Commissario Montalbano 12 - Die Spur des Fuchses
Jahre alt war, hatte, nachdem er von der Schule heimgekommen war, zu weinen angefangen und wollte nichts essen. Nach langem Nachbohren erfuhr die Mutter von ihm, dass der Lehrer ihn in ein Kabuff geschoben und »unanständige Dinge« von ihm verlangt hatte. Die Mutter fragte nach Einzelheiten, und daraufhin erzählte der Kleine ihr, dass der Lehrer sein Dingsda rausgezogen und ihn gezwungen hatte, es anzufassen. Signora Verruso, eine vernünftige Frau, konnte sich nicht vorstellen, dass der Lehrer, ein fünfzigjähriger Familienvater, zu so etwas fähig wäre, vermochte aber auch nicht zu ignorieren, was ihr Kind ihr erzählt hatte. Und weil sie eine Freundin von Beba war, vertraute sie ihr die Geschichte an. Beba wiederum erzählte ihrem Mann Mimi davon, und der hatte dann alles Montalbano berichtet.
»Und wie ist es gelaufen?«
»Ach, weißt du, ich kenn mich einfach besser mit Kriminellen aus als mit Kindern. Es ist nämlich kaum möglich festzustellen, wann die die Wahrheit sagen und wann die einen anlügen. Außerdem musste ich ziemlich vorsichtig sein, ich will dem Lehrer ja nichts Böses. Die kleinste Andeutung in dieser Richtung reicht ja schon aus, und der Mann ist ruiniert…«
»Aber welchen Eindruck hast du denn nun?«
»Dass der Lehrer überhaupt nichts gemacht hat. Ich habe diesbezüglich kein einziges Gerücht über ihn gehört. Und außerdem passen in dieses Kabuff, von dem der Junge geredet hat, gerade mal ein Eimer und zwei Besen.«
»Aber warum hat der Junge diese Geschichte dann erfunden?«
»Meiner Ansicht nach, um sich an dem Lehrer zu rächen, der, glaube ich, sehr streng mit ihm umspringt.«
»Gibt's dafür einen Grund?«
»Allerdings! Willst du Angelos letzten Streich hören? Er hat auf eine Zeitung geschissen, sie zu einem Paket gefaltet und das dann dem Lehrer ins Pult gelegt.«
»Und warum haben ihn die Eltern Angelo genannt?«
»Na ja, als er geboren wurde, konnten sie ja noch nicht ahnen, was für ein Satansbraten der mal werden würde.«
»War er heute wieder in der Schule?«
»Nein, ich habe der Mutter geraten, sie soll ihn krankmelden.«
»Das war sicher gut.«
«Buongiorno, Dottore«, sagte Fazio und kam herein. Er sah die Fotos des Toten.
»Kann ich eins davon nehmen? Dann habe ich etwas zum Herumzeigen.«
»Nimm's mit. Was hast du gestern Nachmittag gemacht?«
»Ich hab versucht, noch ein bisschen mehr über Gurreri herauszubekommen. «
»Hast du mit seiner Frau gesprochen?«
»Noch nicht. Aber das mach ich später noch.«
»Was hast du herausgefunden?«
»Das, was Ihnen Lo Duca erzählt hat, Dottore, stimmt teilweise mit dem überein, was ich gehört habe.«
»Nämlich?«
»Dass Gurreri seine Wohnung vor etwas über drei Monaten verlassen hat. Alle Nachbarn haben das mitgekriegt.«
»Warum?«
»Sie sagten, dass er seine Frau angeschrien hat, sie eine alte Sau und Hure genannt und gesagt hat, er würde diese Wohnung nie wieder betreten.«
»Hat er gesagt, dass er sich an Lo Duca rächen will?«
»Das haben sie ihn nicht sagen hören. Aber sie konnten auch nicht beschwören, dass er es nicht gesagt hat.«
»Hat die Nachbarin dir sonst noch was erzählt?«
»Die Nachbarin nicht, aber dafür Don Minicuzzu.«
»Und wer ist Don Minicuzzu?«
»Einer, der direkt gegenüber vom Hauseingang der Gurreris Obst und Gemüse verkauft und deshalb immer sehen kann, wer da ein und aus geht.«
»Was hat er dir erzählt?«
»Dottore, so wie Minicuzzu sagt, hat Licco dieses Haus nie betreten. Wie also soll er dann der Liebhaber von Gurreris Frau sein?«
»Kennt er Licco denn überhaupt?«
»Und wie er den kennt! An den zahlt er das Schutzgeld! Und er hat mir noch etwas Wichtiges gesagt. Eines Nachts fiel ihm ein, dass er womöglich das Rollgitter nicht richtig abgeschlossen hatte. Also stand er auf und verließ das Haus, um nachzusehen. Als er zu seinem Geschäft kam, ging Gurreris Tür auf, und heraus kam Ciccio Bellavia, den er ebenfalls gut kennt.«
Sieh mal einer an, Ciccio Bellavia war aus der Gosse aufgetaucht!
»Und wann war das?«
»Vor über drei Monaten.«
»Also funktioniert unsere Hypothese doch. Bellavia geht zu Gurreri und schlägt ihm einen Deal vor. Wenn seine Frau Licco ein Alibi liefert, indem sie behauptet, Licco wäre ihr Liebhaber, wird Gurreri von den Cuffaros dauerhaft in ihre Dienste genommen. Gurreri denkt ein bisschen darüber nach, dann nimmt er das Angebot an. Deshalb führte er diese Komödie auf, dass er für immer weggeht, weil
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