Commissario Montalbano 02 - Der Hund aus Terracotta
Aufschrift der Polizei, sondern
das Kennzeichen der Mietautos, und auf dem Fahrersitz saß
ein Beamter in Zivil von der Questura in Montelusa, den
Montalbano kannte. Kaum war er eingestiegen, sagte der
Questore: »Tut mir leid, aber ich konnte Sie nicht vorher
verständigen, Ihr Telefon war dauernd besetzt.«
»Stimmt.«
Er hätte die Telefonleitung natürlich von Amts wegen
unterbrechen lassen können, aber das paßte nicht zu seiner
freundlichen und diskreten Art. Montalbano erklärte ihm nicht,
warum sein Telefon ihm keine Ruhe gegönnt hatte, das war
jetzt unmöglich, er hatte seinen Chef noch nie so düster erlebt,
er sah abgespannt aus, sein Mund war maskenhaft verzerrt.
Etwa eine Dreiviertelstunde, nachdem sie in die Straße
eingebogen waren, die von Montelusa nach Palermo führt –
und der Fahrer fuhr sehr schnell –, sah der Commissario auf
die Landschaft seiner Insel hinaus, die er am liebsten hatte.
»Findest du es hier wirklich schön?« hatte Livia ihn vor
ein paar Jahren ungläubig gefragt, als er ihr diese Gegend
zeigte.
Karge Anhöhen, fast wie riesige Hügelgräber, die nur von
trockenem gelbem Stoppelgras überwachsen und von den
Menschen irgendwann sich selbst überlassen worden waren,
weil die Trockenheit, die Hitze oder einfach die Erschöpfung
in einem von vornherein verlorenen Kampf die Oberhand
gewonnen hatten, ab und zu vom Grau fialenförmiger Felsen
unterbrochen, sinnlos aus dem Nichts entstanden oder
vielleicht vom Himmel gefallen, Stalaktiten oder Stalagmiten
in dieser tiefen Höhle unter freiem Himmel, die Sizilien war.
Die wenigen Häuser, alle nur ebenerdig, mit gekrümmten
Mauern, trocken gemauerte Steinwürfel, standen schief, als
hätten sie mit viel Glück einem wütenden Sichaufbäumen der
Erde getrotzt, die sie nicht auf sich spüren wollte. Ein paar
wenige Flecken Grün gab es, aber nicht Bäume oder Felder,
sondern Agaven, Brombeeren, Besenkorn, wilde Gräser,
kümmerliche, verstaubte Flecken, die ihren Widerstand auch
bald aufgeben würden.
Als hätte er das passende Bühnenbild abgewartet,
entschloß sich der Questore zu reden, aber der Commissario
begriff, daß er sich in einer Art schmerzerfülltem, wütendem
Monolog nicht an ihn, sondern an sich selbst wandte.
»Warum haben sie das getan? Wer hat diese
Entscheidung getroffen? Wenn man dem nachgehen würde,
woran gar nicht zu denken ist, würde herauskommen, daß
entweder niemand die Initiative ergriffen hat oder daß sie in
höherem Auftrag handeln mußten. Und wer sind diese
Vorgesetzten, die das angeordnet haben? Der Chef der
Antimafia würde es leugnen und der Innenminister, der
Ministerpräsident, der Staatspräsident ebenfalls. Bleiben noch,
in dieser Reihenfolge: der Papst, Jesus, die Jungfrau Maria,
Gott. Sie würden in Entrüstung ausbrechen: Wie kann man nur
glauben, daß sie den Befehl dazu gegeben hätten? Bleibt also
nur der Böse, der im Ruf steht, die Ursache allen Übels zu
sein. Da haben wir den Schuldigen: den Teufel! Na ja,
jedenfalls haben sie beschlossen, ihn in ein anderes Gefängnis
zu überführen.«
»Tano?« wagte Montalbano zu fragen. Der Questore
hörte ihn gar nicht.
»Warum? Wir werden es nie erfahren. Und während wir
auf der Pressekonferenz waren, haben die ihn mit zwei
Beamten in Zivil als Begleitung in irgendein Auto gesetzt –
Dio, sind die schlau! –, um nicht aufzufallen, klar, und dann,
als bei Trabia aus einem Feldweg das übliche schwere
Motorrad mit zwei Typen, die wegen des Helms völlig
unkenntlich waren... Die beiden Beamten sind tot, und er liegt
im Krankenhaus im Sterben. So, das wär's.«
Das war bitter, aber Montalbano dachte nur zynisch, daß
ihm die Quälerei mit der Pressekonferenz erspart geblieben
wäre, wenn sie ihn ein paar Stunden früher umgebracht hätten.
Er begann Fragen zu stellen, aber nur, weil er spürte, daß sich
der Questore nach diesem Ausbruch ein bißchen beruhigt
hatte.
»Aber woher wußten sie denn...«
Der Questore versetzte dem Vordersitz einen heftigen
Schlag, der Fahrer machte einen Satz nach vorn, und der
Wagen geriet leicht ins Schleudern.
»Was stellen Sie mir denn für Fragen, Montalbano? Ein
Maulwurf, was sonst? Das ist es, was mich zur Weißglut
bringt!«
Der Commissario ließ ein paar Minuten verstreichen,
bevor er weiterfragte.
»Aber was hat das jetzt mit uns zu tun?«
»Er will mit Ihnen sprechen. Ihm ist klar, daß er im
Sterben liegt, er will Ihnen
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