Con molto sentimento (German Edition)
Alexis gesagt hatte, er benötigte noch etwas Zeit. Er war noch immer wütend darüber, dass Alexis ihn im Dunkel hatte tappen lassen, was Patrice anging. Er konnte es nicht verstehen, dass sein Partner seine Werte und Prinzipien über ihre Beziehung stellte. Eigentlich war dies ja gut, ein sehr nobler Charakterzug, aber nicht, wenn es ihre Beziehung gefährdete.
»Ich habe Alexis gesehen«, rutschte es Federico dann urplötzlich heraus, während er noch den Ring umklammert hielt.
Claude hörte auf zu spielen und musterte ihn skeptisch. »Im Fechtclub? Hast du ihn etwa auf der Planche rangenommen und ihm ein paar ordentliche blaue Flecken verpasst?«
In der vergangenen Woche war dies nämlich Federicos bevorzugter Rachegedanke gewesen. Selbstverständlich hatte Claude versucht mit ihm über Alexis zu reden. Der Franzose hatte Gewissensbisse gehabt, weil er zwischen Federico und Alexis gestanden hatte. Doch Federico hatte jedes tiefer gehende Gespräch abgeblockt. Jedes Wort über Alexis hatte den Charakter von einem Gang durch ein scharfes Minenfeld gehabt. Ein falsches Wort und Federico hatte nicht gewusst, ob er lachen, weinen oder sich eben sein Florett schnappen und die Wut an einem unschuldigen Stoßkissen an der Wand auslassen sollte - wenn schon nicht an einem richtigen Gegner aus Fleisch und Blut.
»Nein, er kam zu mir ins Konservatorium.«
»Und?«
Federico holte den Ring aus der Tasche und steckte ihn sich an den Finger. Er benötigte keine weiteren Worte.
»Aha«, machte Claude nur und verschränkte die Arme vor der Brust. »Dann ist alles wieder in Butter bei euch?« Warum klang er bloß mit einem Mal so schnippisch?
»Nein, so einfach ist es nicht, aber es lässt sich nicht leugnen, dass ich ein wenig überreagiert habe.«
»Schön für euch.«
Das war ja interessant. Reagierte Claude deswegen so verletzt, weil ihm klar wurde, dass seine Beziehung mit Patrice sich nicht so ohne Weiteres kitten ließ? Zwischen Claude und seinem Kätzchen stand weit mehr als ein Streit um Prinzipientreue.
»Der Brief von Patrice. Das trägt doch alles die Handschrift von deinem Lover!«
»Was stand denn in dem Brief? Alexis hat mir nur gesagt, dass Patrice sich wohl bei der Polizei selbst anzeigen wollte. Er hat ihn dann zu einem Anwalt mitgenommen.«
»Und?«, hakte Claude nach.
Federico hob abwehrend die Hände. »Mehr hat er nicht gesagt. Ehrlich.«
Für einen Moment blickte ihn Claude noch an, dann rieb er sich über das Kinn. »Komm wir gehen was trinken. Ich habe keine Lust mehr zu üben und ich sollte mit jemanden über diese ganze Sache reden.«
Was wohl wirklich eine gute Idee war. Federico konnte nur zustimmen und kurze Zeit später saßen sie mit zwei Cocktails vor sich in einer Bar. Claude hatte ein glückliches Händchen bei der Auswahl der Location gehabt, es war ruhig genug, dass sie sich unterhalten konnten, aber die dezente Musik und die Geräusche der Nebentische verhinderten auch, dass sie jemand belauschte.
»Einen Brief zu schreiben ist schon altmodisch«, befand Claude und knüpfte wieder an ihr vorheriges Gespräch an.
Allerdings und Patrice hat diese Art der Übermittlung sicher nicht selbst gewählt. Der Kleine hätte eher eine Mail geschrieben.
»Ich kann dir sagen, warum. E-Mails können mitgelesen werden, werden auf Servern archiviert, aber sobald ein Brief vernichtet ist«, Federico schnippte mit den Fingern, »ist er vernichtet.«
»Das ist doch paranoid«, Claude schüttelte den Kopf und spielte mit dem Strohhalm in seinem Caipirinha.
»Nein, so tickt Alexis nun einmal. Jahrzehntelange Erfahrung in einer Diplomatenfamilie und du wirst so.«
Federico hatte es bereits ein paar Mal am eigenen Leib erfahren, dass auf irgendwelchen Partys wildfremde Leute auf Alexis zugekommen waren und ihm Umschläge überreicht hatten. Alexis hatte stets keine große Sache daraus gemacht, die Schriftstücke entgegengenommen und versichert sie weiterzureichen. Das waren wohl die verdeckten Nachrichtenkanäle der Diplomatie.
Einmal hatte man Federico selbst angesprochen und ihn gebeten David Arrowfield Dies und Jenes auszurichten. Federico hatte es zunächst für einen Scherz gehalten, doch dann war er der Bitte besser nachgekommen. Wer konnte schon sagen, was für eine diplomatische Krise er sonst unwissentlich verursacht hätte.
»Mhm.« Noch hatten sie es vermieden über den eigentlichen
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