Con molto sentimento (German Edition)
weißt du!«
»Möchtest du es nicht tun?«
»Federico, du tust so, als ob es eine Kleinigkeit wäre«, ereiferte sich Claude. »Ich soll das Orchester dirigieren! Hallo? Ich habe so etwas noch nie getan... in der Öffentlichkeit und dann noch hier direkt am Konservatorium. Auf dem Tourneeabschluss!«
»Wer soll es denn sonst tun? Wir werden das Konzert nicht absagen, dazu ist es ohnehin zu spät.« Federico warf einen Blick auf die Uhr an der Wand. In einer Viertelstunde sollten sie beginnen.
› Oh merde !‹, Claude glaubte sich gleich übergeben zu müssen.
»Alexis, kannst du nicht?«, klammerte er sich an den letzten Hoffnungsschimmer.
Federico lachte nur bei dieser Bitte und Alexis sah äußerst pikiert drein. Es fehlte nicht viel und er hätte wohl die Nase gerümpft.
»Also bitte!«, begann er und Federico fiel ihm ins Wort: »Bevor Alexis ein Orchester dirigiert, muss die Hölle gefrieren.«
Alexis musterte seinen Partner säuerlich: »Übertreib mal nicht.«
Doch Federico lachte nur und fand die Idee, dass Alexis vor einem Orchester stehen könnte, wohl urkomisch.
»Prächtig, dass ihr euch so amüsiert, aber könntet ihr mir mal helfen? Was soll ich tun?«
»Selbst dirigieren«, meinte Alexis im Brustton der Überzeugung. »Ein besseres Debüt wirst du wohl nicht kriegen. Die Musiker kennen dich, ihr kennt die Stücke und habt Erfahrung damit und du hast den besten Pianisten der Welt an deiner Seite.«
Alexis ergriff zärtlich Federicos Hände und der Blick, mit dem sie sich anschmachteten verstärkte Claudes Brechreiz noch zusätzlich.
»Hört auf, das macht einen ja krank.«
Es mochte sich vielleicht danach anhören, aber es war keineswegs zu dick aufgetragen. Alexis hatte in allen Punkten recht und Federico war nun einmal der Beste. Wenn jemand ein ganzes Orchester mit seinem Klavierspiel leiten und mitreißen konnte, dann Federico. Das hatte er bereits dutzende Male demonstriert. Nicht zuletzt bei ihren gemeinsamen Konzerten.
Federico würde ihm helfen, keine Frage, aber war dies genug? Es war nicht irgendein Auftritt am heutigen Abend. Es waren etliche eigens eingeladenen Gäste anwesend, einmal mehr die Presse, auch von internationalen Blättern. Die waren zwar alle wegen Federico hier, manche vielleicht sogar nur, um einen Schnappschuss von Federico und Alexis zu erhaschen, aber nichtsdestotrotz, wenn der Dirigent versagte, dann mochte auch der Pianist noch so gut sein. Ein Pianist allein konnte ein Konzert auch nicht mehr retten.
»Oh Gott«, machte Claude und setzte sich auf den nächstbesten Stuhl. Er nahm den Kopf zwischen die Knie. Er war innerlich regelrecht zerrissen. Er wollte wissen, ob er es tun konnte. Ob er vor einem Orchester stehen konnte und vor aller Öffentlichkeit die Musiker leiten. Aber dann hatte er auch einen tierischen Schiss davor. Was, wenn er versagte? Das Ansehen des Orchesters hing daran. Seine Zukunft hing daran.
Aber selbst ihr Professor glaubte an ihn. Federico und Alexis schienen keinerlei Zweifel zu hegen. Was würden die anderen sagen? Allen voran Izumi? Würden sie ihm die Gefolgschaft verweigern? Nein, das dachte er eigentlich nicht. Aber so nervös wie er war, war es wohl nur ganz natürlich, dass sich sein Hirn solche unsinnigen Dinge und sämtliche Katastrophen zusammenspinnte.
Noch zehn Minuten. Merde, merde, merde !
»Vielleicht solltet ihr das Programm umstellen«, schlug Alexis vor. »Es gibt doch sicher ein Stück, wo ihr euch besonders sicher seid. Das wäre dann ein leichterer Einstieg für dich.«
»Eine gute Idee«, Federico griff nach dem Programmblatt und überlegte. »Was meinst du Claude?«
Der gestikulierte nur stumm seine Zustimmung und versuchte die aufsteigende Panik niederzuschlagen. Dann war es also entschieden?
Er holte tief Luft, behielt sie einige Sekunden in den Lungen und ließ sie dann langsam wieder entweichen. Einmal, zweimal, dreimal... So lange bis er glaubte sich wieder aufrichten zu können.
Es war ja schön, dass sie an ihn glaubten, doch er selbst zweifelte noch immer daran, dass er es schaffen würde. Selbst bei einer geänderten Reihenfolge.
Also würde man mit dem Klavierkonzert von Schumann starten, einfach weil es mit einem kleinen Part des Soloklaviers begann. Claude würde dann mit dem Orchester einfach nur einsetzen müssen. Federico glaubte, das wäre für Claude einfacher zu meistern. Außerdem
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