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Commissario Montalbano 04 - Die Stimme der Violine

Commissario Montalbano 04 - Die Stimme der Violine

Titel: Commissario Montalbano 04 - Die Stimme der Violine Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Camilleri
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hatte.
    »Ja. Sie ist auf die Knie gefallen. Aber da war sie angezogen. Auf der Hautabschürfung des linken Knies waren mikroskopisch kleine Fasern von den Jeans, die sie trug.«
    Sonst musste nichts weiter überprüft werden. Um acht Uhr abends tankt Michela Licalzi voll und fährt landeinwärts. Dreieinhalb Stunden später befindet sie sich mit einem Mann auf dem Rückweg. Nach Mitternacht wird sie - immer noch in Begleitung eines Mannes, und zwar mit Sicherheit desselben - gesehen, als sie zu ihrer Villa in Vigàta geht.
    »Ciao, Anna, hier ist Salvo. Heute Nachmittag war ich bei dir, aber du warst nicht da.«
    »Ingegnere Di Blasi hatte mich angerufen, seiner Frau ging es schlecht.«
    »Ich hoffe, dass ich bald gute Nachrichten für sie habe.«
    Anna antwortete nicht, und Montalbano begriff, dass er was Blödes gesagt hatte. Die einzige Nachricht, die das Ehepaar Di Blasi gut finden konnte, war Maurizios Auferstehung.
    »Anna, ich wollte dir was sagen, was ich über Michela rausgekriegt habe.«
    »Komm zu mir.«
    Nein, das durfte er nicht. Er wusste, wenn Anna noch mal ihren Mund auf seine Lippen legte, würde die Sache böse enden.
    »Ich kann nicht, Anna. Ich habe einen Termin.«
    Gott sei Dank saß er am Telefon, denn säße er bei ihr, hätte sie sofort gemerkt, dass er log.
    »Was wolltest du mir denn sagen?«
    »Ich habe festgestellt, dass Michela aller Wahrscheinlichkeit nach am Mittwochabend um acht auf der Straße unterwegs war, die von Enna nach Palermo führt. Vielleicht ist sie in einen Ort in der Provinz Montelusa gefahren. Denk gut nach, bevor du antwortest: Hatte sie deines Wissens außer in Montelusa und Vigàta noch weitere Bekanntschaften?«
    Die Antwort kam nicht sofort, Anna dachte nach, was der Commissario ja wollte.
    »Freunde nicht, das schließe ich aus. Sie hätte es mir gesagt. Bekanntschaften schon, ein paar.«
    »Wo?«
    »Zum Beispiel in Aragona und Comitini, die beide an der Straße liegen.«
    »Welcher Art waren diese Bekanntschaften?«
    »Fliesen hat sie in Aragona gekauft. In Comitini hat sie auch was besorgt, ich weiß aber nicht mehr, was.«
    »Also bloße Geschäftsbeziehungen?«
    »Ich würde sagen, ja. Aber weißt du, Salvo, von dieser Straße kann man überallhin fahren. Es gibt auch eine Abzweigung nach Raffadali: Der Chef der Mordkommission hätte alle möglichen Vermutungen anstellen können.«
    »Noch was: Nach Mitternacht wurde sie auf dem Weg zu ihrem Haus gesehen, nachdem sie aus dem Auto gestiegen war. Sie stützte sich auf einen Mann.«
    »Bist du sicher?«
    »Ganz sicher.«
    Diesmal schwieg sie so lange, dass der Commissario schon glaubte, die Verbindung sei unterbrochen.
    »Anna, bist du noch dran?«
    »Ja. Salvo, ich wiederhole klar und ein für alle Mal, was ich dir schon gesagt habe. Michela war keine Frau von flüchtigen Affären, sie hatte mir anvertraut, dass sie körperlich nicht dazu imstande war, verstehst du? Sie hatte ihren Mann lieb. Sie hing sehr an Serravalle. Es kann nicht mit ihrer Einwilligung geschehen sein, was auch immer der Gerichtsmediziner darüber denkt. Sie wurde grauenvoll vergewaltigt.«
    »Wie erklärst du dir, dass sie den Vassallos nicht gesagt hat, sie würde nicht zum Abendessen kommen? Sie hatte doch ihr Handy dabei, oder?«
    »Ich verstehe nicht, worauf du hinauswillst.«
    »Also hör zu. Als Michela sich abends um halb acht von dir verabschiedet und erklärt, sie gehe ins Hotel, sagt sie dir in diesem Augenblick ganz bestimmt die Wahrheit. Dann kommt etwas dazwischen, und sie überlegt es sich anders.
    Das kann nur ein Anruf auf ihrem Handy sein, denn als sie in die Straße Enna-Palermo einbiegt, ist sie noch allein.«
    »Du glaubst also, dass sie zu einer Verabredung gefahren ist?«
    »Es gibt keine andere Erklärung. Es ist etwas Unvorherge­sehenes, aber sie will unbedingt zu diesem Treffen. Deshalb ruft sie die Vassallos nicht an. Sie hat keine plausible Entschuldigung, um ihr Nichtkommen zu rechtfertigen, deswegen findet sie es am besten, einfach zu verschwinden. Von mir aus schließen wir die Bettgeschichte aus, vielleicht ist es eine Besprechung wegen des Hausbaus, die dann einen tragischen Verlauf nimmt. Das gestehe ich dir vorläufig zu. Aber dann frage ich dich: Was konnte so wichtig gewesen sein, dass sie sich den Vassallos gegenüber so unmöglich verhält?«
    »Ich weiß es nicht«, sagte Anna bekümmert.

Fünfzehn
    Was konnte so wichtig gewesen sein?, fragte sich der Commissario wieder, nachdem er sich von der

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