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Commissario Montalbano 02 - Der Hund aus Terracotta

Commissario Montalbano 02 - Der Hund aus Terracotta

Titel: Commissario Montalbano 02 - Der Hund aus Terracotta Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Camilleri
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Aufschrift der Polizei, sondern
    das Kennzeichen der Mietautos, und auf dem Fahrersitz saß
    ein Beamter in Zivil von der Questura in Montelusa, den
    Montalbano kannte. Kaum war er eingestiegen, sagte der
    Questore: »Tut mir leid, aber ich konnte Sie nicht vorher
    verständigen, Ihr Telefon war dauernd besetzt.«
    »Stimmt.«
    Er hätte die Telefonleitung natürlich von Amts wegen
    unterbrechen lassen können, aber das paßte nicht zu seiner
    freundlichen und diskreten Art. Montalbano erklärte ihm nicht,
    warum sein Telefon ihm keine Ruhe gegönnt hatte, das war
    jetzt unmöglich, er hatte seinen Chef noch nie so düster erlebt,
    er sah abgespannt aus, sein Mund war maskenhaft verzerrt.

    Etwa eine Dreiviertelstunde, nachdem sie in die Straße
    eingebogen waren, die von Montelusa nach Palermo führt –
    und der Fahrer fuhr sehr schnell –, sah der Commissario auf
    die Landschaft seiner Insel hinaus, die er am liebsten hatte.
    »Findest du es hier wirklich schön?« hatte Livia ihn vor
    ein paar Jahren ungläubig gefragt, als er ihr diese Gegend
    zeigte.
    Karge Anhöhen, fast wie riesige Hügelgräber, die nur von
    trockenem gelbem Stoppelgras überwachsen und von den
    Menschen irgendwann sich selbst überlassen worden waren,
    weil die Trockenheit, die Hitze oder einfach die Erschöpfung
    in einem von vornherein verlorenen Kampf die Oberhand
    gewonnen hatten, ab und zu vom Grau fialenförmiger Felsen
    unterbrochen, sinnlos aus dem Nichts entstanden oder
    vielleicht vom Himmel gefallen, Stalaktiten oder Stalagmiten
    in dieser tiefen Höhle unter freiem Himmel, die Sizilien war.
    Die wenigen Häuser, alle nur ebenerdig, mit gekrümmten
    Mauern, trocken gemauerte Steinwürfel, standen schief, als
    hätten sie mit viel Glück einem wütenden Sichaufbäumen der
    Erde getrotzt, die sie nicht auf sich spüren wollte. Ein paar
    wenige Flecken Grün gab es, aber nicht Bäume oder Felder,
    sondern Agaven, Brombeeren, Besenkorn, wilde Gräser,
    kümmerliche, verstaubte Flecken, die ihren Widerstand auch
    bald aufgeben würden.
    Als hätte er das passende Bühnenbild abgewartet,
    entschloß sich der Questore zu reden, aber der Commissario
    begriff, daß er sich in einer Art schmerzerfülltem, wütendem
    Monolog nicht an ihn, sondern an sich selbst wandte.
    »Warum haben sie das getan? Wer hat diese
    Entscheidung getroffen? Wenn man dem nachgehen würde,
    woran gar nicht zu denken ist, würde herauskommen, daß
    entweder niemand die Initiative ergriffen hat oder daß sie in
    höherem Auftrag handeln mußten. Und wer sind diese
    Vorgesetzten, die das angeordnet haben? Der Chef der
    Antimafia würde es leugnen und der Innenminister, der
    Ministerpräsident, der Staatspräsident ebenfalls. Bleiben noch,
    in dieser Reihenfolge: der Papst, Jesus, die Jungfrau Maria,
    Gott. Sie würden in Entrüstung ausbrechen: Wie kann man nur
    glauben, daß sie den Befehl dazu gegeben hätten? Bleibt also
    nur der Böse, der im Ruf steht, die Ursache allen Übels zu
    sein. Da haben wir den Schuldigen: den Teufel! Na ja,
    jedenfalls haben sie beschlossen, ihn in ein anderes Gefängnis
    zu überführen.«
    »Tano?« wagte Montalbano zu fragen. Der Questore
    hörte ihn gar nicht.
    »Warum? Wir werden es nie erfahren. Und während wir
    auf der Pressekonferenz waren, haben die ihn mit zwei
    Beamten in Zivil als Begleitung in irgendein Auto gesetzt –
    Dio, sind die schlau! –, um nicht aufzufallen, klar, und dann,
    als bei Trabia aus einem Feldweg das übliche schwere
    Motorrad mit zwei Typen, die wegen des Helms völlig
    unkenntlich waren... Die beiden Beamten sind tot, und er liegt
    im Krankenhaus im Sterben. So, das wär's.«
    Das war bitter, aber Montalbano dachte nur zynisch, daß
    ihm die Quälerei mit der Pressekonferenz erspart geblieben
    wäre, wenn sie ihn ein paar Stunden früher umgebracht hätten.
    Er begann Fragen zu stellen, aber nur, weil er spürte, daß sich
    der Questore nach diesem Ausbruch ein bißchen beruhigt
    hatte.
    »Aber woher wußten sie denn...«
    Der Questore versetzte dem Vordersitz einen heftigen
    Schlag, der Fahrer machte einen Satz nach vorn, und der
    Wagen geriet leicht ins Schleudern.
    »Was stellen Sie mir denn für Fragen, Montalbano? Ein
    Maulwurf, was sonst? Das ist es, was mich zur Weißglut
    bringt!«
    Der Commissario ließ ein paar Minuten verstreichen,
    bevor er weiterfragte.
    »Aber was hat das jetzt mit uns zu tun?«
    »Er will mit Ihnen sprechen. Ihm ist klar, daß er im
    Sterben liegt, er will Ihnen

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