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Commissario Tron 5: Requiem am Rialto

Commissario Tron 5: Requiem am Rialto

Titel: Commissario Tron 5: Requiem am Rialto Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicolas Remin
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empfangen
würde.»
    Tron nickte.
«Und das würde bedeuten, dass wir —
rückblickend betrachtet - für diesen Fall nie
zuständig gewesen sind.»
    Spaur strahlte
über das ganze Gesicht. «Was wiederum die Folge
hätte», sagte er, «dass dieser Vorgang in der
polizeilichen Statistik nichts zu suchen hat.»
    «Und die Baronin
sich wieder auf den Empfang in der Hofburg freuen darf»,
fügte Tron hinzu.
    «Allerdings.» Spaur
grinste. «Das alles wird dem Stadtkommandanten nicht
gefallen. Er wird in Zukunft keine Gelegenheit haben, hämische
Artikel über die venezianische Polizei zu lancieren.»
Spaur sah Tron glücklich an. «Hätten Sie das
für möglich gehalten, Commissario?»
    Tron verstand nicht
sofort, was der Polizeipräsident damit meinte. «Ah, was
bitte?»
    «Dass es sich
bei dem Ausweider um den Comte de Chambord
handelt.»
    «Mit Gewissheit
können wir das jetzt noch nicht sagen.»
    «Ach,
nein?» Spaur runzelte unwillig die Stirn. «Sie haben
mir doch eben erklärt, dass Sie den neuen Privatsekretär
des Comtes gut kennen und aus dem Verhalten des Priesters
schließen, dass auch er als Täter nicht in Frage kommt.
Wenn dem so ist, bleibt nur der Comte de Chambord
übrig.» 
    «Ich hatte Sie
so verstanden, dass es geradezu absurd sei, den Comte zu
verdächtigen.»
    «Hatte ich mich
so ausgedrückt?»
    «Meiner
Erinnerung nach ja.»
    Spaur zuckte mit den
Achseln. «Dies geschah unter Voraussetzungen, die offenbar
nicht zutreffen. Ich habe Ihnen doch erklärt, dass die
Angelegenheit von Wien aus geregelt werden muss.»
    Der
Polizeipräsident ließ ein weiteres Praliné in
seinem Mund
verschwinden und lächelte selbstgefällig.
«Jedenfalls war diese Strategie effektiv. Ohne Lockvogel
wäre der Comte nie in unser Visier geraten. Wird Bossi die
Überwachung des Palazzo Cavalli
übernehmen?»
    «Der Ispettore
ist mein bester Mann.»
    «Er soll nichts
überstürzen», sagte Spaur. «Wir können
uns keinen Fehler erlauben. Vielleicht sollten Sie, bevor wir den
Fall abgeben, noch ein Gespräch mit dem Comte
führen.»
    «Das werde ich
erst tun, wenn sich der Verdacht erhärtet hat», sagte
Tron. Er wollte sich erheben, aber eine Handbewegung Spaurs hielt
ihn zurück.
    «Noch etwas,
Commissario.»
    Tron ließ sich
auf den Stuhl zurücksinken.
    Diesmal verschwanden
gleich zwei Pralines in Spaurs Mund, und es dauerte eine Weile, bis
er wieder sprechen konnte. «Der Stadtkommandant hat Stumm von
Bordwehr gestern zum Militärstaatsanwalt
ernannt.»
    Tron hob die Brauen.
«Dann wäre der Oberst für diesen Fall
zuständig.»
    Spaur nickte.
«Er würde auch die Verhaftung des Comtes vornehmen, wenn
wir ihm die entsprechenden Hinweise geben.»
    «Beweise werden
wir nicht liefern können.»
    «Ich sagte
auch Hinweise, Commissario. Wir
verfassen einen Bericht und überlassen es dem Oberst, daraus
seine Schlussfolgerungen zu ziehen.»
    «Sie meinen,
falls wir uns wider Erwarten täuschen, ist der Oberst der
Blamierte?»
    Spaur warf einen Blick
auf die Fotografie der Baronin und nickte. «Genau das meine
ich.»

42
    Bevor die livrierten
Lakaien das Dessert servierten, hatte er kurz mit dem Gedanken
gespielt, die Tafel vorzeitig zu verlassen. Aber das hatte er
— mit dem Hinweis auf eine Magenverstimmung — bereits
gestern Abend getan, und ein weiterer vorzeitiger Rückzug auf
sein Zimmer würde unweigerlich Fragen auslösen —
Fragen, die ohne ernsthafte Anteilnahme gestellt wurden. Denn
darüber, dass niemand an diesem Tisch sich ernsthaft für
seine Gesundheit interessierte, konnte kein Zweifel bestehen. Wie
üblich war auch heute die Konversation wenig anregend gewesen.
Sie hatte die neuesten Nachrichten über die Situation
Maximilians in Mexiko (immer fataler) berührt, danach kurz die
Lage in Frankreich gestreift (unverändert) und war dann, wie
an jedem Abend, im Austausch von Belanglosigkeiten versackt. Und
wie so oft hatte er sich wie ein Dampfkessel gefühlt, in dem
der Druck unablässig stieg und der jeden Augenblick
explodieren konnte. Kein Wunder, dachte er, dass es ihn immer
häufiger danach verlangte, sich nach dieser abendlichen Tortur
ein wenig Erleichterung zu verschaffen. Gestern hatte er es nicht
geschafft, bis zum Ende des Diners durchzuhalten, und das hatte
sich, rückblickend betrachtet, als ein folgenreicher Fehler
herausgestellt. Aber das konnte er nicht vorher
wissen.     
    Als das Dessert
schließlich serviert wurde — ein Erdbeerparfait mit
Schlagsahne —, hielt er vorsichtshalber den

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