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Commissario Montalbano 02 - Der Hund aus Terracotta

Commissario Montalbano 02 - Der Hund aus Terracotta

Titel: Commissario Montalbano 02 - Der Hund aus Terracotta Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Camilleri
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lag, dann brach ihm der Schweiß aus, seine Hände begannen zu zittern, es wurde ihm eiskalt, sein Magen fühlte sich an wie durchbohrt.
    Unter dem Leintuch, mit dem er zugedeckt war, kam ihm Tanos Körper verkürzt vor, kleiner als er ihn in Erinnerung hatte. Seine Arme lagen an der Seite, der rechte war dick verbunden. Aus der Nase, die fast durchscheinend war, kamen dünne Sauerstoffschläuche heraus, das Gesicht wirkte künstlich wie das einer Wachspuppe. Der Commissario wäre am liebsten auf und davon, aber er nahm sich zusammen, holte einen Stuhl und setzte sich neben den Sterbenden, der die Augen geschlossen hielt, als schliefe er.
    »Tano? Tano! Ich bin's, Commissario Montalbano.«
    Der andere reagierte sofort, riß die Augen auf, machte Anstalten, sich halb im Bett aufzusetzen, wie ein schon lange gehetztes Tier, das instinktiv hochschnellt. Dann heftete er seinen Blick auf den Commissario, und die Spannung in seinem Körper ließ spürbar nach.
    »Sie wollten mich sprechen?«
    Tano nickte und deutete ein Lächeln an. Er sprach schleppend, mit großer Mühe.
    »Jetzt haben sie mich also doch noch von der Straße abgedrängt.«
    Er bezog sich auf das Gespräch in dem kleinen Haus, und Montalbano wußte nicht, was er sagen sollte.
    »Kommen Sie näher.«
    Montalbano erhob sich von seinem Stuhl und beugte sich über ihn.
    »Noch näher.«
    Der Commissario neigte sich so weit hinunter, daß er mit seinem Ohr Tanos Mund berührte; sein scharfer Atem flößte ihm Ekel ein. Und dann sagte Tano ihm mit klarem Verstand und sehr genau, was er ihm zu sagen hatte. Doch das Sprechen hatte ihn angestrengt, er schloß die Augen wieder, und Montalbano wußte nicht, was er tun sollte, ob er gehen oder noch eine Weile bleiben sollte. Er beschloß, sich wieder hinzusetzen, und Tano sagte mit belegter Stimme noch etwas. Der Commissario stand wieder auf und beugte sich über den Sterbenden.
    »Was haben Sie gesagt?«
    »Ich habe Angst.«
    Er fürchtete sich, und jetzt, in diesem Zustand, hatte er keine Scheu, es zu sagen. War das Mitleid, diese plötzliche Welle von Wärme, dieser Stich im Herzen, dieses quälende Gefühl? Montalbano legte Tano eine Hand auf die Stirn, das Du kam ihm diesmal ganz spontan über die Lippen.
    »Du brauchst dich nicht zu schämen. Auch das macht dich zum Mann. Wir alle haben Angst, wenn es soweit ist. Leb wohl, Tano.«
    Er ging schnell hinaus und schloß die Tür hinter sich. Jetzt standen außer dem Questore und den Beamten auch De Dominicis und Sciacchitano auf dem Flur. Sie liefen ihm entgegen.
    »Was hat er gesagt?« fragte De Dominicis begierig.
    »Nichts, er konnte mir nichts mehr sagen. Er wollte offenbar, aber er hat es nicht geschafft. Er stirbt.«
    »Na ja«, meinte Sciacchitano zweifelnd.
    Ganz ruhig legte Montalbano ihm eine Hand auf die Brust und stieß ihn dann grob von sich. Der andere wich verblüfft drei Schritte zurück.
    »Bleib, wo du bist, komm mir ja nicht näher«, zischte ihn der Commissario an.
    »Schluß jetzt, Montalbano«, griff der Questore schlichtend ein.
    De Dominicis schien die Sache zwischen den beiden nicht sehr wichtig zu nehmen.
    »Wer weiß, was er Ihnen erzählen wollte«, hakte er nach und sah Montalbano forschend an, als wollte er sagen: Du lügst.
    »Ich kann ja mal raten, wenn es Ihnen Spaß macht«, erwiderte der Commissario grob.
    Bevor er das Krankenhaus verließ, kippte Montalbano in der Bar einen doppelten J&B pur. Sie machten sich auf den Weg nach Montelusa, und der Commissario rechnete damit, daß er gegen halb sieben wieder in Vigàta sein würde, die Verabredung mit Ingrid konnte er also einhalten.
    »Er hat geredet, nicht wahr?« fragte der Questore ruhig.
    »Ja.«
    »Etwas Wichtiges?«
    »Ich denke schon.«
    »Warum wollte er ausgerechnet mit Ihnen reden?«
    »Er hat versprochen, mir ein persönliches Geschenk zu machen, weil ich mich während der ganzen Geschichte ihm gegenüber fair verhalten habe.«
    »Ich höre.«
    Montalbano berichtete alles, und als er fertig war, wurde der Questore nachdenklich. Dann seufzte er.
    »Kümmern Sie sich um alles, zusammen mit Ihren Leuten. Es ist besser, wenn niemand etwas erfährt. Nicht mal in der Questura dürfen sie etwas erfahren: Sie haben es ja gerade gesehen – Maulwürfe gibt's überall.«
    Spürbar fiel er wieder in die Mißstimmung, die ihn schon auf der Hinfahrt ergriffen hatte.
    »So weit ist es mit uns gekommen!« sagte er wütend.
    Auf halbem Weg klingelte sein Handy. »Ja?« sagte der

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