Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Commonwealth-Saga 3 - Der entfesselte Judas

Commonwealth-Saga 3 - Der entfesselte Judas

Titel: Commonwealth-Saga 3 - Der entfesselte Judas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter F. Hamilton
Vom Netzwerk:
gekauft hatte, waren ein paar Halsketten aus falschen Edelsteinen und lavendelfarbenen Kristallmuscheln, die sie nun anlegte.
    »Warum sollte die Navy Informationen über den Schlag gegen das Höllentor boykottieren?«, fragte Michelangelo in ernstem Ton. »Ich bin sicher, die Aliens wissen sehr genau, ob wir sie angegriffen haben oder nicht. Die einzig logische Schlussfolgerung kann also nur sein, dass unser Angriff ein Fehlschlag gewesen ist und die Regierung versucht, eine Panik zu vermeiden.«
    Mellanie blickte auf den Schirm in Erwartung der Antwort.
    »Unsere Fähigkeiten, Informationen zu erlangen, müssen aus offensichtlichen Gründen geheim bleiben«, erwiderte Oliver Tarnaalglatt. »Ich bin sicher, wir verfügen über die Möglichkeit herauszufinden, ob die Wurmlöcher der Primes über den Lost 23 weiterhin existieren oder nicht. Falls ja, so verschafft uns dies einen entscheidenden militärischen Vorteil. Man kann nicht von der Navy erwarten, dass sie unsere Verbindungsleute bloßstellt, nur um die Medien glücklich zu machen. Wir alle werden die Nachrichten ohne jeden Zweifel erhalten, sobald unsere Schiffe wieder in Kommunikationsreichweite sind. Wäre es möglich, Michelangelo, dass Sie es einfach nicht abwarten können? Sind die Medien zu arrogant geworden und nehmen an, dass sämtliche Geheimhaltung verletzt werden muss, nur um ihre Gier nach Zuschauerzahlen zu befriedigen, gleichgültig, wie hoch der Preis sein mag, den wir als Spezies dafür zu zahlen haben?«
    »Soll das ein Witz sein?«, fragte Michelangelo. Er wirkte tödlich beleidigt. Wut und Empörung bei jemandem, der so mächtig und einflussreich war, war eine beeindruckende Erfahrung. Oliver Tarn gab sich größte Mühe, nicht eingeschüchtert zu wirken.
    Mellanie grinste angesichts des albernen Possenspiels im Studio und warf einen Blick in den Spiegel. Ihr Haar war inzwischen rabenschwarz, und kleine Löckchen ließen es in alle Richtungen von ihrem Kopf abstehen. Sie band es zu beiden Seiten mit billigen orangefarbenen und gelben Bändchen zurück. Nach einiger Überlegung trug sie den dunkelrotesten Lippenstift auf, den sie finden konnte. Dank einem dermalen Genoprotein war ihr Gesicht nun sommersprossig und so zuckersüß, dass sie sich am liebsten übergeben hätte. Stattdessen legte sie die Arme hinter den Kopf und hauchte sich einen Kuss zu.
    Eine perfekte Verkleidung.
    Das Gesicht im Spiegel war absolut nicht das der Mellanie Rescorai, Starreporterin für die beliebteste Show in der Unisphäre, das Gesicht, das jeder in der zivilisierten Galaxis kannte. Das dort war das Gesicht eines Firstlife-Teenagers, der frisch und unbekümmert in die Partyszene der Stadt strebte – und nicht so genau wusste, wie er es anstellen sollte. Es würde genügend Freiwillige geben, die bereit waren, ihr einen Weg zu zeigen. Männer mochten diese neugierige Jugendlichkeit, und je älter und erfahrener sie waren, desto mehr fühlten sie sich zu ihr hingezogen. Das war etwas, das Mellanie bereits gewusst hatte, bevor sie Morty begegnet war.

    Die Luft draußen hatte sich merklich abgekühlt, als Mellanie den Wohnblock verließ. Eine schwache Brise wehte vom Wasser her und übte einen narkotisierenden Effekt auf die geschäftigen Fußgänger aus, die alle die gleiche optimistische Stimmung teilten auf dem Weg zu dem, was die Bars und Clubs anzubieten hatten. Mellanie bewegte sich nach Westen in Richtung Fluss. Sie konnte nichts gegen das glückliche Grinsen in ihrem Gesicht tun. Die Straßen hier hatten es auf eine schrillbunte photonische Mimikry der Eleganz abgesehen, die jenseits des Flusses residierte. Die ersten zehn Meter über dem enzym-gebundenen Beton waren die Gebäude in leuchtendintensives Neon, funkelnde Hologramme und das stete Brennen von Polyphoto-Beleuchtung eingehüllt. Darüber gestatteten die Vorschriften der Stadt keine Lichtverschmutzung. Ein Blick direkt nach oben war unheimlich, dachte Mellanie. Es war, als läge eine Decke aus einer nicht-reflektierenden schwarzen Tarnfarbe über der Straße. Unmittelbar über ihr funkelten die helleren Sterne, wenn sie nicht gerade hinter Überbleibseln der Wolken des Tages verborgen waren, doch die Canyon-Wände der Wolkenkratzer entlang dem Straßennetz der Stadt waren unsichtbar. Die Glasscheiben durften keinerlei Licht nach draußen lassen, um nicht die Aussicht anderer zu stören.
    Mellanie sah nur einen Makel: das strahlend hell erleuchtete Beobachtungsdeck eines Luftschiffes, das soeben

Weitere Kostenlose Bücher