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Commissaire-Llob 3 - Herbst der Chimären

Commissaire-Llob 3 - Herbst der Chimären

Titel: Commissaire-Llob 3 - Herbst der Chimären Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yasmina Khadra
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abhängen zu lassen – umsonst. Er muß alle
    hundert Meter eine Pause machen, um wieder zu
    Kräften zu kommen. „Und da redest du von Erho-
    lung!“ japst er.
    „Ist anstrengend, tut aber gut.“
    „Kannst du mir mal helfen?“
    Ich strecke ihm meinen Stock hin und ziehe ihn
    daran zu mir hoch.
    „Noch eine winzige Anstrengung. Der Ausblick
    ist die Mühe wert.“
    Er läßt sich mir direkt vor die Füße fallen, mit
    aufgelöster Miene, ausgedörrter Kehle. „Reich mir
    mal deine Flasche. Ich brenne inwendig noch aus.“
    Ich lasse mich neben ihn zu Boden gleiten.
    Links von uns liegt der Obstgarten, in dem wir

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    Lausebengel regelmäßig unsere Streifzüge unter-
    nahmen, so behende, daß keiner uns je zu fassen
    bekam. Heute ist er ein Schatten der Legenden, die
    wir um ihn rankten. Sein Schweigen ist das eines
    Friedhofs. Seine Spatzen sind längst auf und da-
    von. Und selbst die Esel wagen sich heute nicht
    mehr hierher. Damals war der ganze Hügel zur Zeit
    der Mandelbaumblüte bis an die Pforten des Hori-
    zonts wie mit Schnee überzogen.
    Auch Arezki betrachtet still, was vom alten
    Obstgarten übrig ist: verkrümmte, mickrige Bäu-
    me, die ihre Äste in verzweifeltem Gebet gen
    Himmel recken.
    „Erinnerst du dich noch, wie du einmal wie ein
    Wilder da bergab gesaust bist, auf der Flucht vor
    dem Wächter?“
    Arezki schaudert leise und kauert sich zusam-
    men.
    „Normalerweise hat er ein Auge zugedrückt. Er
    ließ mich immer in Ruhe.“
    „Um das Lämmchen anzulocken, es in Vertrauen
    zu wiegen. Wenn du mich fragst, dann hat ihn der
    Wind, der die Gandoura über deinem drallen Popo
    hochgeweht hat, auf krumme Gedanken gebracht.“
    Arezki schüttelt verlegen den Kopf. Er war schon
    immer sehr schamhaft. Meine Unverblümtheit ge-
    niert ihn.
    „Weißt du, warum es zu stinken beginnt, sobald
    du nur den Mund aufmachst?“
    „Weil mein Verstand im A… ist.“
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    „Du hast es erfaßt.“
    Ich lache. „Ich habe keinen Hasen je so schnell
    fortsausen gesehen.“
    „Naja!“
    Arezki greift nach einem trockenen Zweig, zer-
    bricht ihn zwischen den Fingern. Sein Mund läßt
    sich zur Andeutung eines rätselhaften Lächeln her-
    bei. Mit meinem Stock wühle ich in einem Haufen
    herum und schrecke ein Heer von Kleinstgetier auf.
    Am Fuß des Erdhügels hat der Fluß tiefe Furchen
    in den Boden gegraben. Die Kieselsteine erinnern
    an fossile Eingeweide. Einst kamen die Frauen in
    Scharen hierher, um ihre Wäsche zu waschen. Das
    Wasser sprudelte in Kaskaden vom Berg herunter
    und verlief sich fern in der Ebene. Das Schilf stand dichtgedrängt am Ufer, um den Oleander zu beeindrucken. Stellenweise war der Fluß richtig tief. Wir planschten nach Herzenslust drin herum, in einem
    Aquarell aus Zurufen und funkelnden Spritzern.
    Manchmal taten wir so, als würden wir ertrinken,
    um unsere jungen Hunde jaulen und aufgeregt auf
    der Böschung hin und her springen zu sehen, ehe
    sie es wagten, sich uns in tollkühnen Kopfsprüngen
    zuzugesellen. Ich selber schwamm eher selten. Ich
    zog es vor, mich im Schilf zu verstecken und stun-
    denlang Lounja zuzusehen, wie sie bis zu den
    Knien im Wasser stand, während ihr Haar sich als
    goldener Strom über ihren Rücken ergoß und ihr
    nasses Kleid ihr auf der Haut klebte und die kei-
    menden Brüste erkennen ließ, die schön wie zwei

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    gekräuselte Sonnen waren.
    „An dieser Stelle habe ich meine allererste Lein-
    wand bemalt“, erinnert sich Arezki. „Mit bunten
    Kreideresten, die ich in Milch getaucht hatte. Mei-
    ne Mutter hätte mich fast erwürgt, als sie sah, was ich mit dem einzigen Bettlaken, das sie besaß, angestellt habe.“
    „Du warst schon damals ein Genie.“
    Ein Traktor kommt die staubige Piste entlangge-
    tuckert. Er rumpelt unbeholfen die Fahrrinnen ent-
    lang, verschwindet hinter einem Wäldchen und
    taucht am Fuß der Anhöhe wieder auf. Der Bür-
    germeister bedankt sich beim Fahrer und springt
    mit geschultertem Karabiner herab. Das Gefährt
    macht stotternd kehrt und entfernt sich mit grotes-
    kem Geholper.
    „Ein schönes Paar seltener Vögel gebt ihr ab!“
    ruft der Bürgermeister uns zu.
    Er kommt trotz seiner sechzig Jahre behende den
    Hang heruntergeeilt und läßt sich uns gegenüber
    ins Gras fallen.
    Aldi Uld Ameur war Bauunternehmer, ehe die
    Kalifen der Apokalypse das Regiment an sich ris-
    sen. Eines Nachts haben vermummte Monster ohne
    Vorwarnung seinen Gerätepark in Brand gesetzt.
    Einige Wochen später

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