Commissario Montalbano 02 - Der Hund aus Terracotta
kann. Wie dem auch
sei, sagen Sie mir Bescheid, wenn jemand auftaucht.
Buongiorno.«
»Buongiorno«, erwiderte Ingrassia und erhob sich. Er war
schweißnaß, seine Hose klebte ihm am Hintern.
Fazio erschien ganz aufgeregt in einer funkelnagelneuen
Uniform.
»Da bin ich«, sagte er.
»Und der Papst ist in Rom.«
»Schon gut, Commissario, ich verstehe, heute ist nicht Ihr
Tag.«
Er war schon auf dem Weg nach draußen, blieb aber in
der Tür stehen.
»Dottore Augello hat angerufen, er sagt, er hat furchtbar
Zahnweh und kommt nur, wenn es unbedingt sein muß.«
»Sag mal, weißt du, wo die Trümmer von Cavaliere
Misuracas Cinquecento hingekommen sind?«
»Ja, die sind noch hier, in unserer Werkstatt. Ich will
Ihnen was sagen: Das ist nur Neid.«
»Wovon redest du?«
»Von Dottore Augellos Zahnweh. Blanker Neid ist es.«
»Wen beneidet er denn?«
»Sie, weil Sie die Pressekonferenz machen und nicht er.
Außerdem ist er sauer, weil Sie ihm nicht sagen wollten, wie
der Mann heißt, den wir verhaftet haben.«
»Tust du mir einen Gefallen?«
» Sissi , ich verstehe, bin schon weg.«
Sobald Fazio die Tür hinter sich zugemacht hatte, wählte
Montalbano eine Nummer. Eine Frauenstimme antwortete, die
wie die Parodie auf die Synchronisation einer Schwarzen
klang, » Bronto ? Wer da? Wer denn da?«
Wo die Cardamones wohl ihre Hausmädchen herhaben?
überlegte Montalbano.
»Ist Signora Ingrid da?«
»Ja, aber wer da?«
»Ich bin Salvo Montalbano.«
»Du warten.«
Ingrids Stimme dagegen war identisch mit der Stimme,
die die italienische Synchronsprecherin Greta Garbo geliehen
hatte, und Schwedin war sie auch noch.
» Ciao , Salvo, wie geht's? Wir haben uns ja ewig nicht
gesehen.«
»Ich brauche deine Hilfe. Hast du heute abend Zeit?«
»Eigentlich nicht. Aber wenn es wichtig ist, lass' ich alles
sausen.«
»Es ist wichtig.«
»Also wo und wann?«
»Heute abend um neun, in Marinella in der Bar.«
Die Pressekonferenz erwies sich für Montalbano, was er ja
von vornherein gewußt hatte, als arge Blamage ohne Ende.
Aus Palermo war der Vicequestore De Dominicis von der
Antimafia gekommen, der sich rechts neben den Questore
setzte. Gebieterische Handzeichen und wilde Blicke nötigten
Montalbano, der im Publikum sitzen bleiben wollte, links von
seinem Chef Platz zu nehmen. Hinter ihnen, stehend, Fazio,
Germanà, Gallo und Galluzzo. Der Questore machte den
Anfang und nannte als allererstes den Namen des Verhafteten,
der Nummer eins in der zweiten Riege: Gaetano Bennici,
genannt Tano u Grecu, seit Jahren gesuchter mehrfacher
Mörder. Das schlug ein wie eine Bombe. Die zahlreichen
Journalisten – sogar vier Fernsehkameras waren da – sprangen
von ihren Stühlen auf und redeten durcheinander, so daß der
Questore Schwierigkeiten hatte, wieder für Ruhe zu sorgen. Er
sagte, die Verhaftung sei das Verdienst Commissario
Montalbanos, der mit Unterstützung seiner Leute – die er an
dieser Stelle namentlich vorstellte – geschickt und mutig eine
günstige Gelegenheit genutzt habe. Dann sprach De
Dominicis, der die Rolle von Tano u Grecu im Herzen der
Organisation erläuterte, eine Rolle zwar nicht in allererster,
aber doch in erster Reihe. Er setzte sich wieder, und
Montalbano begriff, daß er jetzt den Hunden zum Fraß
vorgeworfen worden war.
Es prasselte Fragen, schlimmer als die Garbe aus einer
Kalaschnikow. Gab es ein Feuergefecht? War Tano u Grecu
allein? Gab es unter den Einsatzkräften Verletzte? Was hat
Tano gesagt, als sie ihm die Handschellen anlegten? Schlief
Tano, oder war er wach? War eine Frau bei ihm? Ein Hund?
Stimmte es, daß er Drogen nahm? Wie viele Morde hatte er
begangen? Wie war er gekleidet? War er nackt? Stimmte es,
daß Tano Fan des AC Mailand war? Daß er ein Foto von
Ornella Muti bei sich hatte? Könne er erklären, was das für
eine günstige Gelegenheit war, die der Questore erwähnt
hatte?
Montalbano plagte sich sehr mit den Antworten und
begriff immer weniger von dem, was er sagte.
Gott sei Dank ist das Fernsehen da, dachte er. Dann kann
ich mich nachher sehen und weiß, was ich für einen Mist von
mir gegeben habe.
Und dann, um alles noch komplizierter zu machen, war
da noch der bewundernde Blick der Inspektorin Anna Ferrara,
die ihn nicht aus den Augen ließ.
Einer versuchte schließlich Montalbano aus dem
Treibsand, in dem dieser zu versinken drohte, rauszuholen –
der Journalist Nicolò Zito von »Retelibera«, der
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