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Commissario Montalbano 10 - Die schwarze Seele des Sommers

Commissario Montalbano 10 - Die schwarze Seele des Sommers

Titel: Commissario Montalbano 10 - Die schwarze Seele des Sommers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Camilleri
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und ließ sich auf einen Stuhl fallen. Ich ging in die obere Etage, zog mich an, und als ich wieder herunterkam, war er nicht mehr da.«
    »Haben Sie nicht gedacht, er könnte Sie vergewaltigen?«
    »Nicht einen Augenblick lang.«
    »Wieso?«
    »Weil ich gleich gemerkt habe, dass er völlig impotent war. Allein schon, wie er mich ansah. Und die Bestätigung dafür kam, als ich ihn küsste und er mich streichelte. Er hatte, wie soll ich sagen, keine offensichtliche Reaktion.«
    Deutlich hörte der Commissario in seinen Ohren all seine Vermutungen lärmend zerscheppern: Ralf, der das Mädchen zwingt, in das Untergeschoss einzusteigen, der sie vergewaltigt, der sie ermordet und später auch sich selbst umbringt oder gezwungen ist, sich umzubringen… Er wechselte einen untröstlichen Blick mit Fazio. Auch der wirkte sprachlos.
    Dann sah er Adriana voller Bewunderung an: War er überhaupt schon mal einer jungen Frau begegnet, die die Dinge mit einer ähnlichen Offenheit zur Sprache brachte? »Haben Sie diese Geschichte Rina erzählt?«
    »Natürlich.«
    »Wieso ist Rina dann fortgerannt, als Ralf versuchte, sie zu küssen? Wo sie doch wusste, dass er harmlos war.«
    »Commissario, ich habe Ihnen ja schon gesagt, dass wir in dieser Hinsicht verschieden waren. Rina war nicht erschrocken, sondern einfach zutiefst beleidigt. Deshalb rannte sie weg.«
    »Mir wurde gesagt, dass der Landvermesser Spitaleri…«
    »Ja, der fuhr in diesem Augenblick mit seinem Wagen vorbei. Er sah Rina, die wegrannte, und Ralf, der ihr nackt hinterherlief. Er hielt an, stieg aus dem Auto und schickte Ralf mit einem gewaltigen Faustschlag zu Boden. Dann kniete er sich über ihn, zog ein Messer aus der Tasche und drohte ihm, ihn umzubringen, wenn er meine Schwester noch einmal belästigen sollte.«
    »Und dann?«
    »Ließ er sie in seinen Wagen steigen und fuhr sie nach Hause.«
    »Ist er mit reingekommen?«
    »Rina sagte mir, sie habe ihm einen Espresso angeboten.«
    »Wissen Sie, ob Spitaleri und Ihre Schwester sich noch öfter gesehen haben?«
    »Ja.«
    In diesem Augenblick klingelte das Telefon. »Ah, Dottori, Dottori! Der Signoriundquestori will Sie unverzüglich dringend persönlich selber sprechen.«
    »Aber wieso hast du ihm nicht gesagt, dass ich noch beim Zahnarzt bin?«
    »Ich hab diese Versuchung ja gemacht und gesagt, dass Sie noch draußen wären, aber er, also der Signoriundquestori, hat mir gesagt, ich soll bloß nicht sagen, Sie wären noch beim Zahnarzt, und da hab ich ihm gesagt, Sie wären persönlich selber präsent.«
    »Stell mir den Anruf in Augellos Büro durch.« Er stand auf.
    »Sie müssen mich entschuldigen, Adriana. Ich beeile mich und mache so schnell wie möglich. Fazio, komm mit.« In Mimis Zimmer, wo vormittags die Sonne reinknallte, erstickte man fast.
    »Hallo? Was gibt es, Signor Questore.«
    »Montalbano. Ist Ihnen das eigentlich klar?«
    »Was?«
    »Wie? Ihnen ist es nicht einmal klar?«
    »Was?«
    »Sie haben sich nicht einmal herabgelassen zu antworten!«
    »Auf was?«
    »Auf den Fragebogen!«
    »Über was?«
    Allein diese paar Silben auszusprechen, fiel ihm außerordentlich schwer.
    »Auf den Fragebogen zum Haushaltsstellenplan, den ich Ihnen vor zwei Wochen zugeschickt habe! Der war überaus dringend!«
    »Der wurde ausgefüllt zurückgeschickt.«
    »An mich?!«
    »Ja.«
    »Wann?«
    »Vor sechs Tagen.«
    Eine kolossale Lüge.
    »Haben Sie eine Kopie machen lassen?«
    »Ja.«
    »Sollte ich Ihre Antworten nicht finden, melde ich mich, und Sie schicken mir dann unverzüglich Ihre Kopie.«
    »Ja.«
    Als Montalbano auflegte, war sein Hemd völlig durchgeschwitzt.
    »Weißt du was über einen Fragebogen zum Haushaltsstellenplan, den der Polizeipräsident uns vor zwei Wochen zugeschickt hat?«
    »Jaja. Ich erinnere mich, dass ich Ihnen den gegeben habe.«
    »Und wo zum Teufel ist er hingekommen? Wir müssen ihn finden und ausfüllen. Dem Typen ist glatt zuzutrauen, dass er in einer halben Stunde wieder anruft. Gehen wir ihn suchen.«
    »Aber in Ihrem Zimmer wartet doch die junge Frau.«
    »Dann muss ich sie eben wieder nach Hause schicken.« Die junge Frau saß genauso da wie vorhin, als sie hinausgegangen waren. Es war, als hätte sie sich überhaupt nicht bewegt.
    »Hören Sie, Adriana, leider ist mir etwas dazwischengekommen. Können wir uns heute Nachmittag wiedersehen?«
    »Bis fünf Uhr muss ich zu Hause sein, dann geht die Krankenschwester.«
    »Sagen wir, morgen Vormittag?«
    »Da findet die Beerdigung

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