Con molto sentimento (German Edition)
kämpfte sichtlich mit den Tränen.
»Verzeih mir, verzeih mir«, murmelte er immer wieder. Dann trat er einen Schritt zurück und wischte sich schnell über die Augen. »Ich brauche noch etwas Zeit, aber... kannst du... Es ist nicht aus, aber kannst du...«
»Ja«, Alexis nickte und strich seinem Partner die Haare aus der Stirn. Gott, er stand selbst kurz davor den Tränen nachzugeben, die hinter seinen Augenlidern brannten. »Ich warte.«
Federico biss sich auf die Lippen, noch zu viel stand zwischen ihnen, zu viele unausgesprochene Worte. Sie lehnten aneinander, Stirn an Stirn. Doch dann riss sich Federico los und ging endgültig davon. Als Alexis seine Hand ausstreckte, um den Rucksack aufzuheben, fiel ihm auf, dass der Ring mit dem eingelassenen Saphir von seinem Finger verschwunden war.
22
»Was wirst du tun?«, wandte sich Federico an Claude und blätterte die Klavierschule auf.
»Diese Etüde vom letzten Mal wiederholen. Ich hatte das Gefühl, ich verknote mir dabei die Finger!« Claude hatte Federico gebeten ihm die Grundlagen des Klavierspiels zu vermitteln. Als angehender Dirigent war es von Vorteil Klavier spielen zu können. Violine wurde im Allgemeinen auch als vorteilhaft erachtet, aber Claude wollte keine halben Sachen machen. Er war auch gar nicht übel darin. Sicherlich war es von Vorteil, dass er bereits ein Instrument sehr gut beherrschte. Doch Federico hatte sich mit seiner Frage keineswegs auf Claudes Fortschritte mit den Klavierübungen bezogen. Natürlich wusste dies auch Claude, doch zog er es vor sich zunächst der besagten Etüde zu widmen.
»Vorsicht, dein Fingersatz«, warf Federico dazwischen. In Wirklichkeit achtete er jedoch kaum auf Claudes Spiel. Patrices Brief lugte zwischen den Büchern und Papieren in Claudes Tasche hervor. Warum Claude den Brief überhaupt mitgenommen hatte als er heute Nachmittag ins Konservatorium gegangen war, das verstand Federico nun wirklich nicht. Der Brief war nicht mit der Post gebracht worden, also musste Patrice ihn selbst eingeworfen haben.
»Zeigst du mir heute wie das mit dem Pedal funktioniert?«
»Was? Ach so«, Federico musste sich zunächst wieder sammeln. »Nein, das ist noch zu früh.«
»Aber ich möchte es wissen. Das ist interessant, so etwas kenne ich von der Violine nun einmal gar nicht.«
»Also gut, lass mich ans Klavier.« Sie wechselten die Plätze und Federico schlug einen Dreiklang an, einen Sekundenbruchteil später betätigte seine Fußspitze das Fortepedal, das rechte, des Klaviers. Der Klang hallte noch im Raum nach, selbst als er die Tasten nicht mehr niederdrückte.
»Na, das war mir vorher schon klar«, meinte Claude sarkastisch.
»Es kommt beim Spielen auf den richtigen Zeitpunkt des Drückens und Loslassens an, sonst verschwimmen die Töne miteinander. Man übt die Stücke am Anfang immer, ohne das Pedal zu benutzen, merk dir das«, ermahnte er Claude.
»Das linke Pedal dient der Dämpfung, wobei es da Feinheiten im Bau zwischen Klavieren und Flügeln gibt.«
»Was ist eigentlich der Unterschied zwischen einem Klavier und einem Flügel?«, fragte Claude.
Federico schmunzelte. »Es ist so offensichtlich, aber viele Leute fragen sich das. Bei einem Flügel sind die Saiten horizontal angeordnet, bei einem Klavier vertikal.«
Claude dachte kurz nach: »Stimmt, ist mir noch nie aufgefallen.« Er lachte, als ob es so witzig wäre. Im Grunde versuchten sie beide um den heißen Brei herumzureden.
Schlussendlich setzte sich Claude selbst an den Flügel und probierte es seine Hände und Füße bei einigen Akkordübungen zu koordinieren. Mit der Erkenntnis, dass es gar nicht so einfach war, die Fußspitze in genau dem richtigen Moment auf das Pedal tippen zu lassen.
»Und das mit nur einem Pedal!«, meinte Claude gedankenversunken. »Mein Respekt vor Alexis wächst mehr und mehr!«
Er hatte es völlig unbedarft gesagt, ohne einen Hintergedanken an die gegenwärtige Situation zu verschwenden. Federico zuckte bei der Nennung von Alexis‘ Namen unwillkürlich zusammen. Er griff in seine Hosentasche und schloss die Faust um den Ring, den er Alexis wieder abgenommen hatte. Claude hatte er es bis jetzt verschwiegen, dass er vor drei Tagen mit seinem Geliebten gesprochen hatte, daher trug er den Ring auch noch nicht am Finger.
Es war nun für Federico etwas leichter ihre gegenwärtige Trennung zu überstehen. Wie er es auch gegenüber
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