Con molto sentimento (German Edition)
irgendwelche Sachen aufzuschreiben und zu dokumentieren. Honoré hatte sich darüber immer ausgelassen.
Verdammt, Honoré sah überhaupt nicht aus wie man nach einer anstrengenden Nachtschicht aussehen sollte. Nein, er wirkte so frisch und erholt aus wie nach einem Aufenthalt im besten Spa der Schweiz. Nicht die leiseste Spur von dunklen Ringen unter den Augen. Die braunen Haare lagen in perfekten, sanften Wellen, in denen man geradewegs die Hände vergraben wollte, vor allem wenn sich dieser ansehnliche Kopf zwischen seinen Beinen befand und die Hände keinen Kugelschreiber, sondern seinen Schwanz halten mussten.
Es war nicht gerecht. Claude wollte gar nicht erst wissen, wie er aussehen musste nach dieser Nacht.
»Wie geht es dir?«, Honoré sah kaum auf, er musste wohl so bemerkt haben, dass Claude erwacht war.
»Ich denke ganz gut... Wie sollte es mir denn gehen?«, es kam kratzbürstiger rüber als er beabsichtigt hatte. Fühlte er etwa doch noch etwas für den jungen Arzt? Gerade in Anbetracht von Claudes jüngsten Gedanken über seinen Lebenswandel und sein Liebesleben im Speziellen schien es ihm wert diesem interessanten Gedanken etwas mehr nachzuspüren. Honoré war ja das, was man gemeinhin als gute Partie bezeichnen mochte, der Traum jeder Schwiegermutter.
Der Arzt trat neben ihn an das Bett und fühlte seinen Puls. Er hatte immer wunderbar warme Hände gehabt. Das war geradezu ein Glücksfall für einen Arzt, aber selbstverständlich auch für einen Liebhaber. Claudes Herz schien einen Purzelbaum zu schlagen und auf Honorés Stirn bildete sich eine kleine Falte, anscheinend war ihm dieser Rhythmuswechsel nicht entgangen. Eindringlich betrachtete er Claudes Gesicht und zog sich dann die Plastikhandschuhe an, um die Naht an Claudes Stirn zu untersuchen. War es dazu unbedingt notwendig, dass er sich auf Claudes Bett setzte?
Oh, er roch noch genau so, wie Claude es in Erinnerung hatte. In Honorés Kleidung und Haaren hatte immer noch eine Spur von diesem typischen scharfen Geruch nach Desinfektionsmittel angehaftet und nun dieses Geräusch der Latexhandschuhe, wie sie aneinanderrieben, das war... geradezu... Claudes Körper wurde von einem nicht gänzlich unangenehmen Zittern erfasst und er drückte sich unwillkürlich tiefer in die Matratze. Seine Hände unter dem Bettlaken ballten sich zu Fäusten; als ob es etwas nützen würde. Er schnappte nach Luft und schloss die Augen. Vielleicht dachte Honoré, dass er Schmerzen hatte oder die Wunde empfindlicher war als gedacht.
Doch Honoré beendete unbeirrt die Inspektion der Naht, tupfte noch irgendeine Salbe darauf und zog sich mit oft geübtem Schwung die Handschuhe von den Fingern. Er warf sie auf den Nachttisch neben Claudes Kopf.
»Also...?«, begann der Arzt erwartungsfroh.
»Also...«, entgegnete Claude schwach und versuchte so weit es ging in diesem schmalen Krankenhausbett zur Seite zu rücken.
Jetzt grinste Honoré auch noch dieses wissende, verschlagene Grinsen, beugte sich weit über Claudes Körper.
»Es erregt dich.« Halbe Frage, halbe Feststellung.
Claude schüttelte den Kopf und schielte schnell in Richtung seiner Beine, nein unter der Bettdecke zeigte sich nichts Verräterisches – noch nicht.
Honoré bemerkte die Blickrichtung und lachte. Claude schluckte krampfhaft bei diesem Laut, es schien, als ob er direkt in seinem Innersten etwas zum Vibrieren brachte. Wie die Saiten einer Violine.
»Dazu brauche ich nicht zwischen deine Beine zu fassen.« Honoré beugte sich noch näher an ihn heran. »Deine Pupillen sind geweitet... Deine Wangen gerötet...« Um die Worte zu unterstreichen wanderte sein Zeigefinger über Claudes Augenbraue bis zu seinen Wangen. »Du atmest schneller... und deine Lippen sind...« Jetzt küsste er Claude doch tatsächlich auf diese besagten Lippen.
»Ich bin dein Patient!«, brachte Claude noch einen einigermaßen entrüsteten Protest zustande nachdem ihn Honoré am Rande des Erstickens zurückließ.
»Aber du stehst doch drauf...«
»Was, wenn einer deiner Kollegen hereinkommt?« Honorés Arbeitskollegen wussten nichts von dessen sexuellen Vorlieben. Claude hatte während ihrer Beziehung auch nie im Krankenhaus anrufen dürfen, oder Honoré von der Arbeit abholen.
»Das macht doch den Reiz aus.« Honoré weidete sich an Claudes schockierten Gesichtsausdruck. »Nein, keine Angst, die Tür ist abgeschlossen. In diesem Schrank dort
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