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Commissaire-Llob 3 - Herbst der Chimären

Commissaire-Llob 3 - Herbst der Chimären

Titel: Commissaire-Llob 3 - Herbst der Chimären Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yasmina Khadra
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‚Ist uns ganz gleich, von wem ihr euer
    Vermögen habt. Nur nehmt sie, die kaputten Fabri-
    ken, baut ein Imperium auf! Euch stören die
    Trümmer? Kein Problem, wir fegen bis vor eure
    Tür. Alles, was wir wollen, ist Arbeit!’ Simsala-
    bim, so leicht geht das. Ein Kinderspiel.

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    Und während die Theoretiker woanders ihren
    Chimären nachjagen, brennt das Land. Die Feuer-
    wehrleute, die ihre Hilfe anbieten, sind in Wahrheit die Brandstifter selbst. Sie haben auf die richtige Karte gesetzt: den Fundamentalismus. Die Bruderschaft war einsatzbereit, stand Gewehr bei Fuß, tief frustriert und total indoktriniert. Gestern hat sie den Haß kultiviert, heute ist sie ein unterhaltsamer
    Zeitvertreib. Man bringt seinem Vater doch nicht
    bei, wie man Kinder macht!* [* Weitverbreitetes un-
    übersetzbares Wortspiel, das vom Gleichklang des französischen Wortes für „Sohn“ – fils – und der Abkürzung FIS für
    „Front Islamique du Salut“ („Islamische Heilsfront“) –
    lebt.] Die offizielle Zulassung der Parteien mit reli-giösem Charakter wurde mit dem ausschließlichen
    Ziel betrieben, den Aufstand zu legitimieren. Erst
    hat man die Islamistenbewegung in den Rang einer
    Prophezeiung erhoben, dann hat man sie wieder
    abserviert. Logisch, daß die Geprellten zu den
    Waffen gegriffen haben. Als erster der MIA** [**
    „Mouvement islamique armé – Bewaffnete islamische Bewegung“] , der bewaffnete Flügel des FIS. Dann der GIA*** [*** „Groupe islamique armé – Bewaffnete islamische Gruppe“] , die eiserne Faust des Vaters. Dieser Krieg ist weiter nichts als eine Baustelle, die die Polit- und Finanzmafia fröhlich unter sich aufteilt.
    Wenn sich ihr Imperium konsolidiert hat, wird sie
    mit den Fingern schnipsen – und wie im Traum
    kehrt wieder Ruhe ein. Und der arme Steuerzahler
    wird darüber so was von erleichtert sein, daß er für alle Zeiten die Lust an jeder Polemik verliert.“
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    Spricht’s, schiebt seinen Teller zurück und steht
    inmitten einer betäubenden Stille auf, holt seine
    Pfeife hervor und macht einen heroischen Abgang,
    ohne die Zuhörer auch nur eines Blickes zu würdi-
    gen.
    Drei Minuten lang sind wir sprachlos, fühlen uns
    schuldig, so wenig auf der Höhe dieses Monumen-
    tes an Intelligenz gewesen zu sein. Madame Baha
    Salahs Fingergelenke sind ganz milchig verfärbt,
    so heftig hat sie ihre Serviette gepreßt. Dine, der mir gegenüber sitzt, ringt vergeblich um Atem.
    Alle blicken einander an, und niemand wagt ein
    Wort zu sagen. Zuletzt bin ich es, der das erste
    Lebenszeichen von sich gibt, indem ich zwei
    Schluck Wasser trinke, die im abgrundtiefen
    Schweigen so laut in meiner Kehle dröhnen wie die
    zwei Bomben, die heute abend explodiert sind.
    „Phantastereien!“ ruft Kader Leuf vom Ende des
    Tisches.
    „Hmmm …“ brummt Baha Salah, „der hält sich
    wohl für den Nero der Weisheit.“
    „Goebbels hatte schon recht. Wenn einer nur ein
    Buch hervorzieht, sollte man gleich den Revolver
    ziehen“, spottet Haraj.
    „Zum Teufel, diese Intellektuellen! Halten sich
    für schlauer als alle und sind doch die ersten, die angeschmiert sind!“ bemerkt ein kräftiger Typ mit
    einer Stirn wie ein Rammbock. „Sei so gut, mein
    Lieber, und reich mir mal das Silbertablett.“
    „Man muß nur mal sehen, was für Leidensmie-

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    nen sie in den ausländischen Fernsehsendern zur
    Schau tragen, die Intellektuellen. Sühneopfer, de-
    nen nicht zu helfen ist. Sie haben Angst, schlafen
    schlecht, werden verfolgt, können ihr Auto nicht
    vom Parkplatz holen, man will sie umlegen, sie
    sind allein, sie schlagen sich an allen Fronten
    zugleich …“
    „Was man nicht alles für eine elende Aufent-
    haltsgenehmigung auf sich nehmen muß!“
    „Aber hallo!“ ergreift Amar Bouras das Wort:
    „Manche haben damit Erfolg. Ich kannte mal einen
    Schreiberling, der sich fürchterlich quälte, bis er einen Satz zu Papier gebracht hatte. Jetzt ist er ein großes Licht und staubt an jeder Straßenecke einen
    Literaturpreis ab.“
    „Mir scheint, die im Westen sind leicht plem-
    plem. Man muß ihnen nur erzählen, man sei zum
    Tode verurteilt, und schon fühlen sie sich schul-
    dig.“
    „Zum Tode verurteilt? Was soll das heißen, zum
    Tode verurteilt? Die armen Teufel, die auf der
    Landstraße, im Douar, unter den Augen ihrer Kin-
    der abgeschlachtet werden, waren die vielleicht
    zum Tode verurteilt?“
    „Astaghfirou Llah!* [* Arabisch: „Bitte Gott um Ver-gebung!“]“ seufzt

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