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Commissario Montalbano 05 - Das Spiel des Patriarchen

Commissario Montalbano 05 - Das Spiel des Patriarchen

Titel: Commissario Montalbano 05 - Das Spiel des Patriarchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Camilleri
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Gründen, mit der ausgebeulten schwarzen Tasche in der Hand; Pasqualino De Dominicis, den kleinen Brandstifter, zwischen Papalein Guido und Mamalein Gina in einem ebenso duftigen wie altmodischen Babydoll.
    Beim Anblick des Commissario geschah zweierlei: Die Zeit blieb stehen, und alle erstarrten zu Stein. Das nutzte Signora Burgio Concetta verwitwete Lo Mascolo aus, um mit dramatischer Stimme einen didaktisch erläuternden Monolog zu improvisieren.
    »Maria, Maria, Maria, ich bin wahnsinnig erschrocken! Grad erst war ich eingenickt, als ich plötzlich wieder dieses Konzert zu hören glaubte, als ob der Tote noch lebte! Die Nutte, die ah ah ah ah gemacht hat, und er, der wie ein Schwein gemacht hat! Genau, ganz genau wie sonst auch! Wie bitte, ist da etwa ein Gespenst in seine Wohnung gegangen und hat eine Nutte mitgebracht? Und fängt, mit Verlaub, an zu ficken, als wäre es lebendig? Zu Stein erstarrt bin ich! Zu Tode erschrocken bin ich! Da hab ich die Polizei angerufen. Alles hätte ich mir vorstellen können, aber nicht, dass es sich um diesen Herrn und Commissario handelt, der ausgerechnet hierher kommt und macht, was ihm passt! Alles hätte ich mir vorstellen können!« Der Schluss, zu dem Signora Burgio Concetta verwitwete Lo Mascolo, wie übrigens alle Anwesenden, gelangt war, beruhte auf einer unerschütterlichen Logik. Montalbano, der vollkommen verdattert war, hatte nicht die Kraft zu reagieren. Betäubt blieb er in der Tür stehen. Doch Mimi Augello reagierte, er steckte die Pistole wieder ein, stieß den Commissario mit der Hand zurück in die Wohnung und begann dermaßen zu brüllen, dass die Hausbewohner schlagartig die Flucht ergriffen.
    »Schluss jetzt! Gehen Sie schlafen! Weitergehen! Es gibt nichts zu sehen!«
    Dann schloss er die Tür hinter sich und ging, mit finsterem Gesicht, auf den Commissario zu. »Scheiße, was fällt dir eigentlich ein, eine Frau hier mit reinzunehmen! Hol sie her, wir müssen schauen, wie wir sie aus dem Haus hier rauskriegen, ohne dass es noch mal einen Volksaufstand gibt!«
    Montalbano gab keine Antwort, er ging, gefolgt von Mimi, ins Schlafzimmer.
    »Hat sie sich im Bad versteckt?«, fragte Augello.
    Der Commissario startete das Band, stellte jedoch leise. »Da ist sie, die Frau«, sagte er.
    Er setzte sich auf die Bettkante. Augello sah auf den Bildschirm. Dann plumpste er plötzlich auf einen Stuhl. »Warum habe ich bloß nicht vorher daran gedacht?« Montalbano drückte auf Stopp.
    »Mimi, die Wahrheit ist, dass wir, ich ebenso wie du, den Tod von Sanfilippo und den beiden Alten hingenommen haben, ohne uns zu engagieren. Wir haben manche Dinge, die zu tun waren, vernachlässigt. Vielleicht hängen wir zu sehr anderen Gedanken nach. Wir beschäftigen uns mehr mit unserem eigenen Kram als mit den Ermittlungen. Damit ist jetzt Schluss. Wir fangen neu an. Hast du dich jemals gefragt, warum Sanfilippo den Briefwechsel mit seiner Geliebten in den Computer übertragen hat?«
    »Nein, aber wo er doch mit Computern zu tun hatte -«
    » Mimi, hast du jemals Liebesbriefe bekommen?«
    »Natürlich.«
    »Und was hast du mit ihnen gemacht?«
    »Manche habe ich aufgehoben, andere nicht.«
    »Warum?«
    »Weil es wichtige gab, die -«
    »Stopp. Du hast >wichtige< gesagt. Wegen ihres Inhalts natürlich, aber auch wegen der Art, wie sie geschrieben waren, wegen der Schrift, der Fehler, der durchgestrichenen Stellen, der Großbuchstaben, der Absätze, der Farbe des Briefpapiers, der Adresse auf dem Umschlag - Wie auch immer, wenn du dir einen solchen Brief angesehen hast, konntest du dir die Person, die ihn geschrieben hat, leicht vergegenwärtigen. Stimmt das?«
    »Es stimmt.«
    »Aber wenn du ihn in einen Computer überträgst, verliert dieser Brief jeden Wert, jeden vielleicht nicht, aber einen großen Teil. Als Beweismittel verliert er sicher jeden Wert.«
    »Entschuldige, wieso das?«
    »Weil du nicht mal ein Schriftgutachten beantragen kannst. Doch wie auch immer, eine Kopie der Briefe als Computerausdruck ist immer noch besser als gar nichts.«
    »Das verstehe ich nicht.«
    »Angenommen, Sanfilippos Liebschaft ist eine gefährliche Liebschaft, natürlich nicht à la de Laclos -«
    »Was ist denn das, de Laclos?«
    »Vergiss es. Ich meinte gefährlich in dem Sinn, dass sie, wenn sie entdeckt wird, böse, mit Mord und Totschlag enden kann. Wenn wir entdeckt werden - wird Nenè Sanfilippo gedacht haben - kann uns die Herausgabe der Originalbriefe vielleicht das Leben retten.

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