Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Commissario Montalbano 04 - Die Stimme der Violine

Commissario Montalbano 04 - Die Stimme der Violine

Titel: Commissario Montalbano 04 - Die Stimme der Violine Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Camilleri
Vom Netzwerk:
Nacht? Ich hab dir ein Zimmer zurechtgemacht.«
    »Vielen Dank, Franca, aber du weißt doch, dass ich nicht kann. Ich fahre spätestens um fünf wieder ab. Ich bin ja nicht dein Bruder, der wie ein Irrer über diese Straßen rast.«
    »Los, geh dich schnell waschen.«
    Eine Viertelstunde später kam er erfrischt zurück, Franca deckte gerade für etwa zehn Personen den Tisch. Der Commissario dachte, das sei vielleicht der richtige Moment.
    »Mimi hat gesagt, dass du mit mir reden willst.«
    »Später, später«, sagte Franca schnell. »Hast du Hunger?«
    » Beh, sì.«
    »Magst du ein bisschen Weizenbrot? Ich habe es erst vor einer Stunde aus dem Ofen geholt. Soll ich es dir zurechtmachen?«
    Ohne seine Antwort abzuwarten, schnitt sie zwei Scheiben von einem Brotlaib ab, tat Olivenöl, Salz, schwarzen Pfeffer und pecorino darauf, legte die beiden Scheiben aufeinander und reichte sie ihm.
    Montalbano ging hinaus, setzte sich auf eine Bank neben der Tür und fühlte, wie er beim ersten Bissen vierzig Jahre jünger wurde, er war wieder ein kleiner Junge, so hatte ihm auch seine Großmutter das Brot immer zurechtgemacht.
    Man musste es unter dieser Sonne essen, durfte dabei an nichts denken und nur genießen, dass man eins war mit dem Körper, mit der Erde, mit dem Duft des Grases. Kurz darauf hörte er Geschrei und sah drei Kinder kommen, die Fangen spielten und sich dabei schubsten und gegenseitig ein Bein stellten. Es waren der neunjährige Giuseppe, sein Bruder Domenico, der nach seinem Onkel Mimi hieß und genauso alt war wie Francois, und Francois selbst.
    Der Commissario staunte, als er ihn sah: Er war der größte von allen geworden, der lebhafteste und frechste. Wie, zum Teufel, konnte er sich in den knapp zwei Monaten, die er ihn nicht gesehen hatte, dermaßen verändert haben? Er lief ihm mit offenen Armen entgegen. Francois erkannte ihn und blieb wie angewurzelt stehen, während seine Spielkameraden zum Haus gingen. Montalbano kniete sich hin, die Arme immer noch ausgebreitet.
    »Ciao, Francois.«
    Der Junge ging hastig weiter und wich ihm aus, indem er einen Bogen um ihn machte.
    »Ciao«, sagte er.
    Der Commissario sah ihn im Haus verschwinden. Was war denn los? Warum hatte er in den Augen des Kindes keine Freude gesehen? Er tröstete sich damit, dass es sich vielleicht um einen kindlichen Groll handelte, wahrscheinlich hatte Francois sich von ihm vernachlässigt gefühlt.
    Die Plätze an den beiden Tischenden waren für den Commissario und Francas Mann Aldo Gagliardo bestimmt, der sehr wortkarg war und seinem Namen alle Ehre machte, weil er wirklich von kräftiger Statur war. Rechts saß Franca, dann kamen die drei Kinder, Francois war am weitesten entfernt, er saß neben Aldo. Links hatten drei Jungen um die zwanzig Platz genommen, Mario, Giacomo und Ernst. Die beiden Ersteren waren Studenten, die sich mit Feldarbeit ihr Brot verdienten, der dritte, ein Deutscher auf Reisen, erzählte Montalbano, er hoffe, noch ein Vierteljahr bleiben zu können. Das Mittagessen, pasta col sugo di sasizza und als zweiten Gang sasizza alla brace, ging ziemlich schnell vonstatten, Aldo und seine drei Gehilfen wollten bald wieder an ihre Arbeit. Alle stürzten sich auf die süßen Sachen, die der Commissario mitgebracht hatte. Dann standen sie auf ein Zeichen Aldos hin auf und verließen das Haus.
    »Ich mach dir noch einen Kaffee«, sagte Franca. Montalbano war nervös, er hatte gesehen, wie Aldo, bevor er hinausging, mit seiner Frau einen flüchtigen Blick des Einverständnisses gewechselt hatte. Franca servierte dem Commissario den Kaffee und setzte sich vor ihn hin.
    »Es ist eine ernste Sache«, schickte sie voraus.
    In diesem Augenblick kam Francois herein, entschlossen, die Hände an der Hosennaht und zu Fäusten geballt. Er blieb vor Montalbano stehen, sah ihn streng und fest an und sagte mit zitternder Stimme:
    »Du bringst mich nicht von meinen Brüdern weg.«
    Er wandte sich um und stürzte hinaus. Das war ein schwerer Schlag für Montalbano, sein Mund war wie ausgetrocknet. Er sagte das Erste, was ihm durch den Kopf ging, und das war leider Schwachsinn:
    »Wie gut er Italienisch gelernt hat!«
    »Was ich dir sagen wollte, hat der Kleine schon gesagt«, sagte Franca. »Und wir beide, ich und Aldo, haben wirklich nichts anderes getan, als von Livia und dir zu reden, wie gut es ihm bei euch gehen wird und wie sehr ihr ihn lieb habt und immer lieb haben werdet. Es war nichts zu machen. Vor einem Monat ist ihm das

Weitere Kostenlose Bücher