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Commissario Pavarotti trifft keinen Ton - Kriminalroman

Commissario Pavarotti trifft keinen Ton - Kriminalroman

Titel: Commissario Pavarotti trifft keinen Ton - Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elisabeth Florin
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spöttisch. »Das heißt, wenn du bist dahin nicht vor Neugier geplatzt bist. Und jetzt Abmarsch.«
    Eingeschnappt packte Lissie ihre Straußentasche und drückte sich an Brunthaler vorbei, der gerade den Kopf durch die Tür streckte.
    * * *
    Die Zellentür aus solidem Stahl knirschte noch kurz in den Angeln, dann fiel sie mit einem satten »Plopp« ins Schloss. Klaus Niedermeyer stand in der Mitte der Gefängniszelle und starrte auf die Tür. Auch nach einem zweistündigen Verhör unter Anwesenheit seines Anwalts war er noch nicht in der Lage, die Ereignisse der letzten Stunden zu begreifen.
    Es war alles so verdammt schnell gegangen. Er konnte von Glück reden, dass sich so kurz vor Ladenschluss keine Kunden mehr im Geschäft aufgehalten hatten, als die zwei Provinzbullen, einer davon ein Uniformierter, durch die Tür gestürmt waren. War er vielleicht Mitglied bei Al Kaida, oder was? Italiener. Ohne Spektakel ging’s bei denen nicht. So wie damals bei seinem Onkel August, als der vor fünfzig Jahren von den Carabinieri verhaftet worden war. Ein Dutzend von denen war damals auf dem Bauernhof, den sein Onkel allein bewirtschaftete, aufgekreuzt und hatte sich hinter dem Schweinestall verschanzt, Gewehr im Anschlag. Klaus, damals ein achtjähriger Knirps, war an dem Tag zufällig auf dem Hof gewesen. August war ganz cool vom Traktor gestiegen, hatte die Hände über den Kopf gehoben und bloß gegrinst. Der John Wayne von Algund.
    Gemeinsam mit anderen Mitgliedern des Befreiungsausschusses Südtirol hatte August Niedermeyer zwei Tage davor an dem, wie Klaus fand, äußerst ehrenhaften Vorhaben mitgewirkt, mit Hilfe eines erstklassig angebrachten Sprengsatzes den Aluminium-Duce, dieses grässliche Mussolini-Reiterstandbild in Waidbruck, von seinem Sockel zu holen. Das Lachen war August dann vergangen, als die Italiener ihm bei den Verhören mit Foltermethoden kamen, um die Namen seiner Mitstreiter aus ihm herauszupressen. Sie sahen aber bald ein, dass bei John Wayne auch mit brennenden Zigaretten, die sie auf seinen Oberschenkeln ausdrückten, nichts zu machen war.
    Carabinieri, Verhöre, italienischer Knast. Klaus Niedermeyer kam seine eigene desolate Lage wieder in den Sinn. Bleib lässig, würde August jetzt sagen. Steifbeinig stakste Niedermeyer weg von dem Sichtfenster in der Zellentür und setzte sich auf die Pritsche. Er konnte es immer noch nicht fassen. Glaubte dieser italienische Fettsack wirklich, dieses Nichts von einer Ehefrau sei ihm so viel wert, dass er deswegen einen Mord begehen würde? Der Typ hatte keine Ahnung, worum es eigentlich ging. Wie sollte er sich jetzt verhalten? Seinem Anwalt konnte er auch nicht trauen, der nahm Geld von jedem, der ihn bezahlte.
    Seine Augen irrten hin und her. Auf einmal wurde Klaus Niedermeyer klar, wie klein seine Zelle war, und sofort fühlte er sich ganz zittrig. Schon fingen die Wände an, sich langsam auf ihn zuzubewegen. Er ließ sich auf die Matratze fallen und schlang die Arme um seine Knie. Kalter Schweiß stand ihm auf der Stirn. Er wusste, wenn er nicht bald hier rauskam, würde er nur noch ein kleines, sabberndes Etwas sein. Und das Schlimmste dabei war, dass sein Onkel August dann nur schweigend an ihm vorbeischauen würde, wenn er ihn so sehen könnte.
    * * *
    Es war schon nach sieben Uhr abends, aber für Pavarotti war der Tag noch nicht gelaufen. Er ignorierte seinen Magen, der sich vernehmlich meldete. Seit dem Frühstück hatte er nichts mehr gegessen. Der Appetit aufs Mittagessen war ihm durch Angst um Lissie verdorben worden. Es kostete ihn ziemlich viel Anstrengung, den Gedanken an sie zu verscheuchen, aber schließlich gelang es ihm.
    Er konnte zufrieden mit dem heutigen Tag sein. Greta Niedermeyer hatte sich tatsächlich in einem der Gilf-Apartments mit Felderer zu Schäferstündchen getroffen, über einen Monat war das gegangen. Als sie das endlich aus der schluchzenden Frau herausbekommen hatten, waren Brunthaler und er losmarschiert, um ihren Mann zu schnappen. Jetzt kam es darauf an, ihn festzunageln. Pavarotti brauchte entweder ein Geständnis oder weitere Beweise. Ohne die würde der Staatsanwalt keinen Haftbefehl ausstellen, und dann wäre Niedermeyer spätestens Freitagabend wieder draußen.
    Pavarotti lehnte sich hinter seinem Schreibtisch zurück. Er ließ seinen Blick in dem dunklen Büro umherschweifen, streifte kurz die einzige Lichtquelle, eine grün beschirmte Kanzleilampe, und blieb schließlich an den nur schemenhaft erkennbaren

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