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Commissario Montalbano 08 - Die Passion des stillen Rächers

Commissario Montalbano 08 - Die Passion des stillen Rächers

Titel: Commissario Montalbano 08 - Die Passion des stillen Rächers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Camilleri
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Fazio, der in seinem Sessel eingenickt war, und Fifì Minutolo, der im anderen Sessel saß und eine Zigarre rauchte. Von der offenen Tür zum Garten zog es kalt herein.
    »Wisst ihr, woher der Anruf kam?«, fragte Montalbano als Erstes.
    »Nein. Es ging zu schnell«, antwortete Minutolo. »Hör ihn dir an, dann reden wir drüber.«
    »Gut.«
    Fazio spürte Montalbanos Gegenwart, er öffnete aus einem tierhaften Reflex heraus die Augen und sprang auf.
    »Dottore, sind Sie schon da? Wollen Sie es sich anhören? Setzen Sie sich an meinen Platz.«
    Ohne die Antwort abzuwarten, startete er das Aufnahmegerät.
    Hallo? Wer ist da? Hier bei Mistretta. Wer spricht da?
    …
    Wer ist denn da?
    Hör zu und unterbrich mich nicht. Wir haben das Mädchen, und im Augenblick geht es ihm gut. Erkennst du die Stimme?
    …
    Papà … Papà … bitte … hilf …
    …
    Hast du gehört? Du wirst viel Geld brauchen. Ich rufe übermorgen wieder an.
    …
    Hallo? Hallo? Hallo?
    …
    »Noch mal von vorn«, sagte der Commissario.
    Er hatte kein Verlangen, die abgrundtiefe Verzweiflung in der Stimme des Mädchens noch mal zu hören, aber er musste es tun. Vorsichtshalber legte er sich die Hand über die Augen, für den Fall, dass es ihn zu sehr mitnahm.
    Nachdem er das Gespräch zum zweiten Mal mit angehört hatte, lief Dottor Mistretta schluchzend in den Garten hinaus, das Gesicht in den Händen vergraben. Minutolo meinte:
    »Er hängt sehr an seiner Nichte.«
    Und dann, mit einem Blick auf Montalbano:
    »Und?«
    »Die Botschaft wurde vorher aufgenommen. Meinst du nicht auch?«
    »Sicher.«
    »Die Stimme des Mannes klingt verstellt.«
    »Hört sich so an.«
    »Sie sind mindestens zu zweit. Susannas Stimme ist im Hintergrund, nicht direkt neben dem Aufnahmegerät. Einer nimmt auf, fragt: ›Erkennst du die Stimme?‹, und dann vergehen ein paar Sekunden, bevor Susanna redet. So lange braucht der Komplize, um ihr den Knebel abzunehmen. Dann legt er ihr ihn wieder an und schneidet ihr damit das Wort ab, sie wollte sicher sagen: ›Hilf mir!‹. Was meinst du?«
    »Es könnte aber auch nur einer sein. Er fragt: ›Erkennst du die Stimme?‹, und danach nimmt er ihr den Knebel ab.«
    »Das ist unmöglich, denn dann müsste die Pause zwischen der Frage des Mannes und Susannas Stimme länger sein.«
    »Richtig. Weißt du was?«
    »Nein, du bist der Experte.«
    »Sie gehen nicht nach dem üblichen Muster vor.«
    »Was meinst du damit?«
    »Wie läuft eine Entführung normalerweise ab? Es gibt einen oder mehrere Helfer, sagen wir die Gruppe B, die den Auftrag hat, eine Person zu entführen. Gruppe B übergibt die entführte Person Gruppe C, weiteren Helfern, die sie verstecken und bewachen sollen. Da tritt Gruppe A auf den Plan, die Hintermänner, die die Entführung organisiert haben und das Lösegeld fordern. Es dauert eine Weile, bis das alles abgewickelt ist. Die Lösegeldforderung erfolgt also gewöhnlich erst einige Tage nach der Entführung. Hier sind aber nur ein paar Stunden vergangen.«
    »Und was bedeutet das?«
    »Es bedeutet meines Erachtens, dass die Gruppe, die Susanna entführt hat, identisch ist mit der, die sie gefangen hält und das Lösegeld fordert. Vielleicht ist die Organisation gar nicht groß. Möglicherweise spielt sich alles en famille ab, das ist billiger. Und wenn es keine Profis sind, dann wird das Ganze erst recht kompliziert und für das Mädchen gefährlich. Verstehst du?«
    »Vollkommen.«
    »Es bedeutet auch, dass sie nicht weit von hier festgehalten wird.«
    Er schwieg nachdenklich.
    »Es sieht aber auch nicht nach einer Blitzentführung aus. Da wird die geforderte Summe immer beim ersten Kontakt genannt, weil sie es eilig haben.«
    »Ist es normal, dass wir Susannas Stimme zu hören bekommen?«, fragte Montalbano. »Ich glaube nicht, dass …«
    »Du hast ganz Recht«, sagte Minutolo. »So was gibt es nur im Film. Manchmal lassen sie, wenn du nicht zahlst, nach einer Weile das Entführungsopfer ein paar Zeilen schreiben, um nachzuhelfen. Oder sie schicken dir ein halbes Ohr. Darauf beschränkt sich der Kontakt zwischen dem Entführungsopfer und seiner Familie.«
    »Hast du gemerkt, wie er spricht?«, fragte Montalbano.
    »Wie er spricht?«
    »Perfektes Italienisch. Ohne die geringste dialektale Färbung.«
    »Stimmt«, sagte Munitolo nachdenklich.
    »Was hast du jetzt vor?«
    »Was soll ich schon machen, ich rufe den Questore an und berichte vom Stand der Dinge.«
    Montalbano dachte eine Weile nach. »Ich werde nicht

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