Commissario Montalbano 03 - Der Dieb der süssen Dinge
ernährte sich bestimmt von Grießbrei und Kartoffeln. »Ich habe wirklich viel zu…«
»Pina, mein Mädchen, kocht hervorragend, glauben Sie mir. Heute gibt es pasta alla Norma, Sie wissen schon, pasta mit gebratenen Auberginen und gesalzener Ricotta.«
» Gesu!« sagte Montalbano und setzte sich wieder hin. »Und danach einen Schmorbraten.«
» Gesu!« sagte Montalbano noch mal. »Worüber wundern Sie sich denn?«
»Ist so eine Mahlzeit nicht ein bißchen schwer für Sie?«
»Warum? Mein Magen ist besser als der einer Zwanzigjährigen, die den ganzen Tag mit einem halben Apfel und einem Glas Karottensaft auskommt. Sie teilen doch wohl nicht die Meinung meines Sohnes Giulio?«
»Ich hatte noch nicht das Vergnügen, diese kennenzulernen.«
»Er sagt, in meinem Alter zieme es sich nicht, solche Sachen zu essen. Er findet mich ein bißchen schamlos. Seiner Meinung nach müßte ich mich von Breichen ernähren. Also? Bleiben Sie?«
»Ich bleibe«, sagte Montalbano entschieden.
Er überquerte die Straße, stieg die drei Stufen hinauf und klopfte an die Tür des Büros. Gallo öffnete.
»Ich habe Galluzzo abgelöst«, erklärte er und fragte dann:
»Dottore, kommen Sie vom Büro?«
»Nein, warum?«
»Fazio hat angerufen, er wollte wissen, ob wir Sie gesehen haben. Er sucht Sie. Er muß Ihnen was Wichtiges sagen.« Der Commissario lief zum Telefon. »Bitte entschuldigen Sie, Commissario, aber ich glaube, es ist wirklich wichtig. Erinnern Sie sich, daß Sie mich gestern abend gebeten haben, wegen dieser Karima eine Suchmeldung per Telex rauszugeben? Und jetzt hat vor einer halben Stunde Dottor Mancuso von der Ausländerpolizei in Montelusa angerufen. Er sagt, er hätte aus purem Zufall erfahren, wo die Tunesierin wohnt.«
»Wo denn?«
»In Villaseta, Via Garibaldi 70.«
»Ich komme sofort, dann fahren wir hin.«
Am Eingang zum Kommissariat wurde er von einem etwa vierzigjährigen eleganten Herrn aufgehalten. »Sind Sie Dottor Montalbano?«
»Ja, aber ich habe keine Zeit.«
»Ich warte schon seit zwei Stunden auf Sie. Ihre Mitarbeiter wußten nicht, ob sie überhaupt noch kommen würden. Ich bin Antonino Lapecora.«
»Der Sohn? Der Arzt?«
»Ja.«
»Mein Beileid. Kommen Sie herein. Aber nur fünf Minuten.«
Fazio kam ihnen entgegen. »Der Wagen steht vor der Tür.«
»Wir fahren in fünf Minuten. Ich muß noch mit dem Signore hier sprechen.«
Sie betraten Montalbanos Zimmer; der Commissario bat den Arzt, Platz zu nehmen, er selbst setzte sich hinter seinen Schreibtisch. »Bitte.«
»Nun, Commissario, ich lebe seit etwa fünfzehn Jahren in Valledolmo, wo ich meinen Beruf ausübe. Ich bin Kinderarzt. In Valledolmo habe ich auch geheiratet. Damit will ich nur erklären, daß die Beziehung zu meinen Eltern unvermeidlich nicht mehr so eng ist. Unter uns gesagt, hatten wir nie ein besonders inniges Verhältnis. Wir verbrachten die hohen Feiertage miteinander, das schon, wir telefonierten auch alle vierzehn Tage einmal. Deshalb war ich sehr überrascht, als ich Anfang Oktober letzten Jahres einen Brief von meinem Vater bekam. Ich habe ihn dabei.«
Er griff in die Jackettasche, zog den Brief heraus und reichte ihn dem Commissario.
Liebster Nino, ich weiß, daß Du Dich über diesen Brief wundern wirst. Eigentlich wollte ich nicht, daß Du von einer Angelegenheit erfährst, in die ich verwickelt bin und die inzwischen sehr ernst für mich zu werden droht. Aber jetzt ist mir klar, daß ich so nicht weitermachen kann. Ich brauche unbedingt Deine Hilfe. Komm sofort. Und sag Mamma nichts von diesem Brief. Kuß, Papà
»Und, was haben Sie gemacht?«
»Na ja… Ich mußte zwei Tage später nach New York… Ich war einen Monat lang fort. Als ich zurückkam, rief ich meinen Vater an und fragte ihn, ob er mich noch brauche, und er sagte nein. Später haben wir uns getroffen, aber er hat nicht mehr davon gesprochen.«
»Haben Sie eine Idee, worum es sich bei der bedrohlichen Geschichte, die Ihr Vater erwähnte, handeln könnte?«
»Damals dachte ich, es gehe um die Firma, die er gründen wollte, obwohl ich entschieden dagegen war. Wir haben uns sogar gestritten. Dazu kam noch, daß meine Mutter mir gegenüber ein Verhältnis meines Vaters mit einer Frau erwähnte, das ihn zu hohen Ausgaben zwang…«
»Moment. Sie glaubten also, daß es bei der Hilfe, um die Ihr Vater Sie bat, hauptsächlich um ein Darlehen oder etwas Ähnliches ging?«
»Wenn ich ehrlich sein soll, ja.«
»Und Sie haben sich nicht darum
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