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Commissario Montalbano 03 - Der Dieb der süssen Dinge

Commissario Montalbano 03 - Der Dieb der süssen Dinge

Titel: Commissario Montalbano 03 - Der Dieb der süssen Dinge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Camilleri
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plötzlich wußte er, woher es kam.
    Das war nämlich eine Kostprobe, ein Vorgeschmack auf ruhige, häusliche Sonntagnachmittage, die ihn da erwarteten, vielleicht nicht einmal in Vigàta, sondern in Boccadasse. Mit einem Kind, das ihn, wenn es aufwachte, Papà nannte und mit ihm spielen wollte… Panik schnürte ihm die Kehle zu.

Zehn
    Er mußte auf der Stelle weg, weg aus diesem Haus, das im Begriff war, ihm familiäre Fallen zu stellen. Als er ins Auto stieg, mußte er über den Anfall von Schizophrenie lachen, der ihm da zusetzte. Seine Vernunft sagte ihm, daß er die neue Situation, die im übrigen nur in seiner Einbildung existierte, sehr gut kontrollieren könne; sein Gefühl drängte ihn zur Flucht, einfach so, ohne daß er lang überlegte.
    Er fuhr nach Vigàta und ging ins Büro. »Gibt's was Neues?«
    Anstatt zu antworten, fragte Fazio seinerseits: »Wie geht's dem Kleinen?«
    »Sehr gut«, gab Montalbano leicht genervt zurück. »Und?«
    »Nichts Ernstes. Ein Arbeitsloser ist in den Supermarkt eingedrungen und hat angefangen, mit einem Stock die Theken zu zertrümmern…«
    »Ein Arbeitsloser? Wie meinst du das? Gibt's denn bei uns noch Arbeitslose?« Fazio sah ihn erstaunt an.
    »Natürlich gibt's die noch, Dottore, wissen Sie das denn nicht?«
    »Ehrlich gesagt, nein. Ich dachte, die hätten inzwischen alle Arbeit gefunden.« Fazio war wirklich baff. »Wo sollten sie denn Arbeit finden?«
    »Als reuige Delinquenten, Fazio. Dieser Arbeitslose, der auf Ladentheken einhaut, ist in erster Linie blöd, und erst in zweiter Linie ist er arbeitslos. Hast du ihn festgenommen?«
    » Sissi.«
    »Geh zu ihm, und sag ihm einen schönen Gruß von mir, er soll bereuen.«
    »Was denn?«
    »Er soll irgendwas erfinden. Auf jeden Fall muß er sagen, daß er bereut und aussagt. Irgendeinen Blödsinn, du kannst ihm ja was vorschlagen. Sobald er bereut, ist alles in Ordnung. Er kriegt Geld und eine Wohnung umsonst, und seine Kinder werden in die Schule geschickt. Sag ihm das.«
    Fazio sah ihn lange wortlos an. Dann sagte er: «Dottore, heute ist doch ein schöner Tag, aber Sie sind genervt. Was ist denn los?«
    »Das geht dich einen Scheißdreck an.«
    Der Besitzer des Ladens, in dem es calia e simènza gab und in dem Montalbano gewöhnlich einkaufte, hatte eine geniale Idee gehabt, um den gesetzlich verordneten sonntäglichen Ladenschluß zu umgehen: Er ließ den Rolladen herunter und stellte sich selbst und einen wohlsortierten Verkaufsstand davor.
    »Die Erdnüsse sind frisch geröstet, sie sind noch heiß!« verkündete der Händler.
    Der Commissario ließ sich in die Tüte, in der schon Kichererbsen und Kürbiskerne waren, noch eine Handvoll Erdnüsse einfüllen.
    Der einsame Spaziergang bis vorn an die östliche Mole, den er immer zum Nachdenken brauchte, dauerte länger als sonst, bis nach Sonnenuntergang.
    »Dieses Kind ist hochintelligent!« rief Livia ganz aufgeregt, kaum daß Montalbano zur Tür hereingekommen war. »Erst vor drei Stunden habe ich ihm erklärt, wie man Dame spielt, und schau - ein Spiel hat er bereits gewonnen, und das hier gewinnt er gerade.«
    Der Commissario blieb neben ihnen stehen und sah bei den letzten Spielzügen zu. Livia machte einen Riesenfehler, und Francois heimste ihre beiden letzten Damen ein. Bewußt oder unbewußt hatte Livia es darauf angelegt, daß der Junge gewann: Wäre er, Montalbano, an Francois' Stelle gewesen, hätte sie ihm nicht mal über ihre Leiche die Genugtuung des Sieges gegönnt. Einmal hatte sie - wie niederträchtig! - sogar eine plötzliche Ohnmacht vorgetäuscht und bei der Gelegenheit die Spielsteine einfach auf den Boden fallen lassen. »Hast du Hunger?«
    »Ich kann schon noch warten«, antwortete der Commissario und ging damit auf ihre unausgesprochene Bitte ein, erst später zu Abend zu essen. »Wir würden gern ein bißchen Spazierengehen.«
    Sie und Francois natürlich; die Möglichkeit, daß er sich ihnen anschließen könnte, war ihr nicht im Traum eingefallen.
    Montalbano deckte den Tisch besonders sorgfältig, und als er fertig war, ging er in die Küche, um zu sehen, was Livia vorbereitet hatte. Nichts - arktische Öde, Besteck und Teller glänzten makellos. Sie ging ganz und gar in Francois' Betreuung auf und hatte nicht einmal an ihr Abendessen gedacht.
    Er machte eine ebenso rasche wie traurige Bestandsaufnahme: Als ersten Gang konnte er ein bißchen pasta all'aglio e oglio machen, für den zweiten Gang sich mit gesalzenen Sardinen, Oliven,

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