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Commissario Montalbano 06 - Der Kavalier der späten Stunde

Commissario Montalbano 06 - Der Kavalier der späten Stunde

Titel: Commissario Montalbano 06 - Der Kavalier der späten Stunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Camilleri
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Ach woher denn! Ich bin Caspare Indelicato, Pedell an der Grundschule. Gehen Sie auf die Seite, da kommen die Autos, die in diese Richtung wollen.«
    »Ist denn heute schulfrei?«
    »Eigentlich nicht. Aber die Schule ist geschlossen, zwei Decken sind runtergebrochen.«
    »Und deshalb wurden Sie abgestellt, um den Verkehr zu regeln?«
    »Mich hat niemand abgestellt. Ich bin freiwillig hier. Wenn wir nicht hier wären, ich auf dieser Seite und Peppi Brucculeri auf der anderen, auch freiwillig, ja, was glauben Sie, was das für ein Chaos wäre!«
    »Was ist denn mit der Straße?«
    »Einen Kilometer von hier ist sie abgebrochen. Vor fünf Monaten. Es kann immer nur ein Auto durch.«
    »Vor fünf Monaten?!«
    »Sissignura. Die Gemeinde sagt, dass die Provinz sie repa­rieren muss, die Provinz sagt, die Region, die Region sagt, die Straßenmeisterei, und ihr seid die Blöden.«
    »Und Sie nicht?«
    »Ich fahr mit dem Rad.«
    Eine halbe Stunde später konnte Montalbano seine Fahrt fortsetzen. Er erinnerte sich, dass der Hof etwa vier Ki­lometer von Calapiano entfernt und über einen Feldweg zu erreichen war, so voller Schlaglöcher, Steine und Staub, dass sogar die Ziegen einen Bogen darum machten. Doch diesmal fand er sich auf einer zwar schmalen, aber asphal­tierten und gut gepflegten Straße wieder. Es gab zwei Möglichkeiten: Entweder hatte er sich verfahren, oder die Gemeinde Calapiano funktionierte gut. Die zweite Mög­lichkeit erwies sich als die richtige. Das große Bauernhaus tauchte hinter einer Kurve auf, aus dem Schornstein stieg Rauch auf, ein Zeichen, dass jemand in der Küche stand und kochte. Er sah auf die Uhr, es war fast eins. Er stieg aus, lud sich die cannoli und all die süßen Sachen auf und trat ins Haus, in den großen Raum, der Ess-, aber offenbar auch Wohnzimmer war, denn in der Ecke stand ein Fernseher. Er stellte seine Pakete auf den Tisch und ging in die Küche. Franca, Mimìs Schwester, stand mit dem Rücken zu ihm und merkte nicht, dass er hereingekommen war. Der Com­missario sah ihr eine Weile still zu, voller Bewunderung für die Harmonie ihrer Bewegungen und vor allem bene­belt vom Duft des Ragout, den er mit vollen Zügen ein­atmete. »Franca.«
    Die Frau drehte sich um, ihr Gesicht hellte sich auf, und sie lief in Montalbanos Arme. »So eine Überraschung, Salvo!« Und gleich darauf:
    »Hast du schon von Minus Hochzeit gehört?«
    »Ja.«
    »Heute früh hat Beba angerufen, ihrem Vater geht es besser.«
    Dann sagte sie nichts mehr, sie ging wieder an den Herd, sie fragte nicht, warum Salvo sie besuchte.
    Eine großartige Frau, dachte Montalbano. Und erkundigte sich:
    »Wo sind die anderen?«
    »Die Großen bei der Arbeit. Giuseppe, Domenico und Francois sind in der Schule. Sie kommen gleich. Ernst holt sie mit dem Auto ab, erinnerst du dich an den deutschen Studenten, der hier Ferien gemacht und uns geholfen hat? Er besucht uns, so oft er kann, er hängt an uns.«
    »Ich muss mit dir reden«, sagte Montalbano. Er erzählte ihr die Geschichte mit dem Sparbuch und dem Geld beim Notar. Bisher hatte er weder Franca noch ihrem Mann Aldo etwas davon gesagt, ganz einfach, weil er es immer vergessen hatte. Während er erzählte, lief Franca, gefolgt von Montalbano, zwischen Küche und Esszimmer hin und her. Am Ende lautete ihr ganzer Kommentar: »Das hast du gut gemacht. Das freut mich für Francois. Nimmst du das Besteck mit rüber?«

Neun
    Als er ein Auto in den Hof fahren hörte, konnte er nicht an sich halten und lief schnell hinaus.
    Er erkannte Francois sofort. Mein Gott, wie sehr er sich verändert hatte! Er war nicht mehr der kleine Bub, wie er ihn in Erinnerung hatte, sondern ein schlaksiger Junge mit dunklen Locken und riesigen schwarzen Augen. Im selben Augenblick sah Francois ihn. »Salvo!«
    Er lief Montalbano entgegen und umarmte ihn fest. Nicht wie damals, als Francois erst auf ihn zugelaufen und dann plötzlich ausgewichen war, jetzt gab es keine Probleme mehr zwischen ihnen, nichts überschattete das Glück, das sich in der Innigkeit und Dauer ihrer Umarmung zeigte. So gingen sie - Montalbano mit einem Arm um Francois' Schultern und Francois, der ihn um die Taille zu fassen versuchte - gefolgt von den anderen ins Haus. Dann kamen Aldo und seine drei Gehilfen und setzten sich an den Tisch. Francois saß rechts von Montalbano, und irgendwann lag die linke Hand des Jungen auf Salvos Knie. Der nahm seine Gabel in die andere Hand und be­mühte sich, seine Pasta mit Ragout mit

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