt.
    Mit der Fußspitze rüttle ich Alla Tej wach. Er

    113
    bewegt sich schwerfällig. Sein Gesicht verändert
    sich, als er mich wiedererkennt. Der Capitaine läßt sich auf den Strohsack fallen und schlägt die Beine übereinander. Seine Fingernägel kratzen zerstreut
    über das Leder seiner Tasche. Ich trete einen
    Schritt zurück und lehne mich an die Zellenwand.
    „Na, sind sie nicht nett zu dir?“
    Alla zuckt die Achseln.
    „Draußen hab ich mich wohler gefühlt.“
    Der Capitaine beginnt sich zu rühren. Er rollt das
    Foto von Hakim Karach zwischen den Fingern und
    schnipst es ihm zu. Das Foto flattert, kreiselt und landet direkt vor Alla.
    „Wir haben uns nichts mehr zu sagen. Ich habe
    gesagt, was ich weiß, und keine mildernden Um-
    stände gekriegt. Außerdem ist jetzt nicht mehr die
    Polizei für mich zuständig, sondern die Justiz. Ihr könnt euch die Mühe sparen, mich einzuschüchtern.“
    Wir antworten nicht, der Capitaine und ich. Alla
    wartet auf eine Reaktion, irgendein Zeichen, doch
    es kommt nichts. Unser Schweigen dauert an.
    „Glaubt nicht, daß ihr mich mit so was beein-
    druckt …“
    „…“
    Er schluckt unter dem undurchdringlichen Blick
    des Capitaine, versucht, dem meinen schönzutun.
    Vergeblich. Im Gang hört man den Wärter, der
    seinen Knüppel über die Gitter schleift. Ein Me-
    tallbehälter fällt hinten in der Abteilung um, ge-
    folgt von einem donnernden Fluch. Dann gewinnt
    das Schweigen wieder die Oberhand, unangenehm,
    lastend dehnt es sich in Zelle 48 aus. Alla zögert, 114
    gerät ins Wanken. Zaghaft gleitet seine Hand zu
    Boden, umkreist das Foto, zieht es mit einem Fin-
    ger heran.
    „Den Typen da hab ich noch nie gesehen“,
    schwindelt er, um das Gesicht zu wahren.
    „Das ist der Bosco.“
    „Kenn ich nicht.“
    „Mach’s nicht noch komplizierter. Wir sind alle
    kaputt. Bringt doch nichts, sich wie einen Esel zu-
    sammenprügeln zu lassen … Ist das der Bosco, von
    dem du mir erzählt hast, als ich das erste Mal bei
    dir war, um dir einen kleinen Deal vorzuschlagen?“
    Alla hält das Foto symbolisch näher ans Licht,
    das aus der Luke eindringt.
    „Und was ändert das für mich?“
    „Ich verspreche dir, ihn auf der Stelle zu dir in
    die Zelle zu sperren, sobald ich ihn geschnappt
    habe.“
    „Ja, das ist er.“
    „Hast du ihm Geld geschuldet?“
    „So war’s.“
    „Und Gaïds Bande, schuldete die ihm auch
    Geld?“
    „Daran würde er nicht mal im Traum denken.
    Der Bosco, das ist

Weitere Kostenlose Bücher