Commissario Montalbano 02 - Der Hund aus Terracotta
der Stadt gönnen
wollen. Als er den Schlüssel ins Schloß gesteckt habe, sei die
Tür praktisch ins Leere aufgegangen; eine gewaltige
Explosion, hervorgerufen durch einen ausgeklügelten
Mechanismus, der das Öffnen der Tür mit einer Sprengladung
verband, habe die Villa und den Händler nebst Gattin, Signora
Tagliafico Giuseppa, buchstäblich in Stücke gerissen. Die
Ermittlungen, fügte der Journalist hinzu, erwiesen sich als
schwierig, weil Brancato unbescholten und in keiner Weise in
Angelegenheiten der Mafia verwickelt gewesen sei.
Montalbano schaltete den Fernseher aus und pfiff
Schuberts Achte, die Unvollendete. Sie gelang ihm
ausgezeichnet, er schaffte alle Passagen.
Er wählte Mimì Augellos Nummer; der wußte bestimmt
mehr über die Geschichte. Es meldete sich niemand.
Als er fertig gegessen hatte, ließ Montalbano alle Spuren
seiner Mahlzeit verschwinden und spülte sogar das Glas, aus
dem er ein paar Schluck Wein getrunken hatte, sorgfältig ab.
Er zog sich aus und wollte sich schon ins Bett legen, als er
hörte, wie ein Wagen hielt, dann Stimmen, Türenschlagen und
das Auto, das wieder wegfuhr. Blitzschnell schlüpfte er unter
die Decke, löschte das Licht und tat, als schliefe er tief und
fest. Er hörte, wie die Tür auf- und wieder zuging und Schritte
plötzlich innehielten. Montalbano wußte, daß Livia auf der
Schwelle zum Schlafzimmer stand und zu ihm herübersah.
»Du bist vielleicht ein Kindskopf.«
Montalbano ergab sich und machte das Licht an. »Woran
hast du gemerkt, daß ich nur so tue?«
»An deinem Atem. Weißt du, wie du atmest, wenn du
schläfst? Nein. Ich aber.«
»Wo warst du?«
»In Eraclea Minoa und in Selinunt.«
»Allein?«
»Signor Commissario, ich sage alles, ich gebe alles zu,
aber hören Sie, bitte schön, mit diesem Kreuzverhör auf! Mimì
Augello hat mich begleitet.«
Montalbano zog eine Grimasse und drohte mit dem
Finger. »Ich warne dich, Livia: Augello hat schon meinen
Schreibtisch okkupiert, ich will nicht, daß er noch etwas von
mir besetzt.«
Livia erstarrte. »Ich stelle mich lieber begriffsstutzig, das
ist für uns beide besser. Ich zähle mich jedenfalls nicht zu
deinen Besitztümern, du Scheißsizilianer.«
»Schon gut, tut mir leid.«
Sie diskutierten noch, als Livia sich auszog und ins Bett
ging. Das würde er Mimì auf keinen Fall durchgehen lassen.
Er stand auf.
»Was willst du denn jetzt?«
»Ich rufe Mimì an.«
»Laß ihn doch in Ruhe, er hat nicht im Traum an
irgendwas gedacht, was dich kränken könnte.«
» Pronto, Mimì? Ich bin's, Montalbano. Ach, du bist
gerade heimgekommen? Gut. Nein, nein, mach dir keine
Sorgen, Livia geht's ausgezeichnet. Sie dankt dir für den
schönen Tag, den sie sehr genossen hat. Und ich danke dir
auch. Ach ja, Mimì, wußtest du, daß sie Corrado Brancato in
Catania in die Luft gejagt haben? Nein, das ist kein Witz, es
kam in den Nachrichten. Du weißt nichts davon? Wieso weißt
du nichts davon? Klar, du warst ja den ganzen Tag weg. Dabei
haben dich unsere Kollegen aus Catania überall gesucht. Und
der Questore wird sich auch gefragt haben, wo du steckst. Tja,
so ist das. Du mußt es halt irgendwie wiedergutmachen. Schlaf
gut, Mimì.«
»Dich als gemeines Aas zu bezeichnen, ist ja noch ein
Kompliment«, sagte Livia.
»Also gut«, lenkte Montalbano schließlich um drei Uhr
morgens ein. »Ich gebe zu, daß alles meine Schuld ist, daß ich,
wenn ich hier bin, so tue, als wärst du gar nicht da, und immer
in meine Gedanken versunken bin. Ich bin zu sehr an das
Alleinsein gewöhnt. Laß uns wegfahren.«
»Und wo läßt du dann deinen Kopf?« erkundigte Livia
sich.
»Wie meinst du das?«
»Daß du deinen Kopf mit allem, was drin ist, immer mit
dir herumschleppst. Und es deshalb gar nicht zu vermeiden ist,
daß du immer an deine Geschichten denkst, auch wenn wir
tausend Kilometer weit weg sind.«
»Ich schwöre, daß ich meinen Kopf leere, bevor wir
abreisen.«
»Und wo fahren wir hin?«
Da Livia auf dem touristisch-archäologischen Trip war,
gedachte er, darauf einzugehen.
»Du kennst doch die Isola di Mozia noch nicht. Also, wir
fahren gleich heute vormittag, gegen elf, nach Mazara del
Vallo. Da wohnt ein Freund von mir, der Vicequestore
Valente, den ich schon lang nicht mehr gesehen habe. Dann
fahren wir weiter nach Marsala, und später schauen wir uns
Mozia an. Und wenn wir nach Vigàta zurückkommen,
überlegen wir uns die nächste
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