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Commissaire-Llob 3 - Herbst der Chimären

Commissaire-Llob 3 - Herbst der Chimären

Titel: Commissaire-Llob 3 - Herbst der Chimären Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yasmina Khadra
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kön-
    nen. Natürlich kommt es vor, daß wir Fehler ma-
    chen, aber doch aus Versehen, nicht aus Prinzip.
    Algerien ist nicht ganz im Lot. Aber wenn es hier
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    und da ins Straucheln gerät, heißt das doch nicht,
    daß es völlig ins Schleudern kommt. Es ist das
    Schicksal junger Nationen wie der unseren, die
    ihren Weg suchen, Rückschläge zu erleben,
    Mißgriffe zu tun. Aus seinen Fehlern kann man nur
    lernen. Auf diesem Weg sind die Großmächte zu
    dem geworden, was sie heute sind. Ihr Verdienst
    liegt darin, daß sie stark genug waren, Widrigkei-
    ten in den Griff zu bekommen, das Beste daraus zu
    machen …“
    Das Problem mit den Erbauern von Totempfäh-
    len liegt darin, daß sie felsenfest glauben, sie könnten mit einem einzigen Baumstamm den ganzen
    Wald verdecken und gleichzeitig noch die Wild-
    diebe abschrecken.
    „Monsieur …“
    „Schweigen Sie! Sie haben weder das Zeug zum
    Märtyrer noch sind Sie aus dem Stoff, aus dem die
    Helden sind, Kommissar. Sie sind nicht einmal so
    lächerlich wie Ihre eigenen Figuren. Wenn Sie der
    Meinung sind, wir würden eine klägliche Gestalt
    abgeben, dann flößen Sie uns doch ein wenig von
    Ihrer aufrechten Gesinnung ein, vielleicht hilft uns das auf die Beine und wieder in die Gänge. Unser
    Volk ist erschöpft, enttäuscht, orientierungslos. Es gefiele uns gar nicht, wenn unsere Elite nur aus
    Schwarzsehern bestünde. Was wir brauchen, ist ein
    guter Stern, an den wir glauben, in dessen Licht
    wir unseren Weg gehen können. Miesmacherei ist
    nicht das, was uns derzeit begeistert. Das Stim-

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    mungsbarometer verlangt nach anderem.“
    Plötzlich merkt er, daß sich mein Buch in seinen
    Händen schon halb aufgelöst hat, wackelt mit dem
    Haupt, wie das ein Sultan angesichts seiner un-
    dankbaren Eunuchen tut und fällt plötzlich in sich
    zusammen: „Es schmerzt mich für Sie, Kommissar
    … Monsieur le Délégué hat mich auch noch beauf-
    tragt, Sie in Kenntnis zu setzen, daß Sie sich ab
    heute im vorgezogenen Ruhestand befinden …
    Und jetzt gehen Sie mir aus den Augen.“
    Ein schizophrener Chef rechtfertigt noch lange
    keinen Aufstand, und so schlage ich die Hacken
    zusammen, mache auf dem Absatz kehrt und schi-
    cke mich an zu gehen.
    „Kommissar!“
    Ich wende mich um.
    Er drückt mir den Finger aufs Brustbein: „Da
    gibt’s ein Sprichwort: Willst du voran, zieh nicht
    zu großes Schuhwerk an.“
    „Stammt von mir.“
    Er macht ein Gesicht, als wäre ich ihm auf den
    kleinen Zeh getreten.

    4

    Ich war schon auf der Rue Larbi Ben M’hidi ange-
    langt, als mir einfiel, daß ich mein Auto auf dem
    Parkplatz der Délégation vergessen hatte. Ich habe
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    ein Taxi konfisziert und bin nochmal zurückfahren.
    Erst als ich hinterm Steuer sitze, kommt mir mei-
    ne Einsamkeit in vollem Ausmaß zu Bewußtsein.
    Mina und die Kinder sind noch immer in Béjaïa,
    und die paar Freunde, die ich habe, haben mit sich
    selber genug zu tun. In meiner wachsenden Ver-
    zagtheit finde ich nicht den Mut, ins Büro zurück-
    zukehren und meine Sachen abzuholen. Schlagartig
    kommt mir Algier so unergründlich wie eine Paral-
    lelwelt vor.
    So gebe ich Gas und fahre drauflos, immer wei-
    ter, durch die Gluthitze der Straßen, mit leerem
    Blick, hohlem Kopf, taub für das Getöse rundum,
    nicht wissend woher noch wohin.
    „Bist du farbenblind oder was, du Idiot?“ brüllt
    ein LKW-Fahrer mich an und zeigt auf eine Am-
    pel, die längst auf Grün umgesprungen ist.
    Seine Stimme dringt tausendfach gefiltert zu mir
    durch. Ich verheddere mich mit dem Schaltknüp-
    pel, würge mehrfach hintereinander den Motor ab.
    Als ich durchstarten will, springt die Ampel gerade wieder auf Rot. Ich fahre mit aufheulendem Motor
    los, löse ein schrilles Hupkonzert und eine gräßli-
    che Lawine von Flüchen aus … Willst du voran,
    zieh nicht zu großes Schuhwerk an! sagt die Stimme in meinem Kopf … Ich habe dich oft genug
    gewarnt, näselt eine andere … Schweigen Sie …
    Die Stimmen jagen einander, überschlagen sich,
    belagern mich, hämmern auf meine Schläfen ein,
    gehen mir durch Mark und Bein … Wenn man dich

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    so hört, könnte man meinen, es handle sich um
    meinen Totenschein … Ziemlich gut getroffen …
    Monsieur le Délégué hat mich beauftragt … wie
    sehr … angewidert …
    Meine Reifen quietschen: Ich wache auf, zwei
    Zentimeter vor meiner Stoßstange eine Frau, die
    mich aus riesigen Augen anschaut und schleunigst
    über die Straße läuft, ihre

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