Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Commissario Montalbano 02 - Der Hund aus Terracotta

Commissario Montalbano 02 - Der Hund aus Terracotta

Titel: Commissario Montalbano 02 - Der Hund aus Terracotta Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Camilleri
Vom Netzwerk:
höchstwahrscheinlich nicht in der Lage sein, wie vereinbart morgen früh zu Ihnen zu kommen. Gesetzt den Fall – was sehr wahrscheinlich ist –, daß die Sitzung des Parteivorstands in Montelusa, zu der ich mich begeben werde, sobald ich diesen Brief beendet habe, auf einen Mißerfolg meiner Thesen hinausläuft, halte ich es für meine Pflicht, nach Palermo zu fahren, um Geist und Gewissen jener Kameraden aufzurütteln, die innerhalb der Partei wirklich entscheidende Ämter bekleiden. Ich bin auch bereit, nach Rom zu fliegen und den Segretario Nazionale um Audienz zu bitten. Sollten diese meine Vorhaben verwirklicht werden müssen, würde sich unser Treffen etwas verschieben, ich bitte Sie daher um Entschuldigung, wenn ich Ihnen das, was ich Ihnen mündlich und persönlich sagen wollte, nun schriftlich mitteile. Wie Sie sich gewiß erinnern, kam ich am Tag nach dem merkwürdigen Diebstahl, der vielleicht gar keiner war, im Supermarkt spontan ins Kommissariat, um zu berichten, was ich zufällig gesehen hatte, nämlich mehrere Männer, die – obzwar zu ungewohnter Stunde – in aller Ruhe bei voller Beleuchtung und unter der Aufsicht einer Person in Uniform, die ich für die Uniform des Nachtwächters hielt, arbeiteten. Niemandem wäre im Vorbeifahren etwas Ungewöhnliches an dieser Szene aufgefallen: Hätte ich selbst etwas Außergewöhnliches bemerkt, hätte ich umgehend die Polizei informiert.
    In der Nacht nach meiner Zeugenaussage konnte ich kein Auge zutun, weil mich die Diskussionen mit einigen Kameraden furchtbar aufgeregt hatten, und so kam ich auf den Gedanken, mir die Szene mit dem Diebstahl noch einmal in Erinnerung zu rufen. Erst da fiel mir etwas ein, das möglicherweise sehr wichtig ist. Als ich von Montelusa zurückfuhr, nahm ich, erregt wie ich war, die falsche Zufahrtsstraße nach Vigàta, die in jüngster Zeit durch eine Reihe unsinniger Einbahnregelungen verkompliziert wurde. So bog ich anstatt in die Via Granet in die alte Via Lincoln ein, weswegen ich mich plötzlich in der Gegenrichtung befand. Ich bemerkte meinen Fehler nach etwa fünfzig Metern, legte den Rückwärtsgang ein und fuhr bis auf die Höhe Vicolo Trupìa, wo ich rückwärts hätte einbiegen müssen, um mich wieder in der richtigen Richtung zu befinden. Es war mir jedoch nicht möglich, in die Gasse einzubiegen, weil ich dieselbe buchstäblich blockiert vorfand, und zwar durch einen großen Wagen vom Typ »Ulisse« – für den in diesen Tagen schon umfangreich geworben wurde, der jedoch, abgesehen von wenigen Exemplaren, noch nicht zum Verkauf stand – mit dem Kennzeichen Montelusa 328280. So blieb mir nichts anderes übrig, als weiterhin gegen die Straßenverkehrsordnung zu verstoßen. Nach wenigen Metern kam ich zur Piazza Chiesa Vecchia, wo sich der Supermarkt befindet.
    Ich erspare Ihnen weitere Nachforschungen: Jener Wagen, übrigens der einzige seiner Art im Ort, gehört Signor Carmelo Ingrassia. Ingrassia wohnt in Monte Ducale, was hatte da sein Wagen ein paar Schritte vom Supermarkt – ebenfalls Ingrassias Eigentum –, der offenbar inzwischen ausgeräumt wurde, verloren? Die Antwort überlasse ich Ihnen.
    Ihr ergebenster
    Cav. Gerlando Misuraca
    »Hättest du mir das doch gleich gesagt, Cavaliere!« war Montalbanos einziger Kommentar, als er mißgelaunt den Brief ansah, den er auf den Tisch im Eßzimmer gelegt hatte. An Essen war jetzt nicht mehr zu denken. Er öffnete den Kühlschrank nur, um der Kochkunst seiner Haushälterin betrübt die Ehre zu erweisen, und Ehre verdiente sie, denn sogleich stieg ihm der betörende Duft von polipetti affogati in die Nase. Er machte den Kühlschrank wieder zu, er konnte einfach nicht, sein Magen war wie zugeschnürt. Er zog sich aus und wanderte, nackt wie er war, am Ufer entlang, um diese Zeit war da keine Menschenseele. Er war weder hungrig noch müde. Gegen vier Uhr morgens sprang er ins eiskalte Wasser, schwamm lange und ging dann nach Hause zurück. Als er merkte, daß er einen Steifen hatte, mußte er lachen. Er beschloß, mit ihm zu reden und ihn zur Vernunft zu bringen.
    »Du brauchst dir gar keine Mühe zu geben.«
    Der Steife flüsterte ihm ein, daß ihm ein Anruf bei Livia, der nackten, schlafwarmen Livia im Bett, vielleicht guttun würde.
    »Du bist ein Idiot und redest dummes Zeug. Das ist doch was für kleine Wichser.«
    Beleidigt zog sich der Steife zurück. Montalbano schlüpfte in eine Unterhose, legte sich ein trockenes Handtuch über die Schultern, nahm einen

Weitere Kostenlose Bücher