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Commissario Montalbano 03 - Der Dieb der süssen Dinge

Commissario Montalbano 03 - Der Dieb der süssen Dinge

Titel: Commissario Montalbano 03 - Der Dieb der süssen Dinge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Camilleri
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Castrogiovanni unterwegs war, vom Pferd fiel und sich ein Bein brach. Über dieses unbedeutende Ereignis hatte sich der Giudice detailliert auf zweiundzwanzig Seiten wie ein Besessener ausgelassen. Um zu beweisen, daß er das Buch wirklich gelesen hatte, zitierte Montalbano leichtsinnigerweise diese Stelle.
    Und Giudice Lo Bianco unterhielt ihn zwei Stunden lang mit immer neuen und ebenso überflüssigen wie genauen Einzelheiten. Als er sich schließlich verabschiedete, hatte der Commissario leichte Kopfschmerzen. »Ach ja, mein Lieber, vergessen Sie nicht, mich über den Mordfall Lapecora auf dem laufenden zu halten.«
    Als Montalbano nach Marinella kam, waren weder Livia noch Francois da. Sie waren am Strand, Livia im Badeanzug und der Kleine in Unterhosen. Sie hatten eine riesige Sandburg gebaut. Sie lachten und redeten miteinander. Natürlich auf Französisch, das Livia genauso gut sprach wie Italienisch. Englisch übrigens auch. Und Deutsch ebenfalls, wenn man schon mal dabei war. Der Ignorant im Hause war natürlich er, er konnte gerade die paar Wörter Französisch, die er in der Schule gelernt hatte. Er deckte den Tisch; im Kühlschrank fand er pasta 'ncasciata und den rollè vom Tag vorher. Er stellte sie bei geringer Hitze in den Backofen. Rasch zog er sich aus und die Badehose an und ging zu den beiden hinaus. Das erste, was er sah, waren ein Eimerchen, ein Schäufelchen, ein Sieb und Fische und Sterne als Sandförmchen. So etwas hatte er natürlich nicht im Haus, und Livia konnte sie nicht gekauft haben, es war Sonntag. Und am Strand war außer ihnen dreien keine Menschenseele. »Und das da?«
    »Das was?«
    »Die Schaufel, der Eimer…«
    »Die hat Augello heute morgen gebracht. Er ist so nett! Sie sind von seinem kleinen Neffen, der letztes Jahr…« Er wollte nichts davon hören. Wütend warf er sich ins Meer.
    Als sie wieder im Haus waren, sah Livia den Pappteller voller Gebäck.
    »Warum kaufst du so etwas? Du weißt doch, daß Süßes schlecht für Kinder ist!«
    »Ich weiß das schon, aber dein Freund Augello weiß es nicht. Er hat eingekauft. Und ihr eßt das jetzt, du und Francois !«
    »Ach übrigens, deine Freundin Ingrid, die Schwedin, hat angerufen.«
    Angriff, Parade, Gegenangriff. Und was sollte dieses »ach übrigens«?
    Mimi und Livia mochten sich, das war klar. Die Geschichte hatte im vorigen Jahr angefangen, als Mimi Livia einen ganzen Tag lang durch die Gegend kutschierte. Und sie ging weiter. Was machten sie, wenn er nicht da war? Tauschten sie kleine Blicke, Lächeln, Komplimente? Sie setzten sich zum Essen, und Livia und Francois plauderten ab und zu miteinander; die beiden steckten unter einer unsichtbaren Glocke der Verschwörung, zu der Montalbano keinen Zutritt hatte. Doch das Essen war so gut, daß er leider nicht so wütend sein konnte, wie er gern gewesen wäre.
    »Köstlich, dieser brusciuluni«, sagte er.
    Livia fuhr auf, ihre Gabel blieb auf halber Höhe stehen.
    »Was hast du gesagt?«
    »Brusciuluni. Der Rollbraten.«
    »Das klingt ja furchtbar. Ihr habt vielleicht Wörter in Sizilien …«
    »Da steht ihr in Ligurien uns aber in nichts nach. Apropos, wann geht dein Flug? Ich glaube, ich kann dich mit dem Auto hinbringen.«
    »Das habe ich ja ganz vergessen. Ich habe den Flug storniert und meine Kollegin Adriana angerufen, sie kann mich vertreten. Ich bleibe noch ein paar Tage. Es wäre ja niemand da, bei dem du Francois lassen könntest, wenn ich weg bin.«
    Die dunkle Vorahnung vom Morgen, als er sie Arm in Arm hatte schlafen sehen, begann reale Gestalt anzunehmen. Wer sollte die beiden jemals wieder voneinander lösen? »Du scheinst dich ja nicht sehr zu freuen. Bist du ärgerlich?«
    »Ich!? Aber woher denn, Livia!«
    Kaum hatten sie fertig gegessen, wurden dem Kleinen die Augen bleischwer, er war müde und bestimmt noch arg mitgenommen. Livia trug ihn ins Schlafzimmer, zog ihn aus und legte ihn ins Bett.
    Sie ließ die Tür halb offen. »Er hat mir etwas gesagt.«
    »Erzähl.«
    »Als wir die Sandburg bauten, hat er mich plötzlich gefragt, ob ich glaube, daß seine Mutter wiederkäme. Ich habe geantwortet, ich wüßte nichts von der ganzen Geschichte, sei aber sicher, daß seine Mutter eines Tages kommen und ihn holen werde. Er verzog das Gesicht, und ich sagte nichts weiter. Nach einer Weile kam er wieder darauf zurück und meinte, er glaube nicht an ihre Rückkehr. Mehr sagte er nicht dazu. Dieses Kind hat das dunkle Gefühl, daß etwas Furchtbares passiert ist.

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