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Commissario Montalbano 02 - Der Hund aus Terracotta

Commissario Montalbano 02 - Der Hund aus Terracotta

Titel: Commissario Montalbano 02 - Der Hund aus Terracotta Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Camilleri
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du mir das doch gleich gesagt, Cavaliere!« war
    Montalbanos einziger Kommentar, als er mißgelaunt den Brief
    ansah, den er auf den Tisch im Eßzimmer gelegt hatte. An
    Essen war jetzt nicht mehr zu denken. Er öffnete den
    Kühlschrank nur, um der Kochkunst seiner Haushälterin
    betrübt die Ehre zu erweisen, und Ehre verdiente sie, denn
    sogleich stieg ihm der betörende Duft von polipetti affogati in
    die Nase. Er machte den Kühlschrank wieder zu, er konnte
    einfach nicht, sein Magen war wie zugeschnürt. Er zog sich
    aus und wanderte, nackt wie er war, am Ufer entlang, um diese
    Zeit war da keine Menschenseele. Er war weder hungrig noch
    müde. Gegen vier Uhr morgens sprang er ins eiskalte Wasser,
    schwamm lange und ging dann nach Hause zurück. Als er
    merkte, daß er einen Steifen hatte, mußte er lachen. Er
    beschloß, mit ihm zu reden und ihn zur Vernunft zu bringen.
    »Du brauchst dir gar keine Mühe zu geben.«
    Der Steife flüsterte ihm ein, daß ihm ein Anruf bei Livia,
    der nackten, schlafwarmen Livia im Bett, vielleicht guttun
    würde.
    »Du bist ein Idiot und redest dummes Zeug. Das ist doch
    was für kleine Wichser.«
    Beleidigt zog sich der Steife zurück. Montalbano
    schlüpfte in eine Unterhose, legte sich ein trockenes Handtuch
    über die Schultern, nahm einen Stuhl und setzte sich in die
    Veranda, die auf den Strand hinausging.
    Er sah aufs Meer hinaus, das ganz allmählich heller
    wurde und sich dann färbte, von sonnengelben Streifen
    durchzogen. Ein schöner Tag kündigte sich an, und der
    Commissario fühlte sich getröstet und zu allem bereit.
    Nachdem er den Brief des Cavaliere gelesen hatte, waren die
    Ideen nicht ausgeblieben, das Bad im Meer hatte ihm
    geholfen, sie zu ordnen.

    »So können Sie aber nicht zu der Pressekonferenz
    erscheinen.« Fazio musterte ihn streng.
    »Du hast bei der Antimafia wohl was gelernt.«
    Montalbano öffnete die dicke Nylontasche, die er in der
    Hand hatte.
    »Da, Hose, Jackett, Hemd und Krawatte. Ich ziehe mich
    um, bevor ich nach Montelusa fahre. Ach ja, hol die Sachen
    doch raus und häng sie über einen Stuhl, sonst verknittern
    sie.«
    »Sind sie eh schon. Aber ich meine nicht die Kleidung,
    ich meine, wie Sie aussehen. Sie müssen unbedingt vorher
    zum Friseur.«
    Unbedingt, hatte Fazio gesagt, der ihn gut kannte und
    wußte, welche Überwindung es den Commissario kostete, zum
    Friseur zu gehen. Montalbano fuhr sich mit der Hand über den
    Nacken und mußte zugeben, daß seine Haare einen Schnitt
    vertragen konnten. Er schaute finster drein.
    »Heute geht bestimmt alles schief!« prophezeite er.
    Bevor er das Büro verließ, gab er Order, Carmelo
    Ingrassia aufzusuchen und ihn ins Büro zu bringen, solange er
    sich feinmachte.
    »Wenn er mich fragt, warum, was soll ich dann
    antworten?« fragte Fazio.
    »Gar nichts.«
    »Und wenn er darauf besteht?«
    »Wenn er darauf besteht, dann sag ihm, ich will wissen,
    seit wann er sich kein Klistier mehr hat geben lassen. Gut so?«
    »Sie müssen doch nicht gleich sauer werden.«

    Der Friseur, sein Gehilfe und ein Kunde, der auf einem der
    beiden Drehstühle saß, die mit Müh und Not in den Salon –
    eigentlich ein Winkel unter der Treppe – hineinpaßten,
    unterhielten sich laut und angeregt, verstummten aber beim
    Anblick des Commissario sofort. Montalbano war mit seinem
    – wie er es selbst nannte –»Friseurgesicht« hereingekommen:
    Mund schmallippig, Augen argwöhnisch halb geschlossen,
    Augenbrauen gerunzelt, Gesichtsausdruck verächtlich und
    streng zugleich.
    »Bongiorno, muß ich warten?« Seine Stimme klang
    entsprechend leise und heiser.
    »Nein, nein, Commissario, setzen Sie sich.«
    Während Montalbano auf dem leeren Stuhl Platz nahm,
    hielt der Friseur in einem Affentempo wie in einem komischen
    Kurzfilm von Charlie Chaplin seinem Kunden einen Spiegel in
    den Nacken, ließ ihn das vollendete Werk bewundern, befreite
    ihn von seinem Handtuch, warf es in einen Behälter, nahm ein
    frisches Handtuch, legte es dem Commissario um die
    Schultern. Der Kunde verzichtete darauf, sich wie üblich vom
    Gehilfen abbürsten zu lassen, brummte ein bongiorno und
    suchte
    schleunigst
    das
    Weite.
    Der
    Bart-
    und
    Haarschneideritus, der in unerbittlichem Schweigen vonstatten
    ging, war freudlos und schnell getan. Ein neuer Kunde schob
    den Perlenvorhang zur Seite und wollte eintreten, doch als er
    die dicke Luft roch und den Commissario erkannte, sagte er:
    »Ich komme später wieder« und

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