Commissario Montalbano 02 - Der Hund aus Terracotta
ein echter
Freund war.
»Commissario, erlauben Sie mir eine Frage. Sie sagten,
Sie hätten Tano auf dem Rückweg von Fiacca getroffen, wo
Sie von Freunden zu einer tabisca eingeladen waren. Habe ich
das richtig verstanden?«
»Ja.«
»Was ist eine tabisca?«
Sie hatten schon oft zusammen tabisca gegessen, Zito
warf ihm also einen Rettungsring hin. Montalbano griff
danach. Plötzlich war der Commissario sicher und präzise und
erging sich gründlich in einer detaillierten Beschreibung dieser
köstlichen Pizza.
Sieben
In diesem Mann, der, schwer von Begriff, abwechselnd
stammelte, zögerte, irreredete, sich verhaspelte, den Faden
verlor und dabei immer den gleichen besessenen Blick hatte
und den die Fernsehkamera von »Retelibera« gnadenlos in
Großaufnahme zeigte, erkannte Montalbano nur mit Mühe
sich selbst unter dem Fragenhagel der Journalisten, dieser
unverschämten Meute. Die Stelle, an der er erklärte, woraus
die tabisca besteht, und die er am besten hingekriegt hatte,
wurde nicht gesendet, vielleicht paßte sie nicht recht zu dem
Hauptthema, Tanos Verhaftung. Die milanzane alla
parmigiana, die ihm seine Haushälterin in den Ofen gestellt
hatte, kamen ihm mit einemmal fade vor, aber das konnte gar
nicht sein, das stimmte nicht, es handelte sich um einen
psychologischen Effekt, weil er im Fernsehen so eine
bescheuerte Figur abgegeben hatte. Er hatte auf einmal großes
Verlangen, zu weinen, sich ins Bett zu legen und sich wie eine
Mumie in ein Leintuch zu wickeln.
»Commissario Montalbano? Hier ist Luciano Acquasanta vom
‚Mezzogiorno’. Würden Sie mir freundlicherweise ein
Interview gewähren?«
»Nein.«
»Ich schwöre, es wird nicht lang dauern.«
»Nein.«
»Spricht da Commissario Montalbano? Hier ist Spingardi,
Attilio Spingardi von der RAI in Palermo. Wir planen einen
runden Tisch über das Thema...«
»Nein.«
»Lassen Sie mich doch ausreden!«
»Nein.«
»Liebling? Hier ist Livia. Wie fühlst du dich?«
»Gut. Warum?«
»Ich habe dich gerade im Fernsehen gesehen.«
» O Gesù ! Hat etwa ganz Italien zugeschaut?«
»Ich glaube schon. Aber es war nur eine kurze
Geschichte.«
»Hat man gehört, was ich gesagt habe?«
»Nein, nur der Sprecher hat geredet. Aber man hat dein
Gesicht gesehen, und das hat mir Sorgen gemacht. Du warst
gelb wie eine Zitrone.«
»Auch noch in Farbe?!«
»Natürlich. Ab und zu hast du deine Hand auf die Augen
oder die Stirn gelegt.«
»Ich hatte Kopfschmerzen, und die Lampen haben mich
geblendet.«
»Ist es wieder gut?«
»Ja.«
»Commissario Montalbano? Hier ist Stefania Quattrini von
‚Essere Donna’. Wir möchten ein Interview am Telefon mit
Ihnen machen, können Sie dranbleiben?«
»Nein.«
»Es dauert nur ein paar Sekunden.«
»Nein.«
»Habe ich die Ehre, tatsächlich mit dem berühmten
Commissario Montalbano zu sprechen, der Pressekonferenzen
abhält?«
»Ihr kostet mich den letzten Nerv!«
»Nein, nicht den letzten Nerv, keine Sorge. Aber dein
Leben wird es dich kosten.«
»Wer spricht da?«
»Dein Tod. Ich wollte dir nur sagen, daß du da nicht
ungeschoren rauskommst, du verdammter Schauspieler! Wen
wolltest du denn mit dem ganzen Theater mit deinem Freund
Tano reinlegen? Du hast versucht, uns zu verarschen, und
wirst dafür bezahlen!«
»Pronto? Pronto?«
Die Verbindung war unterbrochen worden. Montalbano
kam gar nicht dazu, diese Drohungen zu verstehen und
darüber nachzudenken, denn er begriff, daß der anhaltende
schrille Ton, den er schon eine ganze Zeitlang in den
Geräuschpegel der Anrufe hinein gehört hatte, von der
Türklingel kam.
Wer weiß, warum er überzeugt war, daß es sich um einen
besonders gewieften Journalisten handelte, der gleich bei ihm
persönlich erschien. Wütend lief er an die Tür und schrie, ohne
zu öffnen: »Wer, zum Teufel, ist da?«
»Der Questore.«
Was wollte der denn von ihm, zu Hause, um diese
Uhrzeit und ohne ihn vorher zu verständigen? Er schlug den
Riegel zurück und riß die Tür auf.
»Buongiorno, kommen Sie herein«, sagte er und trat auf
die Seite.
Der Questore rührte sich nicht von der Stelle. »Wir haben
keine Zeit zu verlieren. Machen Sie sich fertig, und kommen
Sie zu mir in den Wagen.«
Er drehte sich um und ging. Als Montalbano an dem
großen Spiegel in der Schranktür vorbeiging, begriff er, was
der Questore mit »Machen Sie sich fertig« gemeint hatte. Er
war splitterfasernackt.
Der Wagen trug nicht die
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