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Commissaire-Llob 3 - Herbst der Chimären

Commissaire-Llob 3 - Herbst der Chimären

Titel: Commissaire-Llob 3 - Herbst der Chimären Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yasmina Khadra
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alte Karre abgeholt habe. Mit einem
    Schatten drin, der sich vage bewegte. Ich habe
    nicht weiter darauf geachtet.
    Und jetzt ist er wieder da, der Wagen, an der E-
    cke ist er geparkt, mit zwei Reifen auf dem Geh-
    weg und zweien im Rinnstein.
    Ich verziehe mich ins erstbeste Café.
    „Kann man hier mal telefonieren?“ frage ich.
    „Die Post ist auf dem Platz draußen“, entgegnet
    der Inhaber.
    Er wienert wie wild den Tresen blank, direkt vor
    meiner Nase.
    „Sind Sie krank?“ fragt er mich.
    „Nicht direkt.“
    Er sieht mich von der Seite an: „Sie sind bleich,

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    und Ihre Hände zittern.“
    „Vielleicht eine Erkältung.“
    „Bei dieser Hitze?“
    Er traut mir nicht über den Weg. Kein Wunder,
    bei all den Bomben Marke Eigenbau, die manch
    einer gern gut getarnt unterm Tresen vergißt.
    Ein Hüne taucht im Türrahmen auf. Hinter seinen
    Rausschmeißer-Schultern verschwindet der Raum
    im Schatten. Im Schutz seiner Sonnenbrille wendet
    er den Kopf erst nach rechts, dann nach links, mus-
    tert mich eingehend und gibt dann die Tür wieder
    frei, wodurch sich ein ganzer Lichtschwall in den
    Raum ergießt.
    „Was darf es sein?“
    „Mineralwasser.“
    Ich erfrische mich unter dem immer ängstliche-
    ren Blick des Inhabers, bezahle und setze meinen
    Weg fort.
    Draußen wimmelt es nur so von Menschen. Der
    rote Wagen hat sich in Luft aufgelöst.

    Zwei Tage später liegt er wieder auf der Lauer, am
    Boulevard Mohamed V. Gerade beschließe ich, der
    Geschichte ein für allemal auf den Grund zu gehen,
    da verschwindet er mit lautem Getöse um die
    nächste Kurve.
    Das Spielchen dauert eine Woche an. Offensicht-
    lich möchte man auffallen. Ein roter Wagen, im-
    mer derselbe, immer so geparkt, daß man ihn nicht
    übersehen kann … Man will mir Angst einjagen.
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    Wollte man mich umlegen, würde man es anders
    anstellen.
    Am achten Tag kreuzt er in meinem Rückspiegel
    auf. Diesmal ist es zuviel. Ich fahre in eine Vor-
    stadtsiedlung, lasse meine Karre in einem Hinter-
    hof stehen, verschwinde in einem Hochhaus und
    gelange auf der gegenüberliegenden Seite durch
    den Notausgang wieder ins Freie. Ich umrunde
    zwei Wohnblocks und pirsche mich von hinten an.
    Der rote Wagen steht in einer menschenleeren
    Seitenstraße, zweihundert Meter von meinem ent-
    fernt. Ich schleiche auf Zehenspitzen näher, immer
    eng an der Mauer entlang, die Hand unter der Ja-
    cke.
    „Keine Bewegung!“ brülle ich und reiße die Fah-
    rertür auf, die Pistole im Anschlag.
    Der Typ rührt sich nicht. Er ist über dem Lenkrad
    zusammengesunken, mit hängenden Armen und
    hervorquellenden Augen. Jemand ist mir zuvorge-
    kommen, hat ihm den Hals umgedreht.

    Am selben Abend stolpere ich, verstört vom Lauf
    der Ereignisse, über einen jungen Mann auf mei-
    nem Treppenabsatz. Er ist schmutzig und zerlumpt,
    hat ein Faunsgesicht und einen Dreitagebart. Ich
    habe ihn nie zuvor hier in der Umgebung gesehen.
    Ohne lang zu überlegen, stürze ich auf ihn und
    drücke ihm meine 9mm-Pistole gegen die Schläfe.
    „Onkel Brahim!“ schreit Fouroulou und kommt
    die Treppe heruntergerast. „Das ist mein Cousin.

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    Er ist ein bißchen zurückgeblieben.“
    Da ist er, so will mir fast scheinen, nicht der einzige.
    Ich lasse ihn laufen und verkrieche mich in mei-
    nem Bau.

    9

    Seit einer Stunde sitze ich schon hier und beobach-
    te durch die Fensterfront eines Teesalons die
    schlafwandelnde Menschenmenge, die um die
    Hauptpost herum wogt, ohne auch nur ein bekann-
    tes Gesicht zu entdecken. Die Leute kommen und
    gehen in heftigen Brandungswellen und merken
    gar nicht, daß sie einander anrempeln. In ihrem
    Blick, dem Blick von Schiffbrüchigen, taucht nicht
    die kleinste Insel auf. Die Gefahr, die ihnen schon hinter der nächsten Biegung auflauern kann,
    scheint sie nicht im mindesten zu beunruhigen.
    Letzte Woche ist hundert Meter von hier eine Au-
    tobombe hochgegangen. Die zerfetzten Körper
    konnte man hinterher mit der Handschaufel aufle-
    sen. Kaum waren die Feuerwehrsirenen verstummt,
    ging das Leben weiter, als wäre nichts passiert.
    Wenn der Tod erst einmal zum Alltag gehört, wird
    er zur Randerscheinung unter Randerscheinungen.
    Verdächtig wirkt allenfalls die Ruhe, die auf ihn
    folgt.
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    Mir gegenüber sitzt eine grellgeschminkte Dame
    und macht mir schöne Augen. Sie klammert sich
    an ihr Glas Zitronenlimonade, als wär’s das Leben
    selbst, doch auf ihrem Gesicht ist eine Falte, die
    nicht täuscht. Diese Frau ist

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