Commissario Montalbano 10 - Die schwarze Seele des Sommers
statt.«
»Ach, dann weiß ich nicht, wie …«
»Ich mache Ihnen beiden einen Vorschlag: Ich lade Sie zum Mittagessen ein. Dann können wir weiterreden. Wenn es Ihnen recht ist…«
»Ich danke Ihnen, aber ich muss nach Hause, wissen Sie, es ist Ferragosto«, sagte Fazio.
»Ich dagegen nehme gerne an«, sagte Montalbano. »Wohin gehen wir?«
»Wohin Sie wollen.«
Das kam Montalbano ganz unwirklich vor. Sie verabredeten sich für halb zwei bei Enzo.
»Diese Kleine lässt sich ganz bestimmt nicht die Butter vom Brot nehmen«, flüsterte Fazio, während sie hinausging.
Als sie allein waren, sahen Montalbano und Fazio sich im Zimmer um. Dabei sank ihnen mehr und mehr der Mut. Der Schreibtisch war gänzlich mit Papieren überdeckt, und auch sonst stapelte sich das Papier überall: auf dem kleinen Tisch mit der Flasche Wasser und dem Glas, auf dem Rollcontainer und sogar auf dem kleinen Sofa und den beiden Sesseln für hochgestellte Gäste. Sie gerieten völlig ins Schwitzen und brauchten eine gute halbe Stunde, ehe sie den Fragebogen fanden. Aber das war noch gar nichts; denn sie schwitzten noch mehr, als sie ihn ausfüllten.
Als sie es geschafft hatten, war es nach eins. Fazio verabschiedete sich und ging. »Catarella!«
»Hier bin ich.«
»Mach mir eine Fotokopie von diesen vier Seiten. Und sollte irgendwann zufällig jemand im Namen des Questore wegen eines Fragebogens anrufen, schickst du ihm die Fotokopie, die du gemacht hast. Ich sage es noch mal ganz ausdrücklich: die Fotokopie!«
»Seien Sie ganz unbesorgt, Dottori.«
»Hol mir die Kleidungsstücke, die du zum Trocknen aufgehängt hast. Danach gehst du raus und öffnest die Türen von meinem Wagen.«
Er zog sich im Badezimmer aus und hatte den Eindruck, dass seine Haut nach Schweiß roch. Das musste die verdammte Suche nach dem Fragebogen gewesen sein. Er wusch sich lange, zog sich um, gab Catarella die verschwitzten Kleidungsstücke, damit er sie im Hof aufhängen konnte, und ging in Augellos Zimmer. Er wusste, dass Mimi in einer Schublade eine Flasche Rasierwasser aufbewahrte. Er suchte nach ihr und fand sie. Das Rasierwasser hieß »Irresistible«. Er drehte den Verschluss auf und dachte, im Flaschenhals wäre eine Dosiervorrichtung eingebaut. Aber es endete damit, dass er den halben Flakon über sein Hemd und seine Hose goss. Und was sollte er jetzt tun? Wieder die schmutzigen Sachen anziehen? Nein, vielleicht verflog der Duft ja im Freien. Dann konnte er sich nicht entscheiden, ob er den Miniventilator mitnehmen sollte oder nicht. Er kam zu dem Schluss, dass er es nicht tun sollte; mit einem Miniventilator im Gesicht und wie eine Nutte parfümiert hätte er in Adrianas Augen mit Sicherheit ziemlich lächerlich gewirkt.
Obwohl er die Türen hatte öffnen lassen, kam es ihm beim Einsteigen in den Wagen vor, als würde er in einen Backofen klettern. Aber ihm war nicht danach, zu Fuß zu Enzo zu gehen, außerdem hatte er sich bereits verspätet.
Vor der verschlossenen Trattoria stand Adriana aufrecht neben einem Punto, unter einer Sonne, die die Steine zum Bersten brachte. Montalbano hatte vergessen, dass Enzo Ferragosto feierte und die Trattoria daher nicht öffnete. »Fahren Sie mir hinterher«, sagte er zu ihr. In der Nähe der Kaffeebar in Marinella gab es eine Trattoria, in der er noch nie gewesen war. Doch wenn er mit dem Auto vorüberfuhr, konnte er immer sehen, dass die Tische davor stets im Schatten lagen, geschützt von einer dichten Pergola. In zehn Minuten waren sie dort. Trotz des Feiertags waren nicht viele Leute da, und sie konnten einen Tisch auswählen, der ein bisschen weiter abseits von den anderen stand.
»Haben Sie sich meinetwegen umgezogen und parfümiert?«, fragte Adriana maliziös.
»Nein, meinetwegen. Und was das Parfüm betrifft, ist die Flasche auf mich gefallen«, antwortete er ausdruckslos.
Vielleicht wäre es doch besser gewesen, wenn er den Schweißgeruch an seinem Körper gelassen hätte.
Sie verharrten still, bis der Kellner kam und eine Litanei herunterbetete.
»Wir haben Spaghetti mit Tomaten, schwarze Tintenfischspaghetti, Spaghetti mit Seeigeln, Spaghetti mit Venusmuscheln, Spaghetti…«
»Für mich die mit Venusmuscheln«, unterbrach ihn Montalbano. »Und für Sie?«
»Mit Seeigeln.«
Der Kellner setzte zu einer weiteren Litanei an. »Als Hauptgericht wären da Seebarben in Salzkruste, Goldbrassen al forno, Seebarsch in Kräutersoße, Steinbutt vom Holzkohlengrilll…«
»Sagen Sie's uns nachher
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