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Commissaire-Llob 3 - Herbst der Chimären

Commissaire-Llob 3 - Herbst der Chimären

Titel: Commissaire-Llob 3 - Herbst der Chimären Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yasmina Khadra
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Hirnwindungen stoße ich auf ihre Spur.
    »Malika«, hilft sie mir auf die Sprünge, erbost über meine Gedächtnislücke.
    Aber das bringt mich auch nicht voran. Ich mustere ihr verwaschenes Kleid, das auf der Schulter ungeschickt geflickt ist, ihre eingefallenen Wangen, ihren Mund, dem das Lachen längst vergangen sein dürfte, ihr rebellisches Haar, das ihr etwas Dämonisches verleiht, die Verzweiflung, die ihr aus jeder Pore strömt …
    »Die Bankaffäre von 1978«, seufzt sie. »Die beiden Leichen im Tresor.«
    Meine Hand schlägt kurz und heftig gegen die Stirn.
    »Malika Sobhi! Wie konnte ich das nur vergessen?«
    »Wie soll man sich auch erinnern bei all dem Chaos, das unseren Alltag aufmischt? Ist ja auch schon eine Ewigkeit her. Es war die Zeit der Revolutionen, der Hexenverfolgungen und der Hatz auf die Reaktionäre … Ich habe Sie trotzdem gleich erkannt«, konstatiert sie fingerschnipsend. »Stimmt, Sie sind etwas fülliger geworden, an den Schläfen etwas weiß überpudert, aber im großen und ganzen sind Sie unverändert.«
    »Ich muß zugeben, ich hatte nicht denselben scharfen Blick.«
    »Ist auch nicht dasselbe. Meine eigene Mutter muß zweimal hinsehen, um mich zu erkennen. Die Krankheit hat mich gezeichnet.« Sie klopft sich mit dem Finger an den Kopf. »Zwei Depressionen, zwei Jahre unter einem Dach mit den Verrückten. Ich bin nackt durch die Straßen gelaufen. Es war hart, sehr hart … Ich habe meinen Mann bei einem Attentat verloren und den größten Teil meines Verstandes in der Vereinigung der Terrorismusopfer, in der ich noch immer aktiv bin.«
    »Tut mir leid.«
    »Da sind Sie der einzige, das können Sie mir glauben. Wenn Sie wüßten, wie wir behandelt werden. Sie haben mich sogar geschlagen.« Sie schüttelt ihre Mähne über meine Arme, um mir eine Narbe am Kopf zu zeigen. »Sie haben gesagt, ich sei eine Agitatorin, Monsieur Llob. Sie haben versucht, es mir mit dem Gummiknüppel in den Schädel einzuhämmern.«
    Ein Kellner mit Krawatte nähert sich, entschuldigt sich höflich bei mir, packt die Frau unsanft am Arm und sagt: »Sie stören den Herrn. Wenn Sie sich bitte wieder an Ihren Tisch setzen wollen.«
    »Und Sie? Stören Sie vielleicht nicht?« schnauze ich ihn an.
    Er verhaspelt sich, schluckt krampfhaft seinen Speichel hinunter und erklärt: »Diese Frau belästigt ständig unsere Gäste, Monsieur.«
    »Ich bezahle alle meine Getränke«, protestiert Malika.
    »Ihr Geld interessiert uns nicht, Madame. Das hier ist ein Teesalon, keine Nachtbar.«
    Ich bitte ihn, es gutsein zu lassen. Er mustert gehässig die Frau, schüttelt den Kopf und legt den Rückwärtsgang ein.
    »Dieser Mistkerl«, schimpft Malika. »Der hält mich für bekloppt. Der hat keine Ahnung, daß in unserem Land jeder von heute auf morgen plötzlich ganz unten sein kann.«
    Ich nehme ihre Hände, um sie zu trösten.
    »Kann ich irgend etwas für Sie tun?«
    Ohne es zu beabsichtigen, habe ich offenbar einen höchst wunden Punkt berührt. Sie reißt entsetzt die Augen auf, bebt von Kopf bis Fuß. Ihre Wangenknochen, die ohnehin schon kantig sind, treten noch schärfer hervor.
    »Wie bitte? Was haben Sie da gerade gesagt?« Sie stößt meine Hände fort und steht polternd auf. »Ihr Scheißmitleid brauche ich nicht, Monsieur Llob. Ich habe nur jemanden zum Reden gesucht.«
    »Ich bitte Sie, verstehen Sie mich nicht falsch. Ich wollte Sie nicht kränken.«
    »Sind alle gleich!«
    »Hören Sie, Malika …«
    »Pfoten weg, dreckiger Bulle!«
    Der ganze Teesalon erstarrt in der Bewegung, um uns zu beobachten. Malika Sobhi ist jetzt weiter nichts als eine Jammergestalt mit struppiger Mähne, Schaum vor dem Mund und verdrehten Augäpfeln. Sie schleudert mir ihre Zigarette ins Gesicht, greift nach ihrer Handtasche und läuft davon.
    Ich versuche, sie einzuholen.
    Sie taucht in die Menge ein und ist verschwunden, ohne sich noch einmal umzudrehen.
    »Ich habe Ihnen doch gleich gesagt, daß die nicht richtig tickt«, schnaubt mir der Kellner in den Nacken, zufrieden, das letzte Wort gehabt zu haben.
     
    Ich bin ans Meer hinunter und habe zugesehen, wie es mit den Felsen kämpft, während die Möwen mit spitzen Schreien über der Gischt hinwegzischen. Die Wellen sind derart hysterisch, daß sie die Fischer zum Rückzug in Richtung alte Landungsbrücke zwingen. Der Strand ist überflutet, und in der Bucht tost es zum Fürchten.
    Ich weiß nicht, wieviel Zeit ich so herumgebracht habe, ehe ich ziel- und lustlos

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