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Commissario Montalbano 12 - Die Spur des Fuchses

Commissario Montalbano 12 - Die Spur des Fuchses

Titel: Commissario Montalbano 12 - Die Spur des Fuchses Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Camilleri
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Montalbano, wie ihn ein starkes Unbehagen erfasste. Wie wenn man sich an einem Ort wiederfindet, wo man noch nie gewesen ist und trotzdem das Gefühl hat, schon einmal da gewesen zu sein. Als sie zu den Boxen kamen, ließ Rachele Montalbanos Hand los und löste sich aus der engen Umarmung. Aus einer Box streckte ein Pferd seinen Kopf heraus, das die Anwesenheit der Frau gespürt haben musste. Rachele stellte sich zu ihm, hielt ihren Mund an sein Ohr, legte ihm einen Arm um den Hals und fing an, leise mit ihm zu sprechen. Dann streichelte sie ihm ausgiebig die Stirn, ließ es los, drehte sich zu Montalbano, ging auf ihn zu, umarmte und küsste ihn. Lange. Dabei presste sie ihren Körper an seinen. Montalbano kam es vor, als sei die Temperatur um sie herum schlagartig um zwanzig Grad angestiegen. Dann löste sie sich von ihm.
    »Das ist allerdings nicht der Kuss, den ich Ihnen gegeben hätte, wenn ich gesiegt hätte.«
    Montalbano antwortete nicht, er war noch ganz benommen. Sie nahm ihn wieder bei der Hand und zog ihn mit sich fort.
    »Und wohin gehen wir jetzt?«
    »Ich will Raggio di luna etwas zu fressen holen.«
    Sie blieb vor einem kleinen Heuschober stehen, dessen Tür geschlossen war. Doch man musste nur ein wenig an ihr ziehen, und sie ging auf. Der Duft des Heus war so stark, dass er einem den Atem nahm. Sie ging hinein. Der Commissario folgte ihr. Und sobald auch er drinnen war, schloss Rachele die Tür wieder.
    »Wo ist denn hier das Licht?«
    »Vergiss es.«
    »Aber so sieht man doch nichts.«
    »Ich schon«, sagte Rachele.
    Und er fand sie nackt in seinen Armen wieder. Sie musste sich in Windeseile ausgezogen haben. Der Duft ihrer Haut machte ihn benommen. Sie hatte die Arme um Montalbanos Hals geschlungen, und ihre Lippen waren fest auf seine gepresst, als sie sich nach hinten fallen ließ und ihn mit sich aufs Heu zog. Montalbano war so überrumpelt, dass er starr wie eine Schaufensterpuppe auf sie fiel.
    »Umarme mich«, befahl sie ihm mit veränderter Stimme.
    Montalbano umarmte sie. Und nach einer Weile drehte sie sich um, sodass sie nun auf dem Bauch lag.
    »Besteig mich«, sagte die raue Stimme.
    Er drehte sich um und sah die Frau an.
    Sie war keine Frau mehr, sondern eher ein Pferd.
    Sie hatte sich auf alle viere niedergelassen.
    Der Traum!
    Das war es also, was dieses ungute Gefühl in ihm geweckt hatte! Das absurde Tor, die Stutenfrau… Einen Augenblick lang erstarrte er in der Bewegung und ließ die Frau los … »Was ist mit dir? Umarme mich!«, wiederholte Rachele.
    »Besteig mich schon, los«, wiederholte sie.
    Er stieg auf und sie galoppierte davon wie der Blitz…
    Danach hörte er, wie sie sich bewegte und aufstand. Ganz unvermittelt beschien ein gelbliches Licht die Szene. Immer noch nackt stand Rachele nahe der Tür, neben der sich der Lichtschalter befand, und sah ihn an. Plötzlich fing sie auf ihre spezielle Art zu lachen an und warf den Kopf in den Nacken. »Was ist denn?«
    »Du bist so komisch. Das rührt mich richtig.«
    Sie ging zu ihm, kniete sich vor ihn hin und umarmte ihn.
    Montalbano zog sich hastig wieder an.
    Allerdings brauchten sie noch zehn weitere Minuten, um sich gegenseitig das Heu abzuzupfen, das überall an ihnen hing.
    Sie gingen den Weg zurück, ohne miteinander zu reden oder einander gar zu berühren. Sie hatten sich wirklich rein gar nichts zu sagen. Dann lief Montalbano gegen einen Baum, genau wie er es vorausgesehen hatte. Doch diesmal kam Rachele ihm nicht zu Hilfe und nahm auch nicht seine Hand. Sie fragte lediglich:
    »Hast du dir wehgetan?«
    »Nein.«
    Aber als sie sich gerade noch außerhalb des Lichtkreises befanden, wo die Tische standen, umarmte Rachele ihn ganz plötzlich und flüsterte ihm ins Ohr: »Du hast mir sehr gefallen.«
    Montalbano verspürte in seinem Inneren ein Gefühl von Scham. Vielleicht war er auch ein klein wenig gekränkt. Du hast mir sehr gefallen! Was war das denn für ein blöder Spruch? Und was sollte das überhaupt heißen? Dass die Signora mit der Leistung zufrieden war? Dass das Produkt ihren Ansprüchen genügte? Montalbanos Cassata lässt Sie das Paradies kosten! Montalbanos Eis sucht seinesgleichen! Montalbanos Cannolo wird Ihnen munden! Probieren Sie doch mal!
    Er wurde richtig wütend. Rachele mochte ja ihren Spaß an der Sache gehabt haben, doch bei ihm sah das ganz anders aus. Was war das denn schon gewesen zwischen ihnen beiden? Ein Paarungsakt, nicht mehr und nicht weniger. Wie zwei Pferde in einem Heuschober.

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