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Commissario Tron 5: Requiem am Rialto

Commissario Tron 5: Requiem am Rialto

Titel: Commissario Tron 5: Requiem am Rialto Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicolas Remin
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Schlüsse
ziehen.»
    «Und
welche?»
    «Dass er gestern
improvisiert hat», sagte Tron. «Wahrscheinlich hatte er
gar nicht die Absicht, sich ein Opfer zu suchen, als er aus dem
Haus ging, und wollte nur eine Runde über die Piazza
drehen.»
    «Und da hat
Signorina Maggiotti ihn angesprochen.»
    Tron nickte. «Er
sieht ihre blonden Haare, und etwas in ihm reagiert — wie ein
Hund auf einen Befehl. Oder so wie bei ganz normalen Menschen
manchmal eine automatische Reaktion abläuft, wenn sie ein
bestimmtes Wort hören.»
    Bossi schien
irritiert. «Automatische Reaktion?»
    «Ga-ri-bal-di», sagte
Tron langsam, jede Silbe betonend.
    Sofort ging ein Ruck
durch Bossis Körper, als hätte er eine galvanische
Apparatur berührt. Sein Rückgrat straffte sich, und seine
Augen leuchteten auf. Er schien ein paar Zentimeter zu
wachsen.
    «Genau das meine
ich», sagte Tron, der ein Lachen unterdrücken musste.
«Die blonden Haare lösen einen Reiz bei ihm aus, und er
beschließt, sich diese Frau nicht entgehen zu lassen. Dass er
sein Gesicht anschließend im Dunkeln gehalten und
geflüstert hat, geschah vermutlich
instinktiv.»
    «Und der
Schlüssel? Wie kam er an den Schlüssel? Hatte er den rein
zufällig mit?»
    Tron hob die
Schultern. «Gute Frage. Ich weiß es
nicht.»
    «Was denken Sie
über die Theorie von Pater Hieronymus, dass es sich um ein
heidnisches Ritual gehandelt haben könnte?»
    «Der Pater
gehört zu den Leuten, die gerne mit einer gelehrten
Erklärung aufwarten», sagte Tron. «Haben Sie sich
seine Bibliothek angesehen?»
    Bossi schüttelte
den Kopf.
    «Sie besteht
hauptsächlich aus antiken Klassikern», sagte Tron.
«Kein Wunder, dass der Pater sofort an ein Augurium gedacht
hat.»
    «Dann war es
also eher ein Zufall, dass der Mann versucht hat, die Frau direkt
vor dem Altar zu töten.»
    Tron zuckte die
Achseln. «Auf jeden Fall hat er eine Vorliebe für
ungewöhnliche Schauplätze. Der Artikel in der Gazzetta wird ihn gefreut
haben.»
    Der Ispettore blieb
stehen und schwenkte seinen Regenschirm haarscharf an Trons
Zylinderhut vorbei. «Ob er nach diesem Fehlschlag
aufhört?»
    «Wer immer es
ist», sagte Tron, «er weiß vermutlich, dass die
Signorina ihn nicht identifizieren kann. Und denkbar
wäre auch, dass er versucht, die Scharte wieder
auszuwetzen.»
    «Sie meinen, er
könnte erneut zuschlagen?»
    «Auszuschließen ist es
nicht», sagte Tron müde.
    Bossi sah ihn an wie
einen zum Tode Verurteilten. «Was werden Sie Spaur
sagen?»
    Großer Gott,
Spaur! Tron hatte völlig vergessen, dass ihm noch ein
Gespräch mit dem Polizeipräsidenten bevorstand. Der
womöglich von seinem Adlatus, Sergeant Kranzler, bereits
erfahren hatte, dass sie den Mörder gefasst hatten und nur
noch ein Geständnis brauchten. Wahrscheinlich hatte Spaur
bereits den roten Teppich für ihn ausgerollt. 
    *
    Sergeant Kranzler
strahlte wie ein Kronleuchter, als Tron das Vorzimmer des
Polizeipräsidenten betrat. «Der Baron erwartet Sie
bereits.»
    Na bitte. Offenbar war
Spaur bis jetzt tatsächlich nur über die Verhaftung
Zuckerkandis informiert und wusste noch nicht, was sich gestern
Nacht zugetragen hatte. Tron fragte sich, wie Spaur die Nachrichten
verkraften würde.
    «Gute
Arbeit», sagte Spaur, nachdem Tron Platz genommen hatte. Der
Polizeipräsident strahlte ebenfalls wie ein Kronleuchter.
«Der Bursche hat gedacht, die Gondel fährt ihn zum
Bahnhof, und dann landet er vor der Questura. Genial, Commissario.
Damit dürfte der Fall abgeschlossen sein. Die Baronin hatte
sich bereits Sorgen gemacht.» Spaur fischte ein
Praliné aus der obligatorischen Demel-Schachtel auf seinem
Schreibtisch und lehnte sich befriedigt zurück.
    «Baron, ich
...»
    Spaur hob die Hand.
«Keine falsche Bescheidenheit.» Er sah Tron an.
«Glauben Sie, dass er bald
gesteht?»     
    «Ich
fürchte, wir ...»
    Spaur lächelte
wohlwollend. «Hauptsache, wir haben ihn aus dem Verkehr
gezogen.»
    Tron nahm einen neuen
Anlauf. «Ich fürchte, dass Signor Zuckerkandl nicht
gestehen wird.»
    Spaur sah Tron
verständnislos an. «Setzen Sie ihn auf Wasser und Brot.
Spätestens nach drei Tagen wird er reden.»
    «Er wird
...»
    «Falls wir
überhaupt», fuhr Spaur fort, «ein Geständnis
brauchen. Immerhin ist der Mann verrückt.»
    Tron schüttelte
den Kopf. «Zuckerkandl wird nicht gestehen, weil er mit der
Sache nichts zu tun hat. Der Mann ist unschuldig.»
    Spaurs Hand, die sich
nach einem Praliné ausgestreckt hatte, verharrte regungslos
in der Luft.

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