Commissario Montalbano 02 - Der Hund aus Terracotta
chist'ura?«
»Schon gut, Carmilina, schlaf weiter«, beruhigte
Lacommare sie und lehnte die Tür hinter sich an.
»Macht es Ihnen etwas aus, Commissario, wenn wir hier
auf der Treppe reden? Das oberste Stockwerk, das direkt über
uns ist, ist unbewohnt, es stört uns also niemand.«
»Wer in Catania beliefert Sie?«
»Die Firmen Pan und Brancato.«
»Gibt es einen festen Zeitplan für die Warenlieferungen?«
»Pan liefert wöchentlich, Brancato einmal im Monat. Das
haben wir mit den anderen Supermärkten vereinbart, die von
denselben Großhändlern beliefert werden.«
»Sehr gut. Wenn ich recht verstehe, belädt Brancato also
einen Lastwagen mit Waren und schickt ihn zu den einzelnen
Supermärkten. Wann sind Sie bei dieser Tour dran, ich
meine...«
»Ich verstehe schon, Commissario. Der Lastwagen startet
in Catania, dann fährt er durch die Provinz Caltanissetta, dann
Trapani und schließlich Montelusa. Zu uns nach Vigàta
kommt der Lastwagen zum Schluß und fährt dann leer nach
Catania zurück.«
»Eine letzte Frage. Die Waren, die die Diebe erst
gestohlen und dann haben finden lassen...«
»Sie sind sehr klug, Commissario.«
»Sie allerdings auch, wenn Sie meine Fragen schon
beantworten, bevor ich sie überhaupt gestellt habe.«
»Das ist es ja, was mich Tag und Nacht beschäftigt. Also,
Brancato hat uns die Ware früher als sonst gebracht. Wir
hatten sie für den nächsten Tag in den frühen Morgenstunden
erwartet, aber sie kam schon am Abend vorher, als wir gerade
schließen wollten. Der Fahrer sagte, ein Supermarkt in Trapani
sei wegen eines Trauerfalls geschlossen und deshalb sei er
jetzt schon da. Damit der Lastwagen weiterfahren konnte, ließ
Signor Ingrassia entladen, prüfte die Liste und zählte die Kolli.
Aber er ließ sie nicht öffnen, er meinte, es sei zu spät, das
könne man am nächsten Tag machen, er wolle keine
Überstunden zahlen. Ein paar Stunden später ereignete sich
dann der Diebstahl. Und jetzt frage ich mich: Woher wußten
die Diebe, daß die Ware früher als geplant eingetroffen war?«
Lacommare war ganz bewegt von seinem Gedankengang.
Montalbano beschloß, ihm zu widersprechen: Der Direttore
durfte der Wahrheit nicht allzu nahe kommen, sonst konnte es
schwierig werden. Außerdem hatte er eindeutig keine Ahnung
von Ingrassias Schiebereien.
»Es ist nicht gesagt, daß es zwischen den beiden
Ereignissen eine Verbindung gibt. Die Diebe könnten auch
gekommen sein, um sich das zu holen, was bereits im Lager
war, fanden dann aber auch Ware vor, die gerade erst geliefert
worden war.«
»Schon, aber warum sorgen sie dann dafür, daß alles
gefunden wird?«
Das war der Haken. Montalbano zögerte, er wollte es
vermeiden, Lacommares Neugierde zu befriedigen.
» Ma si può sapiri cu minchia è ?« ließ sich wieder die
Frau vernehmen, die mittlerweile stinksauer war.
Sie mußte sehr gute Ohren haben, die Signora
Lacommare. Montalbano nutzte die Gelegenheit, um zu gehen,
was er wissen wollte, das wußte er jetzt.
»Meine Empfehlungen an die werte Gattin«, sagte er und
ging die Treppe hinunter.
Kaum am Tor angekommen, sprang er wie ein
Gummiball wieder hinauf und klingelte noch mal.
»Schon wieder Sie?« Lacommare hatte inzwischen die
Milch getrunken, war aber immer noch in Unterhosen.
»Ich habe was vergessen, entschuldigen Sie. Sind Sie
sicher, daß der Lastwagen nach dem Entladen völlig leer
war?«
»Das habe ich nicht gesagt. Etwa fünfzehn große Kolli
waren noch drin, der Fahrer sagte, sie seien für den
Supermarkt in Trapani, der geschlossen hatte.«
» Ma chi è stamatina stu scassamento di minchia?« heulte
drinnen Signora Carmilina, und Montalbano verschwand
grußlos.
»Ich glaube, ich weiß jetzt ziemlich genau, auf welchem Weg
die Waffen in die Grotte gekommen sind. Hören Sie zu,
Signor Questore: Die Waffen kommen also von irgendwoher
auf der Welt – wie, weiß ich noch nicht – zur Firma Brancato
in Catania, die sie einlagert und in große Kartons verpackt, auf
denen der Firmenname steht, als enthielten sie gewöhnliche
Haushaltsgeräte, die für die Supermärkte bestimmt sind. Wenn
die Bestellung eintrifft, laden die Leute von Brancato die
Waffenkartons zusammen mit den anderen Kisten auf.
Vorsichtshalber tauschen sie irgendwo auf der Strecke
zwischen Catania und Caltanissetta den Firmenlaster gegen
einen Lastwagen aus, den sie vorher gestohlen haben. Falls die
Waffen entdeckt werden, kann die
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