Commissario Montalbano 02 - Der Hund aus Terracotta
sei.
»Tatsächlich?« rief Montalbano hocherfreut und erstaunt.
Es war besser, auf ihn einzugehen.
»Sissignore. Sechs Finger an der rechten Hand.«
Damit läßt sich's bestimmt gut wichsen, wollte
Montalbano schon lästern, ließ es dann aber bleiben.
Er berichtete dem Giudice alles über den Waffenhandel
und den Mord an Misuraca. Er erklärte ihm auch, wie er
strategisch weiter vorgehen wollte, und bat ihn um die
Genehmigung, Ingrassias Telefon abhören zu dürfen.
»Die kriegen Sie sofort«, sagte Lo Bianco.
Normalerweise erhob er Einwände, legte einem Steine in
den Weg und sorgte für Ärger: Jetzt freute er sich so über
seine Entdeckung mit den sechs Fingern an Rinaldos Rechter,
daß er Montalbano Folter, Pfählen und Scheiterhaufen
genehmigt hätte.
Der Comissario fuhr heim, zog seine Badehose an, schwamm
lange, ging zurück ins Haus, trocknete sich ab, zog sich nicht
wieder an, im Kühlschrank war nichts, im Ofen thronte eine
Schüssel mit vier riesigen Portionen pasta 'ncasciata, einer
wahren Götterspeise; er aß zwei Portionen, tat die Schüssel in
den Ofen zurück, stellte den Wecker, schlief eine Stunde lang
wie ein Stein, stand auf, duschte, zog die schmutzigen Jeans
und das Hemd an und fuhr ins Büro.
Fazio, Germanà und Galluzzo erwarteten ihn in
Klamotten, die nach Schwerarbeit aussahen, packten, als er
hereinkam, Schaufeln, Hacken und Pickel, fuchtelten mit den
Geräten in der Luft herum und stimmten den alten Sprechchor
der Tagelöhner an: »È ora! È ora! La terra a chi lavora!«
» Mein Gott, seid ihr bescheuert!« lautete Montalbanos
Kommentar.
Am Eingang der Höhle im Crasticeddru warteten schon
Prestìa, der Journalist und Schwager von Galluzzo, und ein
Kameramann, der zwei große batteriebetriebene Lampen
dabeihatte.
Montalbano warf Galluzzo einen schiefen Blick zu.
»Weil Sie...«, sagte der und lief rot an, »weil Sie mir doch
erlaubt haben...«
»Schon gut«, winkte der Commissario ab.
Sie betraten die Waffenhöhle, und dann machten sich
Fazio,
Germanà
und
Galluzzo
nach
Montalbanos
Anweisungen daran, die Steine zu entfernen, die wie
zusammengeschweißt waren. Sie arbeiteten gut drei Stunden,
auch der Commissario, Prestìa und der Kameramann
schufteten, als sie die drei Männer ablösten. Dann war die
Wand endlich abgetragen. Balassone hatte recht gehabt –
deutlich war der kleine Korridor zu sehen, der Rest verlor sich
im Dunkeln.
»Geh du rein«, sagte Montalbano zu Fazio.
Fazio nahm eine Taschenlampe, schob sich bäuchlings
hindurch und verschwand. Ein paar Sekunden später hörten sie
ihn erstaunt rufen: » O Dio, Commissario, kommen Sie
schnell!«
»Ihr kommt nach, wenn ich euch rufe«, sagte Montalbano
zu den anderen, aber insbesondere zu dem Journalisten, der,
als er Fazio rufen hörte, wie elektrisiert war und sich schon auf
den Bauch werfen und durchschlüpfen wollte. Der Korridor
war praktisch genauso lang wie Montalbanos Körper. Er war
sofort auf der anderen Seite und schaltete die Taschenlampe
an. Die zweite Grotte war kleiner als die erste und wirkte
vollkommen trocken. Genau in der Mitte lag ein Teppich, der
noch in gutem Zustand war. Hinten links auf dem Teppich
eine Schale. An der entsprechenden Stelle rechts ein Krug.
Den Scheitel dieses umgekehrten Dreiecks bildete vorn auf
dem Teppich ein Schäferhund aus Terracotta in Lebensgröße.
Auf dem Teppich zwei verschrumpelte Leichen wie in einem
Horrorfilm, die sich umschlungen hielten.
Montalbano stockte der Atem, er brachte kein Wort
heraus. Weiß der Himmel, warum er an das junge Pärchen
denken mußte, das er in der anderen Grotte beim Vögeln
überrascht hatte. Die anderen konnten nicht widerstehen, sie
nutzten sein Schweigen und schlüpften einer nach dem
anderen herein. Der Kameramann schaltete seine Lampen ein
und begann wie wild alles zu filmen. Niemand sagte ein Wort.
Montalbano war der erste, der sich wieder gefangen hatte.
»Sag dem Erkennungsdienst, dem Giudice und Dottor
Pasquano Bescheid«, befahl er.
Er wandte sich dabei nicht mal zu Fazio um. Er hockte da
wie verhext und sah sich das Bild an, er fürchtete, die kleinste
Bewegung könnte ihn aus diesem Traum reißen.
Zwölf
Als der Zauber, der Montalbano gelähmt hatte, von ihm
abgefallen war, herrschte er die anderen an, sie sollten
gefälligst mit dem Rücken zur Wand bleiben, sich nicht
bewegen und nicht auf dem Boden herumtrampeln, auf dem
eine Schicht aus
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