Commissaire-Llob 3 - Herbst der Chimären
Scheich Alem mit eingezogenem Hals.
„Hört mal zu, Leute!“ schimpft Baha Salah und
deutet mit ausladendem Gestus auf die Berge von
Lebensmitteln. „Wir sind zwar hier, um einen
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drauf zu machen, aber man soll’s nicht übertreiben.
Vergeßt jetzt bitte mal diese Hunde!“
„Und wenn sie noch so kläffen, die Karawane
zieht auf alle Fälle weiter“, ergänzt Haraj.
In spontaner Choreographie greifen Arme nach
Schüsseln, verwandeln Münder sich in dunkle Lö-
cher, ergießt sich eine Symphonie aus Gabelge-
klimper und Schmatzgeräuschen in den Saal.
„Der Lachs ist unsäglich saftig“, gluckst eine
scharfe Maid und leckt sich wollüstig die Finger.
„Madame Rym“, wirft ein blondgesträhnter
Playboy ein, „Ihre Crème Anglaise ist, mit Ver-
laub, einfach göttlich!“
„Queen Elizabeth hat sie höchstpersönlich für
mich zubereitet!“
Allgemeines Gelächter, und schon sind Doktor
Bendi, die Bomben und das Elend dieser Welt
wieder vergessen.
Madame Baha Salah nutzt das Stimmengewirr,
um sich auf leisen Sohlen davonzustehlen.
Meine Nachbarin zur Rechten forscht unter dem
Tisch nach meinem Bein.
„Essen Sie denn gar nichts, Monsieur Llob?“
„Ich denke an mein Übergewicht.“
Ihre Hand tätschelt mein Knie, wandert über
meinen Oberschenkel, verlustiert sich bergauf,
bergab. Ihre Kühnheit trifft mich ohne jede Vor-
warnung. Ihr gelassener Blick entwaffnet mich. Ich
erstarre. Sie nimmt das als stillschweigende Zu-
stimmung und setzt ihre Erkundung durch Regio-
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nen fort, die im allgemeinen tabu sind.
„Es ist zwecklos, sich weiter vorzuwagen, Ma-
dame. Mein Senkrechtstarter ist seit Urzeiten ein-
gerostet.“
„Ich bin sehr fingerfertig, wissen Sie? Ich krieg
das im Handumdrehen wieder hin.“
„Gewiß, aber es besteht keine Notwendigkeit.“
Sie zieht ihre Hand zurück, holt sie wieder nach
oben, auf den Tisch. Noch immer lächelnd sieht sie
mich lange an und gesteht mir zuletzt: „Sie sind
verteufelt sexy.“
„Sieht nur so aus, meine Liebe. In Wahrheit halte
ich’s mit der Melone: je mehr Bauch, desto weni-
ger Stiel.“
Damit werfe ich das Handtuch und stehe auf.
„Sie nehmen’s mir doch nicht übel, Madame?“
Madame zwinkert mir zu. Fair play.
Dine läuft mir schimpfend nach: „Du bist wirk-
lich unmöglich. Was ist denn jetzt schon wieder?
Kannst du nicht mal eine Sekunde lang stillsitzen?“
„Ich will nach Hause.“
„Verdammt, ich bin gerade dabei, ein Geschäft
einzufädeln.“
„Laß dich nicht stören. Ich nehme ein Taxi.“
„Kommt nicht in Frage. Wir sind zusammen her-
gekommen, wir werden zusammen wieder gehen.
Bitte sei kein Spielverderber, verdammt! Bei dir zu Hause bläst du doch nur wieder Trübsal. Laß mir
wenigstens noch ein Stündchen.“
„Eine halbe Stunde, Dine. Ich halt’s keine Minu-
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te länger hier aus.“
„Okay.“
„Gibt’s hier denn keine Ecke, in die ich mich so-
lange verkriechen könnte? Der Anblick dieses gol-
denen Packs ist die reinste Folter für mich.“
„Geh in die Bibliothek: den Gang runter, bis du
in eine Halle kommst. Dann gleich links. Da kannst
du dich abregen. Es gibt tolle Bücher, einen Rie-
senfernseher und ein Videogerät.“
Ich nicke und gehe bis zur Halle vor. Links führt
eine massive Polstertür in einen Saal von den
Ausmaßen einer Turnhalle. Er ist vollgestopft mit
Ledersofas, Silbergerätschaften und endlosen Re-
galen voller Bücher. Ich zünde mir eine Zigarette
an und halte Ausschau nach einem interessanten
Schriftsteller. Als ich mich gerade für Nagib Mach-
fus entscheide, höre ich ein Stöhnen. Ich drehe
mich um. Der Raum ist leer. Ein zweites Stöhnen
lenkt mich zu einer hinter der Hausbar versteckten
Tür. Ich gehe näher heran, werfe einen Blick durch
den offenen Türspalt und sehe jemanden in einem
Sessel sitzen, die Arme auf den Polsterlehnen, die
Beine ausgestreckt: Es ist Doktor Bendi, der Ma-
dame Baha Salah eine prachtvolle Erektion darbie-
tet. Sie legt ihm zu Füßen einen frenetischen Strip-tease hin und verpaßt ihm dabei eine Fellatio, bei
der einem Hören und Sehen vergeht.
Jetzt reicht’s mir wirklich.
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„Bist du neidisch, weil’s für mich so gut läuft, oder was?“ knurrt Dine, der wie ein Irrer fährt. „Ich
stand kurz davor, das Geschäft meines Lebens un-
ter Dach und Fach zu bringen.“
Ich lasse ihn wettern, soviel er will. Meinen Ge-
danken kommt mein Überdruß gerade
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