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Commissario Montalbano 02 - Der Hund aus Terracotta

Commissario Montalbano 02 - Der Hund aus Terracotta

Titel: Commissario Montalbano 02 - Der Hund aus Terracotta Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Camilleri
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der Rückbank seines Autos und zog ein Hemd und ein Paar Jeans von sich heraus.
    »Zieh das hier an.«
    Während Ingrid sich umzog, ging er auf die Suche nach einer tragbaren Lampe, wie man sie in Werkstätten benutzt, fand sie auf der Werkbank und schloß sie an. Wortlos nahm Ingrid die Lampe, einen Engländer und einen Schraubenzieher und schlüpfte unter das gestauchte Chassis des Cinquecento. Sie brauchte nur etwa zehn Minuten. Staubig und voller Schmieröl kam sie wieder unter dem Auto hervor.
    »Glück gehabt. Die Bremsleitung wurde teilweise gekappt, das steht fest.«
    »Was heißt teilweise?«
    »Daß sie nicht ganz durchgeschnitten wurde, sie haben gerade soviel gelassen, daß er nicht sofort einen Unfall baute. Aber beim ersten kräftigeren Zug mußte das Seil auf jeden Fall reißen.«
    »Bist du sicher, daß es nicht von allein gerissen ist? Das Auto war alt.«
    »Der Schnitt ist zu sauber. Da ist nichts ausgefranst oder zumindest nur an einer winzigen Stelle.«
    »Jetzt hör gut zu«, sagte Montalbano. »Der Mann, der am Steuer saß, fuhr von Vigàta nach Montelusa, blieb eine Weile dort und kehrte dann nach Vigàta zurück. Der Unfall passierte auf der abschüssigen Strecke, kurz bevor man in den Ort hineinfährt, auf der Catena. Er ist mit einem Lastwagen zusammengeprallt und darunter steckengeblieben. Alles klar?«
    »Alles klar.«
    »Und jetzt frage ich dich: Wo haben sie dieses kleine Werk deiner Meinung nach vollbracht, in Vigàta oder in Montelusa?«
    »In Montelusa«, sagte Ingrid. »Wenn sie es in Vigàta gemacht hätten, hätte es ihn schon lange vorher erwischt, bestimmt. Willst du sonst noch was wissen?«
    »Nein. Vielen Dank.«
    Ingrid zog sich nicht um, sie wusch sich nicht einmal die Hände.
    »Das mache ich bei dir zu Haus.«
    An der Bar stieg Ingrid aus, holte ihr Auto und folgte dem Commissario. Es war ein lauer Abend und noch nicht Mitternacht.
    »Willst du duschen?«
    »Nein, ich gehe lieber schwimmen, danach vielleicht.«
    Sie zog Montalbanos dreckige Klamotten und ihren Slip aus: Der Commissario mußte sich ganz schön am Riemen reißen, gleichzeitig in die ungeliebte Rolle des geistigen Beraters zu schlüpfen.
    »Los, zieh dich aus, geh mit!«
    »Nein. Ich schau' dir lieber von der Veranda aus zu.«
    Der Vollmond machte fast zuviel Licht. Montalbano lag im Liegestuhl und genoß den Anblick von Ingrids Silhouette; sie lief ans Meer und begann dann mit ausgebreiteten Armen tänzelnd im kalten Wasser herumzuhüpfen. Er sah, wie sie hineintauchte, folgte mit dem Blick noch eine Weile dem kleinen schwarzen Punkt, der ihr Kopf war, und schlief dann plötzlich ein.
    Als er aufwachte, dämmerte schon der Morgen. Ein wenig fröstelnd erhob er sich, machte Kaffee und trank drei Tassen hintereinander. Ingrid hatte, bevor sie gegangen war, alles saubergemacht, keine Spur war mehr von ihr zu sehen. Sie war wirklich Gold wert: Sie hatte getan, worum er sie gebeten hatte, und keinerlei Erklärung dafür verlangt. Was die Neugierde anging, war sie jedenfalls nicht sehr weiblich. Aber auch nur in diesem Punkt. Er verspürte leisen Appetit und öffnete den Kühlschrank: Die milinciane alla parmigiana, die er mittags nicht gegessen hatte, waren weg, die hatte Ingrid sich stibitzt. Er mußte sich mit einem Stück Brot und einem formaggino zufriedengeben, aber das war besser als gar nichts. Er duschte und zog die Klamotten an, die er Ingrid geliehen hatte; sie dufteten noch ganz leicht nach ihr.
    Wie immer kam er zehn Minuten zu spät ins Kommissariat: Seine Leute standen schon mit einem Dienstwagen und dem von der Firma Vinti geliehenen Jeep voller Schaufeln, Pickel, Hacken und Spaten bereit; sie sahen aus wie Tagelöhner, die sich auf den Weg machten, um auf dem Feld ihr Brot zu verdienen.
    Der Crasto, der sich selbst nicht mal im Traum für einen Berg halten würde, war ein ziemlich kahler Hügel, erhob sich westlich von Vigàta und war keine fünfhundert Meter vom Meer entfernt. Mitten hindurch führte ein Tunnel, der jetzt mit Holzbrettern verschlossen war; der Tunnel sollte Teil einer Straße sein, die aus dem Nichts kam und ins Nichts führte – sehr nützlich für die Schöpfung nichtgeometrischer tangenti (Schmiergelder. Sie hieß in der Tat Tangenziale. Einer Legende nach verbarg sich im Berginneren ein crasto, ein Widder, aus massivem Gold. Die Tunnelarbeiter hatten ihn nicht gefunden, dafür aber diejenigen, die den Auftrag ausgeschrieben hatten. Am Berg klebte, auf der dem Meer abgewandten

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