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Commonwealth-Saga 1 - Der Stern der Pandora

Commonwealth-Saga 1 - Der Stern der Pandora

Titel: Commonwealth-Saga 1 - Der Stern der Pandora Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter F. Hamilton
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pinkfarbenes Sonnenlicht schien darauf und enthüllte ein Geflecht senkrecht verlaufender Kapillare, durch die sich eine dunkle, viskose Flüssigkeit bewegte, wenngleich die Bewegung mit bloßem Auge kaum zu erkennen war.
    »Ich werd’ verrückt!«, grunzte Ozzie. »Ein Baum aus Edelstein!« Als er nach oben blickte, bemerkte er, dass die Zweige regelmäßiger aussahen als bei einer gewöhnlichen Tanne; ihre Äste multiplizierten sich in fraktalen geometrischen Mustern. Sie alle waren von einer harten Schicht Schnee bedeckt, die ihre wirkliche Natur bis jetzt vor Ozzies Blicken verborgen hatte.
    Das Gefühl von staunender Verwunderung, das er normalerweise angesichts einer derart prachtvollen Laune der Natur empfunden hätte, wurde durch die Erkenntnis überdeckt, dass das Wetter am nächsten Tag nicht besser werden würde. Die Evolution hatte diese kristalline Lebensform bestimmt nicht in einem warmen, gemäßigten Klima entstehen lassen; tatsächlich handelte es sich hier wahrscheinlich um eine Art Retro-Anpassung: arktische Pflanzen, die sich im finalen Eiszeitalter ausgebreitet und dann in einer immer kälter werdenden Umwelt um ihr Überleben gekämpft hatten, bis ihre Gene eine ultimative, perfekt an den ewigen Winter angepasste Chemie entwickelt hatten. Und wie viele Millionen Jahre sind nötig, um so eine komplexe Lebensform hervorzubringen? Sie hatten den letzten Frühling auf dieser Welt um geologische Zeitalter verpasst.
    Ozzie eilte ins Zelt zurück, zu schuldbewusst, um nach den Tieren zu sehen, als er an ihnen vorüberkam. Orion hatte mit der Zubereitung einer Mahlzeit auf den Wärmequadern begonnen. Kondenswasser tropfte vom Innenzelt.
    »Ich kann kein Feuer sehen«, sagte der Junge, als Ozzie hinter sich die Klappen schloss.
    »Das Holz hier brennt nicht. Tut mir Leid.«
    »Ich kann meine Zehen wieder spüren.«
    »Das ist gut. Die Isolation des Zeltes sollte genügend Wärme für die Nacht speichern. Uns wird in unseren Schlafsäcken nichts passieren.«
    Ozzie ging ihre Ausrüstung durch. Sie hatten nur noch elf Wärmequader. Genug, um drei weitere Tage durchzuhalten, realistisch betrachtet. Sie konnten anderthalb Tage lang weiterlaufen. Wenn der Pfad der Silfen sie nicht bis zum Abend des nächsten Tages auf eine wärmere Welt geführt hatte, würden sie umkehren müssen. Kein: nur noch bis zur nächsten Biegung , und kein: Ich glaube, dort vorn wird es heller. Falls sich die Umstände nicht drastisch änderten, durfte Ozzie das Risiko nicht eingehen. Es gab keinen Spielraum mehr für Irrtümer. Und niemand würde sein Memorycell Insert in den Commonwealth zurückbringen, um eine Wiederbelebung einzuleiten. Wie lange wird es überhaupt dauern, bis irgendjemand bemerkt, dass ich verschwunden bin?
    Ozzie kramte sein Nähzeug aus dem Rucksack. »Ah. Das ist nützlich. Ich habe eine Idee, was wir morgen alles gebrauchen könnten. Kannst du nähen?«
    »Ich habe deine Chancen zunichte gemacht, oder?«, fragte der Junge. »Ohne mich hättest du es bestimmt geschafft.«
    »Hey, Mann!« Ozzie versuchte zu lächeln, doch seine Lippen platzten auf. Er betastete die Bluttropfen. »Ganz bestimmt nicht! Wir schaffen es. Wir sind auf den tiefen Pfaden der Silfen. Es war dein Talisman, der uns bis hierher geführt hat.«
    Orion nahm den Anhänger hervor. Beide starrten schweigend auf die stumpfe, dunkle Perle.
    »Wir werden es morgen Früh noch einmal versuchen«, munterte Ozzie den Jungen auf.

    Als sie am nächsten Morgen aus dem Zelt krochen, waren die Stute und das Pony steif gefroren.
    »Sie haben bestimmt nichts gespürt«, versuchte Ozzie den Jungen zu trösten, als Orion sich nach den Tieren bückte. Seine Stimme klang dumpf unter der dicken Stoffmaske, die er am Vorabend mühevoll zusammengenäht hatte. Er trug jedes Stück Kleidung, das er hatte überstreifen können, genau wie Orion. Der Junge sah aus, als wäre er doppelt so dick wie normal; selbst seine Handschuhe steckten in ungelenk zusammengenähten, modifizierten Socken, die aussahen wie kleine Ballons.
    »Sie haben bestimmt schrecklich gefroren«, sagte Orion.
    Ozzie konnte seine Augen hinter der Sonnenbrille nicht sehen, doch er schätzte, dass der Junge unendlich traurig war. Mit seinen mehr praktischen Überhandschuhen zerlegte Ozzie das Zelt und packte es zusammen mit der übrigen Ausrüstung auf das Lontrus. Die Kälte war genauso schneidend wie am Tag zuvor, aber die zusätzliche Schutzkleidung hinderte sie daran, bis auf die Haut

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